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Olympia-Attentat München 1972
Denkmal gegen den Terror

45 Jahre nach dem Terroranschlag bei den Olympischen Sommerspielen in München weihen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Israels Staatspräsident Reuven Rivlin ein neues Mahnmal im Olympiapark ein. Dort können sich Besucher über das Geschehen und die Biografien der Getöteten informieren.

Von Michael Watzke | 06.09.2017
    Der Erinnerungsort an das Attentat von 1972 auf die israelische Olympiamannschaft in München.
    Als hätten die Architekten eine Scheibe Erde aus einem grünen Hügel herausgeschnitten - so wirkt das neu erbaute Mahnmal im Münchner Olympiagelände (dpa / Felix Hörhager)
    Es ist ein Einschnitt - im Wortsinn. Als hätten die Architekten eine Scheibe Erde aus einem grünen Hügel herausgeschnitten - so wirkt das neu erbaute Mahnmal im Münchner Olympiagelände. Eine Video-Leinwand im Inneren des Hügels zeigt einen Film über die Opfer der palästinensischen Terroristen des "Schwarzen September" 1972. 45 Jahre ist das her. Eine lange Zeit, sagt Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle.
    "Dieser Erinnerungsort kommt spät, aber nicht zu spät. Nach 45 Jahren ist dies ein würdiger Ort, an dem an die zwölf Opfer und die Fratze des Terrors erinnert wird. Ich glaube, es ist der richtige Ort."
    Es ist nicht die erste Erinnerungsstätte an den Terroranschlag. Es gibt ein Mahnmal in Fürstenfeldbruck, dem Ort, an dem die deutschen Sicherheitskräfte damals mit ihrem Versuch der Geiselbefreiung tragisch scheiterten. Gestern trafen sich dort viele Hinterbliebene der israelischen Terror-Opfer zu einem stillen Gedenken.
    Darunter auch Ankie Spitzer, die Witwe von André Spitzer, einem jungen Fechttrainer, der 1972 zum israelischen Olympiateam gehörte. Ankie Spitzer findet, dass die bisherigen zwei Gedenkorte im Münchner Olympiagelände nicht ausreichen. "Gleich neben dem Haus, wo es passierte, ist zwar eine kleine Tafel. Aber die Studenten, die da wohnen, wussten gar nichts von den Ereignissen, als ich sie gefragt habe. Sie hatten keine Ahnung. Und das andere Mahnmal liegt beim Olympiastadion. Da gehen Fußballfans von Bayern München achtlos vorbei."
    "Kein totes Monument"
    Die Israelin Ankie Spitzer kämpft seit Jahrzehnten im Namen vieler Familienangehöriger der Terroropfer für ein deutlich sichtbares Mahnmal. "Es muss kein totes Monument sein, sondern eines, das die Biografien der Opfer zeigt, ihre Gesichter, ihr Leben, ihre Familien. Dadurch können die Besucher es fühlen, begreifen."
    Ein Videoloop ist in München im Gedenkort an das Attentat von 1972 auf die israelische Olympiamannschaft zu sehen
    Eine Video-Leinwand im Inneren des Hügels zeigt einen Film über die Opfer der palästinensischen Terroristen von 1972 (dpa / Felix Hörhager)
    Der Terroranschlag des 5.September beendete die "Freundlichen Spiele" von München, auch wenn die Sportwettkämpfe mit dem berühmten Satz von IOC-Präsident Avery Brundage weitergingen: "The games must go on!"
    1972 war das. Heute ist Ankie Spitzer 72 Jahre alt. Mit dem neuen Mahnmal, das Bundespräsident Steinmeier heute zusammen mit Israels Staatspräsident Reuven Rivlin einweiht, ist sie zufrieden.
    "Attentat hat die Welt verändert"
    Nicht glücklich ist sie mit der Entschädigung von drei Millionen Euro, die die Bundesrepublik ihr und 33 weiteren Hinterbliebenen vor einigen Jahren nach einem Rechtsstreit zusprach. "Von den drei Millionen mussten wir zwei Millionen für Anwälte und Gebühren ausgeben. Es blieb nicht mal eine Million übrig für 34 Betroffene. Das ist keine gerechte Entschädigung."
    Spitzer will das heutige Treffen mit dem Bundespräsidenten dazu nutzen, mehr Entschädigung zu fordern. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen, der heute mit Steinmeier und Rivlin an der Gedenkzeremonie teilnimmt, wird das Hauptaugenmerk auf das Mahnmal richten.
    Für ihn - das hat Seehofer bei einer früheren Erinnerungsrede gesagt - ist der Anschlag auf die Olympischen Spiele in München ein besonders schmerzhafter Augenblick der bayerischen Geschichte. "Das Attentat hat die Welt verändert. Aber machen wir uns nichts vor: Die Gefahr terroristischer Anschläge ist auch heute eine reale Größe."