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Olympia in Rio
Golf im Insektenparadies

Wegen der Gefahren des von Mücken übertragenen Zika-Virus häufen sich die Absagen von Spitzenprofis. Sie zeigen, wie entbehrlich der Olympiaabstecher für die Vertreter der Sportart Golf ist.

Von Jürgen Kalwa | 26.06.2016
    Der olympische Golfplatz von Rio de Janeiro.
    Olympic golf course APRIL 2016 An aerial view of the Olympic golf course Campo Olimpico de Golfe (imago sportfotodienst)
    Martin Kaymer und Alex Cejka bei den Männern, Sandra Gal und Caroline Masson haben sich noch nicht geäußert, ob sie in Rio für Deutschland starten werden. Sie haben jedenfalls die besten Aussichten, sich für das Turnier zu qualifizieren.
    Sollten sie teilnehmen, haben sie so etwas wie Ferien. Ferien von ihren Werbejobs, die sie als moderne Litfasssäulen, versehen. So will es der strenge Code des IOC.
    Dies ist die Geschichte von einem, der sein Geschäft etwas geschickter betreibt. Und jemand, der dabei alle mögliche Risiken von der Hand weist. Sogar das des Zika-Virus, das im Feuchtgebiet der Anlage in der Riserva de Marapendi größer sein dürfte als im Rest von Rio.
    Mehrere Millionen pro Jahr
    Ein Werbevertrag, wie ihn Jordan Spieth im Januar unterschrieben hat, bringt einem so guten Golfer pro Jahr eine hübsche Summe extra – mehrere Millionen Dollar. Im Gegenzug muss der Sportler natürlich ein bisschen Präsenz zeigen. Zum Beispiel in den Kampagnen des Unternehmens. Bei Spieth ist das Coca Cola.
    Und Spieth will nach Rio und dort eine Golfmedaille gewinnen. Möglichst die in Gold. Das möchte auch Coca-Cola. Der nach eigenen Angaben dienstälteste Sponsor des IOC steckt jedes Jahr rund 25 Millionen Euro in das Lausanner Olympiaunternehmen, um sich damit die weltweiten Vermarktungsrechte zu sichern.
    Wozu das Recht an Spieths Namen und seinem Konterfei gehört. Weshalb die Limonadenmarke mit dem Texaner, derzeit Zweiter der Weltrangliste, rechtzeitig zu den Spielen in Rio ganz viele Getränkedosen bedrucken will.
    Da darf es nicht wundern, dass sich Spieth nicht so leicht von Hiobsbotschaften wie der über den von Mücken verbreiteten Zika-Virus aus der Ruhe bringen lässt. Die Gefahr sei nicht "siginifikant”, sagte er neulich, als mal wieder einer seiner Kollegen besorgt bekannt gab, dass er auf einen Start auf dem in einem Feuchtgebiet hineingebauten und mit einer Reihe von Teichen verzierten neuen Golfplatz verzichtet. Die Anlage ist ein Insektenparadies.
    wackliges Konzept
    Absagen, wie zuletzt vom Nordiren Rory McIlroy, einem der stärksten Rivalen von Spieth, und Andeutungen wie die vom Australier Jason Day, derzeit die Nummer eins der Weltrangliste, sind nur die jüngsten schlechten Nachrichten rund um das Projekt Golf bei Olympia. Seit 1904 war der Programm der Sommerspiele sehr gut ohne die Prestigesportart und Marotten ausgekommen. Und natürlich auch ohne jenen Ärger, der etwa rund um das Bauprojekt stand. Die Anlage stand jahrelang auf der Kippe. Und ohne jene Kritik, die der Qualifikationsmodus provoziert. Der verhindert, dass hochklassige Spieler wie Bernhard Langer starten können.
    Nicht zu reden von einer ganz anderen Problematik: Das Turnier wurde von der obskuren Internationalen Golf Federation, die ansonsten in der Sportart nicht die gringste Rolle spielt, in einen denkbar engen Terminkalender gequetscht. Denn in geraden Jahren wie 2016 steht im September jeweils der Ryder-Cup auf dem Programm.
    Nun zeigen die Absagen wegen des Zika-Risikos, wie wacklig das Konzept war, noch mehr Stars als Zuschauermagneten ins Programm zu nehmen. Denn nur in Ausnahmefällen – siehe Jordan Spieth – profitieren die tatsächlich von einem Auftritt bei Olympia.
    Caddies übrigens haben noch weniger von dem Abstecher. Anders als etwa die Steuermänner in den Ruderbooten gelten sie nicht als Mannschaftsmitglieder und gehen bei der Medaillenvergabe leer aus.