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Ölkonzern Chevron
Im weltweiten Visier von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen

Mit Erdöl lässt sich immer noch viel Geld verdienen, leider aber auch schmutziges Geld. Gerade in rohstoffreichen Entwicklungsländern finden sich zahlreiche ölverseuchte Felder und Trinkwasserreserven. Die Kritik an den Konzernen wie etwa Chevron-Texaco wächst.

Von Peter B. Schumann | 21.05.2014
    Der Tanker "Elisabeth Knutsen" mit 80.000 Tonnen Rohöl aus Russland an Bord wird am Mittwoch (06.01.2010) von Schleppern in den Seehafen Rostock bugisert. Der 265 Meter lange Tanker der norwegischen Reederei Knutsen OAS Shipping hat ein Fassungsvermögen von 121.000 Tonnen.
    Öktanker beim Einfahren in den Rostocker Hafen (picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck)
    Das Erdöl ist für Ecuador nach wie vor die wichtigste Quelle der staatlichen Einkünfte. Es hat dem Land den größten Aufschwung in seiner Geschichte gebracht, aber auch eine der schlimmsten Umweltkatastrophen Lateinamerikas bewirkt. Naturschutzorganisationen und auch die jetzige ecuadorianische Regierung machen dafür den US-amerikanischen Ölkonzern Texaco verantwortlich. Das inzwischen mit Chevron fusionierte Unternehmen habe im Amazonas-Urwald während der Ölausbeutung zwischen 1964 und 1992 ein Gebiet von zwei Millionen Hektar verseucht. Vor rund zwanzig Jahren stellte Texaco dann seine Aktivitäten ein. Seither versuchen die betroffenen indigenen Gemeinden vor Gerichten in den USA und in Ecuador, Chevron zu einer Entschädigung zu zwingen. In einer Reportage des offiziellen ecuadorianischen Nachrichtenkanals Andesecuador heißt es über die Folgen der Ölförderung:
    "Selbst heute braucht man nicht tief zu graben, um auf Ölreste zu stoßen. Durch die Verantwortungslosigkeit von Texaco/Chevron starben zwei Völker unserer Ureinwohner, insgesamt 18.000 Ecuadorianer, zumeist an Krebs. Die Giftstoffe aus den 300 Bohrstellen wurden rücksichtslos in die Flüsse gekippt und in die Erde versenkt."
    Indigenen-Vertreter kritisieren Verschleierung
    Indigenen-Vertreter werfen dem Konzern vor, er habe bei seinem Rückzug aus Ecuador versucht, die Schäden zu verschleiern, und Flächen hinterlassen, die auf den ersten Blick sauber wirkten. Donald Moncayo, einer der betroffenen Indios:
    "Die Beseitigung der Schäden bestand darin, dass sie Erde auf die verseuchten Flächen und die Auffangbecken kippen ließen. Die sichtbarsten Ölklumpen wurden weggeschafft, oft an anderen Stellen des Urwalds vergraben. Mit den Ablagerungen und dem damit verbundenen, vergifteten Wasser geschah jedoch nichts. Die Becken wurden einfach mit Erde zugeschüttet."
    Dabei verfügte Texaco bereits über ein allerdings sehr teures Verfahren für die ordnungsgemäße Entsorgung der giftigen Rückstände. US-amerikanische Gerichte wiesen bisher alle Klagen der indigenen Gemeinden ab. Sie begründeten ihre Entscheidungen u. a. damit, die damalige ecuadorianische Regierung habe Texaco von jeglicher Verantwortung entbunden, für die Folgen sei der ecuadorianische Nachfolgekonzern PetroEcuador zuständig. Das ist juristisch umstritten. Allerdings kümmerten sich die damaligen Regierungen auch nicht um die Folgen für Natur und Bevölkerung.
    Chevron mehrfach zu Reparationsleistungen verurteilt
    In den letzten Jahren hat die ecuadorianische Justiz Chevron mehrfach zu Reparationsleistungen verurteilt: der Oberste Gerichtshof beispielsweise im November 2013 in letzter Instanz zu einer Entschädigung von 9,5 Milliarden Dollar. Randy Mastro, Chefanwalt des Konzerns, verteidigte Chevron im Fernsehprogramm des Wall Street Journals mit diesem Argument:
    "Dieser Fall dürfte eigentlich nicht existieren, denn er beruht auf der großen Lüge, dass Chevron oder Texaco als Vorläufer für all diese Umweltschäden in Ecuador verantwortlich ist. Das ist nicht wahr, denn Texaco hat seit Anfang der 1990er Jahre dort keine Geschäfte mehr ausgeübt und zuvor alle nötigen Maßnahmen getroffen."
    Die US-amerikanische Konzernzentrale in San Ramon/Kalifornien, die der Deutschlandfunk um eine Stellungnahme bat, antwortete nicht auf die übermittelten Fragen. Chevron hat jedoch im Internet eine Reihe von Videos veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass das Unternehmen die Klagen und die ecuadorianischen Gerichtsentscheidungen als Teil einer großen Verleumdungskampagne sieht.
    Ein Ausschnitt:
    Das Verfahren gegen Chevron wird von zahlreichen US-Anwälten geführt und von einer Reihe von Hedgefonds und anderen Spekulanten finanziert. Sie haben eine Armee von Beratern, Lobbyisten und PR-Spezialisten angeheuert, um die Beweisführung zu fälschen. Doch Chevron konnte den Betrug aufdecken anhand von Videos, E-Mails und Dokumenten der Rechtsanwälte.
    Chevron seinerseits versucht, mit solchen Behauptungen die Kläger zu diskreditieren. Ein Beispiel: Zu deren angeblichen Finanziers gehören u. a. einflussreiche Aktionäre des Konzerns wie Thomas DiNapoli, der Chevron bereits 2011aufgefordert hat, "sich endlich den Tatsachen zu stellen". Inzwischen wachsen nicht nur in Ecuador Kritik und Widerstand. Auch in Argentinien, Nigeria, Rumänien und selbst in den USA werfen Naturschutz- und Menschenrechtsorganisationen Texaco/Chevron vor, bei der Ölförderung Umweltschäden hinterlassen zu haben.