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Olympia-Golfplatz
Konten von Rios Bürgermeister eingefroren

Die Konten von Rio de Janeiros Bürgermeister Eduardo Paes sind eingefroren worden. Bei der Entscheidung geht es um den Olympia-Golfplatz, extra für die Spiele gebaut. Der befindet sich am Rande eines Naturschutzgebietes und war umstritten. Bürgermeister Paes soll laut Gericht bei der Besteuerung die Stadtkasse benachteiligt haben.

Von Carsten Upadek | 17.12.2016
    Der olympische Golfplatz von Rio de Janeiro
    Der olympische Golfplatz von Rio de Janeiro (AndreMotta_HeusiAction)
    Die Zeit von Rios Bürgermeister Eduardo Paes läuft ab. Am 31. Dezember endet seine zweite Amtszeit. Paes hat angekündigt, nach New York zu gehen – seine Familie sei bereits dort. Richter Leonardo Chaves urteilte jedoch: Der Auslands-Umzug könne die Rückerstattung des verursachten finanziellen Schadens für die Stadtkasse erschweren. Deshalb ließ er Paes Konten sperren. Rios Noch-Bürgermeister wollte sich dazu nicht äußern – umso lieber Jean Carlos Novaes. Er ist Anwalt und Aktivist bei der Bewegung "Golf für wen?", die seit Jahren gegen den Olympia-Golfplatz kämpft.
    "Ich habe mehr Glückwünsche bekommen, als an meinem Geburtstag", sagt er. "Von uns kam die Anzeige. Es hat aber mehr als zwei Jahre gedauert bis hier hin." Die Stadtverwaltung habe es versäumt, für die Umweltlizenz von den Partner-Firmen Fiori und Cyrela Steuern von umgerechnet 500.000 Euro einzufordern. "Das bedeutet, Paes könnte der Prozess gemacht werden, weil er seine Aufgaben als Bürgermeister nicht erfüllt hat."
    In einer Stellungnahme ließ Eduardo Paes mitteilen, sein Umwelt-Sekretariat habe schon im November von den Baufirmen Steuern in Höhe von umgerechnet fast einer Million Euro nachgefordert. Ein bisschen spät, findet Kritiker Novaes: "Das ist die Geschichte des Diebes, der seine Beute zurückbringt, wenn er merkt, dass die Polizei hinter ihm her ist."
    "Mindestens verdächtig"
    Der Vorwurf gegen Bürgermeister Paes beschränkt sich bisher auf administrative Fehler. Der Deal der Stadtverwaltung mit der Unternehmens-Gruppe: die errichtet für 17 Millionen Euro einen Olympia-tauglichen Golfplatz und darf dafür nebenan in bester Lage 23 Luxus-Apartmentblöcke aus Glas und Marmor bauen. Erwarteter Gewinn für die Unternehmen: 300 Millionen Euro.
    Rios Bürgermeister Eduardo Paes
    Rios Bürgermeister Eduardo Paes (picture alliance / dpa)
    "Das ist mindestens verdächtig", sagt Alberto Tavares. "Ein Bürgermeister, der diesen Golfplatz autorisiert, ein Umweltschutzgebiet per Dekret zerstört, die Bauerlaubnis von sechs auf 22 Stockwerke erhöht – im Vergleich zu den geringen Kosten des Golfplatzes ist das ziemlich viel Wohltat für wenig Gewinn."
    Auch Alberto Tavares klagt gegen die Stadt und die Baugesellschaft Cyrela. Er und seine Familie wollen beweisen, dass das riesige Gelände eigentlich ihnen gehört und durch gefälschte Dokumente illegal besetzt wurde. Der Prozess läuft seit sechs Jahren. Tavares rechnet in Kürze mit einem Urteil. Seine Vorwürfe gehen aber noch weiter: Der Olympia-Golfplatz sei nur gebaut worden, um die Besitzverhältnisse zu zementieren, sagt er. "Heute finden sie keinen, der verantwortlich ist für den Platz. Nach meiner Meinung wird es ihn nicht mehr lange geben, weil man ihn nicht unterhalten kann."
    Golfplatz als "Black Box"
    Umgerechnet 100.000 Euro kostet der Unterhalt im Monat. Geld, das nun plötzlich der finanziell klamme brasilianische Golfverband aufbringen soll. Wie der auf einmal zu dieser Verantwortung kommt, ist selbst Experten wie Guillermo Piernes unklar – Kommentator und Berater der brasilianischen Golf-Szene. Pierns sagt: "Die Golfer, die Spieler und Liebhaber des Sports sind sehr besorgt. Der Olympia-Golfplatz wurde von einem privaten Investor konstruiert, der ein Geschäft mit der Stadtverwaltung von Rio gemacht hat. Es wäre absurd, wenn der Verband den Unterhalt aus eigener Tasche bezahlen würde, weil der Platz weiterhin privat bliebe. Was da verhandelt wurde, weiß niemand. Es ist für uns eine Black Box."
    Denn, die Verträge sind geheim. Eine Interviewanfrage des DLF lehnte der Golfverband ab und mailte stattdessen eine kurze Stellungnahme, nach der er: "die Pläne der Konstruktion des Erbes des olympischen Golf-Platzes weiterführt, der sich in exzellentem Stand der Erhaltung befindet." Exzellent? Ende November drehte die Nachrichtenagentur AFP auf dem Gelände, nun Rio de Janeiros erster öffentlicher Golfplatz. Gerade drei Spieler gab es auf dem Platz. Der Brite Neil Cleverly, der für die Firma ProGolf den Platz verwaltete, sagte AFP, man habe zwei Monate lang kein Geld erhalten. "Was passiert, wenn unser Benzin und Diesel alle ist? Dann können wir den Rasen nicht mehr mähen. Wir waren kurz davor."
    Paes möglicher Gouverneurs- oder Präsidentschaftskandidat
    Es gibt keine Beschilderung, kein Geschäft für Golfzubehör, keine Carts, keine Stühle im Café, nicht mal eine Internetseite. Golfplatz-Kritiker Novaes: "Der Betreiber bezahlt seine Wasserrechnung nicht. Die Administratoren hier sagen, wenn in 60 Tagen keine Maßnahmen getroffen werden, ist der Platz am Ende." Ein rettender Sponsor ist nicht in Sicht. Brasilien steckt in der Wirtschaftskrise. Und Gerichtsprozesse sind auch eher hinderlich. Im Verfahren gegen Bürgermeister Eduardo Paes hat Richter Chaves diese Woche den Schutz von dessen Konto- und Steuerdaten aufgehoben für den Prozess. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass das Gericht finanzielle Unregelmäßigkeiten nicht ausschließt. Schon vergangenes Wochenende ist Paes in einem anderen Verfahren laut Zeitschrift "Veja" von einem Ex-Spitzenfunktionär beschuldigt worden, illegal umgerechnet fast neun Millionen Euro bekommen zu haben.
    Golf-Liebhaber Piernes: "Mich beunruhigt die Außenwirkung für den Sport! Nun ist Golf in Sachen involviert, mit denen wir nie etwas zu tun hatten – ob nun direkt oder indirekt. Das macht uns sehr traurig!" Sollten Paes keine kriminellen Machenschaften nachgewiesen werden können und er wie geplant für ein Jahr nach New York umzieht, gilt der Politiker als aussichtsreichster Kandidat für die Gouverneurswahlen des Staates Rio de Janeiro 2018, wenn nicht sogar als möglicher Präsidentschaftskandidat. Denn im Korruptionssumpf der brasilianischen Spitzenpolitiker geht nicht mehr darum, wen es trifft, sondern, wen es nicht trifft.