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Österreichische Obergrenze
Dominoeffekt auf der Balkanroute

Nachdem Österreich eine Obergrenze für Asylbewerber beschlossen hat, geraten die Balkanländer in Bedrängnis. Auch Kroatien und Serbien denken nun über ein Limit nach. Mazedonien hatte die Grenze sogar vorübergehend geschlossen und auch Serbien plant eine verstärkte Grenzkontrolle.

Von Karla Engelhard | 21.01.2016
    Auf der griechischen Seite der Grenze sitzen rund 800 Flüchtlinge fest, weil Mazedonien nur noch bestimmte Nationalitäten einreisen lässt, darunter Syrer, Iraker und Afghanen.
    Rund 600 Männer, Frauen und Kinder aus Syrien, dem Irak und Afghanistan sitzen derzeit im Grenzgebiet von Mazedonien und Slowenien fest, schätzen Hilfsorganisation vor Ort ein. (dpa/Nake Batev)
    In der Nähe des mazedonischen Grenzübergang Gevgelija steht ein syrischer Junge und erzählt frierend: "Es war sehr hart, bis hierher zu kommen. Alles ist zu spät. Hier ist es so kalt, hier können wir nicht bleiben. Wir wollen nach Deutschland."
    Mazedonien hatte die Grenze zu Griechenland vorübergehend geschlossen. Auf Bitten von Slowenien, erklärte ein Polizeisprecher. Nun sei sie wieder offen, aber es werden nur wenige Flüchtlinge durchgelassen. Rund 600 Männer, Frauen und Kinder aus Syrien, dem Irak und Afghanistan sitzen derzeit im Grenzgebiet fest, schätzen Hilfsorganisationen vor Ort ein.
    Nachdem Österreich eine Obergrenze für Asylbewerber einführen will, geraten die Länder auf der Balkanroute in Bedrängnis und reagieren prompt. Nach Mazedonien will auch Serbien an der serbisch-mazedonischen Grenze verstärkt kontrollieren. Der serbische Sozialminister Aleksandar Vulin, erklärt: "Alle Migranten, die nicht die Absicht bekunden, Asyl in Österreich oder Deutschland beantragen zu wollen, werden nicht das Gebiet Serbiens passieren können. An den Grenzübergängen zwischen Serbien und Mazedonien wird mehr kontrolliert und neben den bereits existierenden Listen führen wir auch eine mit einer besonderen Rubrik ein, in der angegeben werden muss, wo man Asyl ersuchen will."
    Österreichische Obergrenze ist völkerrechtlich umstritten
    Ein Großteil der Flüchtlinge will weiter nach Deutschland, nur ein geringer Teil stellt einen Asylantrag in Serbien. Zwischen Serbien, Kroatien und Slowenien funktionierte bisher der Weitertransport der Männer, Frauen und Kinder auf der Flucht reibungslos. Sie wurden mit Zügen organisiert in die Nachbarländer gebracht. Nun denken Kroatien und Slowenien über ein Limit nach österreichischem Vorbild nach und über Abschiebungen.
    Noch ist die Obergrenze für Asylbewerber in Österreich eine völkerrechtlich umstrittene Maßnahme. Wie diese Obergrenze von 37.500 in diesem Jahr umgesetzt werden kann, ist offen. Die konservative Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nennt zwei Möglichkeiten:
    "Die erste Möglichkeit ist eine Vorgehensweise wie Schweden. Das wir Asylanträge annehmen, diese aber auf Grund der Kapazitätsnot nicht bearbeiten können. Das diese Menschen notdürftig selbstverständlich versorgt werden. Es gibt natürlich auch eine andere Möglichkeit und diese Möglichkeit wird jetzt geprüft, dass eben direkt an der österreichischen Grenze die Asylanträge gar nicht mehr entgegen genommen werden müssen, dass diese Menschen zurückgeschoben werden in unsere sicheren Nachbarstaaten. Es steht nirgendwo geschrieben, dass man ein Anrecht hat, sich sein Land auszusuchen – das muss nicht in Österreichs ein."
    Obergrenze in Österreich könnte bereits im Frühsommer überschritten werden
    Ein verfassungsrechtliches Gutachten zur Asylpolitik in Osterreich soll bis spätestens Mitte März vorliegen. Der designierte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), der als Landespolizeichef im Burgenland enorme Erfahrung im Umgang mit Flüchtlingen hat, meint pragmatisch: "Ich hänge nicht an der Zahl 37.500. Für mich ist das ein Richtwert und ich gehe davon aus, dass wenn der erste über diese Zahl kommt, dass der auch einreisen kann, das der, wenn er einen Asylantrag stellen will, nicht zurückgewiesen darf."
    Bereits im Frühsommer könnte die Obergrenze für Asylbewerber in Österreich überschritten werden.