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Olympia
TV-Rechte an Discovery/Eurosport

Das Internationale Olympische Komitee hat überraschend die Rechte für die künftigen Olympischen Spiele für ganz Europa an den US-Konzern Discovery vergeben – und nicht wie bisher an die öffentlich-rechtlichen Sender wie BBC, ARD und ZDF. Wie konnte es dazu kommen und wie planen IOC und Discovery nun?

Von Daniel Bouhs | 05.07.2015
    Die Olympischen Ringe
    Die Olympischen Ringe (picture alliance / dpa / Martial Trezzini)
    Was während der Spiele Sportfans kollektiv vor die Fernseher zieht und das Internationale Olympische Komitee in kraftvollen Werbefilmen zusammenstellt – es verschwand bisher zwischen den Wettkämpfen meist im Archiv. Das aber wird sich sehr bald ändern: Das IOC setzt gerade seine neue Medienstrategie für das digitale Zeitalter um. Dabei bleibt nichts, wie es war. Der wesentliche Schritt dafür sind neue Partner, die ganz im Sinne des IOC agieren wollen. Für Europa steht der inzwischen fest: Discovery, die Mutter von Eurosport. Für Thomas Horky, der in Hamburg Sportjournalisten ausbildet, keine Überraschung:
    "Das Paket insgesamt war sicherlich für das IOC von Discovery Communications interessanter, weil es einen kompletten Kanal auf einer sehr großen Plattform über mehrere Ebenen verspricht und dazu eben einen Olympia-Kanal, das, was ARD und ZDF so sicherlich nicht leisten können und wahrscheinlich auch nicht wollen."
    Selbst wenn öffentlich-rechtliche Sender wie BBC, ARD und ZDF das wollten: Sie dürften nicht, denn das Medienrecht zwingt sie, Videos von Sportereignissen nach wenigen Tagen wieder zu löschen. Zeitgemäß ist das nicht – das IOC hat das erkannt.
    Im Digitalen ist Eurosport seit Jahren stark. Technischer Partner hier: der Internetkonzern Yahoo. Yahoo fährt derzeit eine Video-Offensive. Yahoo, Eurosport und das IOC – das passt.
    Wie aber können sich die Olympia-Rechte für Discovery lohnen, die den Konzern immerhin 1,3 Milliarden Euro kosten. Klar ist: Discovery darf und will in einigen Ländern Sublizenzen verkaufen. ARD und ZDF sind also noch nicht endgültig raus. Auch IOC-Präsident Thomas Bach sagte, im deutschen TV-Markt sei "weitaus mehr Platz" als 200 Stunden Olympia-Programm, die Discovery live im Free-TV bieten müsse.
    Discovery-Chef David Zaslav plant allerdings, das Geschäft vor allem selbst zu machen. Im Gespräch mit dem Wirtschaftskanal Bloomberg deutet er an: Für einige Olympia-Inhalte werden Sportfans von 2018 an auch direkt zahlen müssen.
    "Einige Olympia-Inhalt e müssen wir frei ausstrahlen – das werden wir auch tun. Wir werden Nutzern olympische Inhalte auch direkt anbieten – auf allen Plattformen. Denken Sie daran: Wir sind der weltweit führende Pay-TV-Anbieter – und in Europa stark."
    Mit Bezahlfernsehen kennt sich Discovery aus – auch hierzulande. Den Hauptkanal können Zuschauer zwar kostenfrei sehen – werbefinanziert. Anders Eurosport 2: Das Schwesterprogramm kostet Geld, auch im Netz. Discovery ist auf eine Mischwelt aus frei empfangbaren und kostenpflichtigen Angeboten vorbereitet, das IOC für dieses Modell zu haben.
    Olympia ist Kommerz, das merken bald also auch die Zuschauer und Nutzer im Netz. Und auch inhaltlich werde sich die olympische Dauerbeschallung von allem bisherigen unterscheiden, ist Sportjournalisten-Ausbilder Horky überzeugt, denn das IOC wolle hier schließlich selbst Inhalte platzieren.
    "Natürlich ist für den Rezipienten der Nachteil, dass er eben dann wahrscheinlich nur dieses Senderecht bekommt und nicht mehr das, was ARD und ZDF zusätzlich liefern – also ich denke nur an das gesamte Korrespondenten-Netzwerk, was öffentlich-rechtliche haben, an die Vielfalt der Berichterstattung, die empirisch gesättigt wesentlich größer ist bei ARD und ZDF als bei Eurosport."
    Für den Fall, dass sie am Ende gänzlich leer ausgehen sollten, haben ARD und ZDF angekündigt zu prüfen, ob sie kleinere Sportveranstaltungen noch übertragen wollen. Sportverbände fürchten den Verlust der großen Reichweite.
    Dass Olympische Spiele künftig nicht mehr bei ARD und ZDF zu sehen sein könnten – für Thomas Horky wäre das allerdings nicht gleich ein Horrorszenario. Die öffentlich-rechtlichen Sender könnten sich Olympia doch einfach weiter widmen. Horky sieht in einem Rechte-Aus auch eine Chance.
    "Das heißt also, weg vom reinen Abspielkanal für das, was ein IOC einem als Fernsehsignal zur Verfügung stellt, hin zu einem wesentlich distanzierteren, kritischen, hintergründigen Journalismus."
    Distanz und Kritik – das ist auf einem Kanal, wie ihn das IOC nun gemeinsam mit seinem neuen Partner Discovery hochziehen will, nicht im Übermaß zu erwarten. Hier wird im Zweifel das Produkt "Olympia" gefeiert – den mit Abstand größten Event.