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Offshore-Windenergie hart am Wind

Unter den erneuerbaren Energien steht die Windkraft auf Platz eins. Vor allem Anlagen auf hoher See sollen einen wachsenden Anteil liefern. Doch der Branche geht es nicht gut. Wegen der unklaren politischen Rahmenbedingungen sind die Investoren verunsichert.

Von Franziska Rattei | 04.06.2013
    "Es stehen im Moment viele entscheidende Weichenstellungen bevor, und die ganze Branche hofft, dass diese Weichenstellungen – ja, vor der Bundestagswahl hofft eigentlich keiner mehr, aber so kurz wie möglich nach der Bundestagswahl getroffen werden. Wir haben von den verschiedenen Parteien, die im Bundestag vertreten sind, Vertreter da, die dieses auch dann mit uns diskutieren werden","

    sagt Jens Eckhoff, Geschäftsführer der "Offshore Wind", die die "Windforce" zusammen mit der Windenergie-Agentur WAB organisiert. Rund 650 Teilnehmer erwarten die Veranstalter in diesem Jahr in Bremerhaven zur Fachkonferenz. Das sind rund zehn Prozent weniger als in den vergangenen Jahren. Die Lage der Offshore-Industrie ist schwierig, weiß auch Ronny Meyer, Geschäftsführer der Windenenergie-Agentur WAB. Wegen der unklaren politischen Rahmenbedingungen seien die Investoren verunsichert. Es gebe keine Planungssicherheit darüber, wie der Strom von Offshore vergütet werde. Auch die Kritik, Offshore sei zu teuer, belaste die Branche. Dabei sei die derzeitige Anfangsvergütung über das EEG, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, zeitlich begrenzt, so Meyer. Auf Dauer zahle sich die Offshore-Industrie aus.

    ""Wir hören immer wieder die 19 Cent pro Kilowattstunde, das ist – muss man ehrlich sagen – die Anfangsvergütung, die wir für acht Jahre bekommen. Danach bekommen wir über das EEG 3,5 Cent. Und wenn man das mal ausrechnet für die 20 Jahre, dann liegt die Offshore-Energie durchschnittlich bei 10 Cent."

    Damit sei man zwar nicht so günstig wie die Onshore-Industrie, aber schon jetzt günstiger als die Photovoltaik, so Meyer. Die Kostenreduktion stehe im Mittelpunkt der Windforce. Man habe aus den bereits installierten Anlagen gelernt, nun gehe es um die weitere Industrialisierung und Standardisierung der Wertschöpfungskette und Produktion. Wichtige Themen für ganz Deutschland, sagt Ronny Meyer:

    "Wir haben im letzten Jahr eine Studie dazu gemacht, da kommt überraschenderweise bei raus, dass NRW – gemessen am Umsatz in der Anlagenfertigung - das Offshoreland Nummer eins ist, was daran liegt, dass die Getriebe und der Maschinenbau aus NRW kommt."

    In den norddeutschen Bundesländern sei die Botschaft, dass die Offshore-Industrie die Energiewende nach vorne bringt, längst angekommen, so Martin Günthner, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen in Bremen. Den anderen Bundesländern sei offenbar noch nicht klar, dass Windkraft vom Meer die Energieversorgung von übermorgen sei und nicht nur für die Umwelt Vorteile habe.

    "Wenn Sie sich die dreieinhalbtausend Arbeitsplätze anschauen, die wir allein dadurch in Bremerhaven geschaffen haben. Wenn Sie sich die industriepolitische Komponente, die dahintersteckt, anschauen. Wenn Sie sich anschauen, wie weit – gerade auch im Maschinenbau - das Thema Wind-Energie ein Zukunftstreiber gewesen ist, dann macht das eben deutlich, dass das nicht nur eine umweltpolitische Komponente, eine energiepolitische Komponente, sondern vor allem auch eine industriepolitische Komponente."

    Noch bis Freitag halten internationale Experten rund 60 Vorträge zu Finanzierung, Transport, Logistik, Netzanbindung und Umweltschutz für Offshore-Windparks. Auch die Wartung und Kontrolle der Anlagen auf See sollen Thema sein. Um dieses Aufgabenfeld anschaulicher zu machen, können Besucher mit Forschungs-, Arbeits- und Versorgungsschiffen zu den Offshore-Anlagen in der Nordsee fahren. Weil die Windräder weit hinter den friesischen Inseln liegen, dauert die Tour rund zwölf Stunden.