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Olympia 2024
Keine Steuergelder für Boston

Die USA gehen ein wenig überraschend mit Boston in die Bewerbung um Olympia 2024. Die Stadt an der Ostküste setzt auf kompakte Sommerspiele und wirbt mit einem schlanken Budget. Der Deutsche Olympische Sportbund will sich mit Berlin oder Hamburg bewerben.

Von Heiko Oldoerp | 10.01.2015
    Die Wahl von Boston zum amerikanischen Bewerber um die Sommerspiele 2024 mag Einige überraschen. Los Angeles, das hätte schon cooler geklungen und auch der anderen Westküstenstadt San Francisco waren mehr Chancen ausgerechnet worden. Aber Bostons Bewerbung, sagt Larry Probst, der Chef des Nationalen Olympischen Komitees, sei überwältigend gewesen, stehe im Einklang mit der langfristigen Vision der Stadt, stelle zudem die Athleten in den Mittelpunkt und sei kosteneffektiv.
    "The concept plan that they presented to us was very compelling. It´s in harmony with the long term vision of the city of Boston, its athlete-centric, it's cost effective."
    Und damit könnte Boston genau den Geschmack des Internationalen Olympischen Komitees treffen. Das IOC hatte kürzlich in seiner "Agenda 2020" neue Richtlinien für künftige Olympia-Bewerbungen aufgestellt.
    "Eine der wichtigsten Komponenten ist Nachhaltigkeit. Die Spiele sollen kosteneffizienter und das Geld disziplinierter ausgegeben werden. Das IOC hat kein Interesse daran, finanzielle Probleme oder weiße Elefanten zurückzulassen."
    Bostons neuer Weg
    Der große Vorteil gegenüber der Konkurrenz, somit auch Hamburg oder Berlin, könnte darin liegen, dass Boston einen neuen Weg geht. Die Organisatoren um Bauunternehmer John Fish verfügen bereits über viele der geforderten Wettkampfstätten.
    "Wir haben mehr als 100 Universitäten im Großraum Boston. Es gibt keine andere Stadt in Amerika, die das vorweisen kann. Und alle diese Unis haben die Sportstätten, die wir brauchen. Wenn sie sie nicht haben oder diese nicht mehr auf dem neuesten Stand sind, dann planen sie heute für die Zukunft und machen diese Optimierungen."
    Das spart Geld – und das ist gut so. Denn Bostons Budget ist mit den veranschlagten 4,5 Milliarden Dollar ungewöhnlich schlank. Die Summe soll durch TV- und Sponsoren-Gelder sowie den Ticketverkauf eingenommen werden – das klingt fast zu einfach, um machbar zu sein.
    Und deshalb sind viele Bostonians skeptisch. Eine Umfrage im Sommer ergab, dass 47 Prozent für Sommerspiele wären, 43 dagegen. Chris Dempsey kann und will sich mit dem Gedanken an Sommerspiele nicht anfreunden. Er gehört zur Protest-Bewegung "No Boston Olympics".
    "Es gibt viele Bedenken, die Hauptsorge ist ein Kostenüberschuss. Alle Spiele seit 1960 waren teurer als geplant. Und wir glauben, dass das auch hier der Fall sein wird und die Steuerzahler letztlich die Dummen sind."
    Bürgermeister Marty Walsh hält dagegen. Er versprach, keine Steuergelder in den Sportstätten-Bau zu stecken. Und er kündigte an, dass seine Bürger Antworten auf all ihre Fragen bekommen werden.
    "Wir haben einen offensiven Plan für die nächsten neun Monate vorgelegt, wollen in allen Stadtteile gehen und mit den Leuten über die Spiele zu sprechen, damit sie verstehen, was es heißt, diese Großereignis hier zu haben. Es gibt viel Ungewissheit – aber wir werden einen offenen und transparenten Arbeitsablauf haben."
    Kompakt und nachhaltig
    Boston wirbt mit "Kompaktheit". 28 der 33 Sportstätten werden im Umkreis von zehn Kilometern zum Olympischen Dorf liegen. Boston wirbt auch mit "Nachhaltigkeit" - wenn auch auf ungewöhnliche Weise. So soll das Olympia-Stadion nur ein temporärer, kosteneffizienter und einfacher Bau werden, der nach den Spielen demontiert wird und dessen Einzelteile an anderen Standorten Verwendung finden.
    Für Außenstehende mag das keinen Sinn machen, für John Fish hingegen schon.
    "Wenn wir damit fertig sind, haben wir dort fast 80 Hektar, die aufgebessert wurden und für weitere Vorhaben zur Verfügung stehen. Das gibt uns die Chance, einen Einblick zu bekommen, wie Boston an dieser Stelle 2030 oder 2040 aussieht."
    Und wie sieht es generell mit den Chancen aus? Gut, meint Bob Costas. Er moderiert seit 1992 Olympische Spiele für NBC. Der TV-Sender hat sich im Mai die Übertragungsrechte bis 2032 gesichert – und zahlt dem IOC dafür 7,75 Milliarden Dollar. Dafür erwarte man im Gegenzug aber auch etwas, so Costas. Schließlich war Amerika zuletzt 1996 mit Atlanta Gastgeber der Sommerspiele.
    "Das ist eine lange Wartezeit für ein Land und einen Fernsehsender, der dir die Taschen füllt. Ich denke, wenn Bostons Bewerbung gut aufgestellt ist, dann sollte die Tatsache, dass die USA so lange vom IOC ignoriert wurden, für Boston sprechen."