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Österreichische Grenzkontrollen
Ausweichverkehr belästigt Anwohner

Vor zwei Jahren wurden die deutsch-österreichischen Grenzkontrollen wieder eingeführt. Diese ziehen nicht nur Nachteile für die Autofahrer nach sich, sondern auch für die Anwohner. Immer mehr Autos umfahren die Kontrollen, sodass kleine Gemeinden durch das hohe Verkehrsaufkommen und den Lärm belästigt werden.

Von Susanne Lettenbauer | 28.08.2017
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    Die Bürger aus Wals demonstrieren gegen das hohe Verkehrsaufkommen in ihrem Ort und fordern mehr Straßensperren. (Deutschlandradio/Susanne Lettenbauer)
    "Ich wohne hier gleich neben der Straße und wollte neulich zum Nachbarn. 15 Autos bis ich erst mal über die Straße gekommen bin. Wir kommen mit dem Auto fast nicht mehr raus. Es ist schrecklich."
    "Ja, der Verkehr nimmt ständig zu muss man sagen. Wenn sie abfahren da in Hallein, dann fahren sie durch Grödig durch. Teilweise kann man gar nicht mehr rausfahren aus den Hauseinfahrten."
    Die kleine Grenzgemeinde Wals-Siezenheim liegt eigentlich idyllisch nur wenige Kilometer von Salzburg entfernt. Das Haus des Stardirigenten Herbert von Karajan, das seine Witwe noch bewohnt, steht gleich nebenan in Anif. Schmucke Einfamilienhäuser, alpenländische Gasthöfe, dahinter erhebt sich der massive Untersberg Richtung Berchtesgaden.
    "Wir wohnen direkt an der Straße da vorne in Viehhausen und das ist ein Wahnsinn, was da für ein Verkehr ist. Und auch der Lärmpegel. Die Leute drehen direkt bei uns vor dem Haus um, Tag und Nacht geht das so."
    Navigationsgeräte helfen den Autofahrern beim Umfahren
    Seit zwei Jahren, mit Beginn der Grenzkontrollen Richtung Deutschland am nahen Walserberg, ist es mit der Idylle vorbei. Unzählige Fahrzeuge schieben sich, vor allem am Wochenende, nicht nur über die Autobahn, sondern, um dem Stau durch die Grenzkontrollen auszuweichen, auch über die Bundesstraße Richtung Deutschland. Und wenn das nicht geht, dann abseits der großen Straßen durch das Wohngebiet und über Feldwege, geleitet von immer moderneren Navigationsgeräten, empört sich Wals' Bürgermeister Joachim Maislinger:
    "Karawanen sind durchgezogen mit Anhängern, Wohnwagen, Schiffen, Wohnmobilen, also endlos laufende Autoschlangen. Wir merken, dass die Situation von Monat zu Monat schlimmer wird, weil natürlich jeder im Hinterkopf hat, dem Stau auszuweichen."
    Gemeinsam mit gut einhundert Anwohnern des kleinen Städtchens demonstrierte Maislinger am Wochenende gegen die wachsende Verkehrsflut: Erste Straßen wurden symbolisch gesperrt. Ginge es nach dem Bürgermeister, würden bereits die Autobahnausfahrten aus Richtung Wien und dem Tauerntunnel ab Salzburg für den Durchfahrtsverkehr gesperrt werden. Nur Anwohner, Lieferverkehr, Einsatzfahrzeuge oder Hotel- und Tagesgäste dürfen noch in die Ortschaft fahren:
    "Wir machen da jetzt dicht in Richtung Ortsteil Gois. Wir sperren jetzt hier die Goisinger Straße um 13.30 Uhr. Das ist auch verordnet von der Bezirkshauptmannschaft, also das ist ganz offiziell. Und dann schauen wir mal, wie sich die Sache entwickelt."
    Verkehrssperren gegen Ausweichverkehr
    Vergangenen Donnerstag gaben Salzburgs Bezirkshauptmannschaft und Landeshauptmann Wilfried Haslauer grünes Licht für ein Fahrverbot in der Gemeinde Wals-Siezenheim. Ein Maßnahmenpaket gegen den Ausweichverkehr wurde beschlossen. Die Polizei bereitet sich auf verstärkte Kontrollen vor, sagt Michael Rausch, Sprecher der Landespolizei Salzburg:
    "Nachdem wir festgestellt haben, dass es hier, auch aus polizeilicher Sicht, zu umfangreichem Ausweichverkehr kommt, sind Verordnungen erlassen worden. Vorerst für den Bereich Grödig, wo Verkehrssperren durchgesetzt werden können, die wir auch dementsprechend vollziehen und kontrollieren."
    Es gehe ihnen definitiv nicht um ein Ende der Grenzkontrollen, betonen Bürgermeister und die Anwohner einstimmig und reagieren damit auf eine von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und auch Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka geforderte vierte Verlängerung der Grenzkontrollen ab November. Es gehe ihnen nur um eine schnellere Abfertigung auf mehreren Fahrspuren, so diese Demonstrantin:
    "Also wenn es schon Grenzkontrollen geben soll, dann muss man die so ausbauen, dass man den Andrang bewältigen kann und dann muss man auch überall kontrollieren. Es ist jetzt so, dass nur an der Autobahn kontrolliert wird. Wenn Sie hier die Walser Bundesstraße hochfahren, dann werden Sie nicht kontrolliert. Das wissen die Leute jetzt mittlerweile."
    Ausbau der Grenzkontrollen nicht möglich
    An der Grenzkontrollstation, nur wenige Kilometer von den Protesten in Wals entfernt, läuft der Verkehr langsam auf zwei Fahrspuren, aber er läuft. Die Wartezeit: 30 Minuten. Es werde natürlich kontrolliert, heißt es von der Bundespolizei.
    Mehr als die zwei Fahrspuren, wie sie bei erhöhtem Verkehrsaufkommen genutzt werden, seien aber nicht machbar, so die Grenzbeamten. Forderungen der Demonstranten, vier- oder gar sechsspurig die Fahrzeuge durchzuleiten, sei personell nicht realistisch: Und nicht nur das: Auch baulich ist das hier momentan nicht möglich.
    Eine Lösung? Nicht in Sicht. Was bleibt, dürfte einem Katz- und Maus-Spiel ähneln: Staut sich der Verkehr an der österreichisch-deutschen Grenze, dann sperren die Anwohner ihre Straßen zu. Winken die deutschen Grenzer den Verkehr schneller durch, öffnen die Anwohner wieder ihre Durchfahrtstraßen. Ärger mit den Autofahrern dürfte vorprogrammiert sein.