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Österreich
Weit entfernt von der Flüchtlingsobergrenze

In Österreich kommen zurzeit weitaus weniger Flüchtlinge an als die vor kurzem verkündete Obergrenze zulassen würde. Das hat aber nichts mit einer Entspannung der Lage zu tun. Die Krise wird lediglich nach Griechenland verschoben, denn in Mazedonien schließt sich langsam die Grenze.

Von Ralf Borchard | 22.02.2016
    Flüchtlinge gehen in der Nähe der österreichisch-slowenischen Grenze bei Spielfeld in ein Zelt
    In Spielfeld kommen zurzeit weniger Flüchtlinge über die österreichische Grenze (picture alliance / dpa / Christian Bruna)
    In Spielfeld, dem wichtigsten Grenzübergang von Slowenien, werden nach österreichischen Angaben heute rund 600 Flüchtlinge erwartet. Gestern kamen 800 Menschen an, 18 von ihnen stellten einen Asylantrag für Österreich, die anderen wurden mit Bussen Richtung Deutschland transportiert. Derzeit bleibt Österreich damit von den verkündeten Tages-Obergrenzen weit entfernt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat die österreichischen Tageskontingente erneut verteidigt:
    "Die reisen alle durch sichere Mitgliedsstaaten, sei es durch Kroatien, sei es durch Slowenien und suchen sich einfach Österreich oder Deutschland aus. Es steht in der Genfer Flüchtlingskonvention nicht drinnen, dass jeder sich das Land seiner Wahl aussuchen kann. So kann es ja wohl auch nicht sein, dass man bei Kroatien und Slowenien das akzeptiert und bei Österreich schreit man groß auf und stellt Österreich an den Pranger."
    Mazedonien schließt offenbar Grenzen zu Griechenland
    Ein Grund für die vergleichsweise niedrigen Ankunftszahlen in Österreich liegt in Mazedonien. Das kleine Balkanland macht seine Grenzen zu Griechenland offenbar schrittweise dicht. Seit gestern werden offiziell nur noch Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak nach Mazedonien gelassen, auch sie werden am Übergang Gevgelija streng kontrolliert. Menschen aus allen anderen Herkunftsländern, neuerdings auch aus Afghanistan, werden zurückgewiesen. Auf griechischer Seite warten bereits in Grenznähe mehr als 4000 Menschen vergeblich auf die Weiterreise. Der mazedonische Außenminister Nikola Poposki hatte das Vorgehen vorab mit den Worten begründet:
    "Wir wollen nicht, dass Griechenland in eine kritische Lage gerät und mit den Migranten nicht mehr fertig wird. Aber wir werden nicht zulassen, dass wir in Mazedonien zu einem Flüchtlingslager werden. Schließlich landet ja kein einziger Migrant mit dem Fallschirm in Mazedonien. Alle, vom ersten bis zum letzten, sind aus Griechenland, sind aus einem EU-Land nach Mazedonien gekommen."
    Die österreichische Innenministerin Mikl-Leitner will dagegen bewusst Druck auf Griechenland ausüben und sieht das Ziel, die Zahl der Flüchtlinge deutlich zu verringern, in einem ersten Schritt erreicht:
    "Irgendwann wird man sie stoppen müssen und das ist jetzt die mazedonische Grenze. Und ich hoffe, dass das doch einiges an Druck macht in Richtung Griechenland, damit endlich gemeinsam diese griechische Außengrenze geschützt werden kann."
    Flüchtlinge suchen nach Alternativrouten
    Griechische Medien und das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichten von einem Flüchtlingsrückstau auch im Hafen von Piräus und auf den griechischen Inseln. Laut UNHCR sind auf den griechischen Inseln innerhalb von drei Tagen rund 11.000 Flüchtlinge aus Richtung Türkei angekommen.
    Als Folge des Flüchtlings-Rückstaus in Griechenland wächst die Zahl der illegalen Grenzübertritte entlang der Balkanroute. So gibt es etwa in Serbien Gruppen von mehreren hundert afghanischen Flüchtlingen, die weder vor noch zurück können. Und: Flüchtlinge suchen mit Hilfe von Schleppern zunehmend nach Alternativrouten, etwa über Bulgarien oder Albanien. Selbst in Ungarn, das als erstes EU-Land Grenzzäune hochgezogen hatte, wurden in den vergangenen drei Tagen wieder 500 Flüchtlinge aufgegriffen.