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Olympische Winterspiele 2018
"Teilnahme wäre Prestigegewinn für Nordkorea"

Es bleiben nur noch 35 Tage, bis die Olympischen Winterspiele in Peyongchang starten. Dlf-Sportredakteur Klaas Reese hält es dennoch für realistisch, dass nordkoreanische Sportler an den Wettkämpfen teilnehmen werden. Denn sowohl Südkorea als auch das IOC hätten ein großes Interesse daran.

Klaas Reese im Gespräch mit Jasper Barenberg | 05.01.2018
    Das offizielle Logo der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang, aufgenommen in Seoul (Südkorea) Lee Jin-Man
    "Eine Form der internationalen Anerkennung des Regimes" wäre die Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen 2018, sagte Sportexperte Klaas Reese im Dlf (dpa/ap/Lee Jin-Man)
    Jasper Barenberg: Sowohl Gastgeber Südkorea als auch das IOC haben ein großes Interesse daran, dass auch Nordkorea an den Spielen teilnimmt. Ist das denn überhaupt noch zu schaffen?
    Klaas Reese: Theoretisch schon, denn das Reglement lässt auch noch sehr kurzfristig die Einladung von Sportlerinnen und Sportlern zu den Spielen zu. Offiziell vergibt das IOC zwar keine Wildcards oder sonstige Sonderplätze für die Winterspiele. Es weist aber darauf hin, dass in einigen Sportarten die Qualifikationswettkämpfe für Pyeongchang noch nicht abgeschlossen seien.
    So könnten zum Beispiel auch zwei Eiskunstläufer aus Nordkorea, die sich im Paarlauf für die Winterspiele qualifiziert haben, in Südkorea an den Start gehen, auch wenn der nordkoreanische Verband eigentlich eine Meldefrist des Eiskunstlauf-Weltverbandes hat verstreichen lassen.
    Das Internationale Olympische Komitee wird also der Teilnahme von nordkoreanischen Sportlern nicht im Wege stehen, denn sowohl die südkoreanischen Gastgeber als auch das IOC haben ein großes Interesse daran, dass auch Nordkorea an den Spielen teilnimmt.
    "DDR und BRD näherten sich auch über den Sport wieder an"
    Barenberg: Warum ist das so wichtig für die Gastgeber und das IOC?
    Reese: Zum einen ist im Hintergrund immer das Bestreben der Südkoreaner zu spüren, dass man sich mit dem Nachbarn politisch aussöhnen möchte und eine Teilnahme von Nordkoreanerinnen und Nordkoreanern wäre aus südkoreanischer Sicht ein gutes Zeichen, denn über den Sport möchte Südkorea gern in regelmäßigen Kontakt mit Nordkorea kommen. Als Vorbild gilt hier die deutsche Sportpolitik während des Kalten Krieges, denn DDR und BRD näherten sich auch über den Sport wieder an und so haben Nord- und Südkorea vereinbart, dass 2018 wieder regelmäßig Sportwettkämpfe zwischen den Ländern stattfinden sollen.
    Das zweite Ziel, dass die Veranstalter mit einer Teilnahme nordkoreanischer Sportler verfolgen ist etwas perfide. Über den Spielen schwebt ja schon während der letzten Monate die Sorge, dass es während der Spiele zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Staaten auf der koreanischen Halbinsel kommen könnte. Peyongchang liegt nur rund 80 Kilometer von der Grenze Nordkoreas entfernt und im Falle eines Kriegsausbruchs müssten die Spiele dann natürlich abgebrochen werden, weil dann auch sicherlich die Athletinnen und Athleten schnellstmöglich das Land verlassen würden.
    Auch um einen solchen Nachbarschaftskrieg zu verhindern, würde man nordkoreanische Teilnehmer gern dabei haben und sie quasi als politische Schutzschilde einsetzen, denn die Hoffnung ist, dass Nordkoreas Herrscher Kim Jong-un nicht auf seine eigenen Leute schießen würde.
    "Eine Form der internationalen Anerkennung des Regimes"
    Barenberg: Das heißt, dass man in Seoul und beim IOC darauf hofft, dass man sich Kim Jong-un so gewogen machen möchte?
    Reese: Nicht nur das. Beim IOC würde man die Teilnahme nordkoreanischer Sportler sicher gern als Entwicklungspolitik für das Land verkaufen und sich sogar als Friedensstifter aufspielen.
    Aus nordkoreanischer Sicht wäre eine Teilnahme ein Prestigegewinn, denn nordkoreanische Sportler bei den Winterspielen bedeuten auch eine Form der internationalen Anerkennung des Regimes.
    Wer dann allerdings außer den beiden qualifizierten Eisläufern an den Start gehen könnte, ist völlig offen, denn obwohl Nordkorea ein bergiges Land mit kalten Wintern ist, gibt es dort kaum Wintersportler. Vergleicht man hier Sommer- und Winterspiele, dann hat Nordkorea bei Sommerspielen insgesamt 54 Medaillen gewonnen, bei Winterspielen hingegen nur zwei. Eine Silbermedaille bei den Spielen 1964 und eine Bronzene in Albertville 1992. Das ist beides schon lange her und bei den letzten Spielen in Sotchi hat sogar gar kein einziger Athlet aus Nordkorea teilgenommen. Es kann also auch sein, dass am Ende nur zwei Sportler und eine kleine Delegation nach Peyongchang reisen, aber auch das wäre nicht nur sportlich interessant, sondern auch ein Politikum.
    Barenberg: Und wie hoch sind die Chancen, dass das klappt mit der Teilnahme nordkoreanischer Sportler?
    Reese: Es wird knapp. Es gab wohl zwei geheime Treffen im Dezember zwischen Nord- und Südkorea, dazu die Absage des Manövers und die Wiederaufnahme einer Telefonleitung. Bevor jetzt aber Sportler an den Spielen teilnehmen braucht es jetzt das persönliche Treffen am Dienstag, um die Details abzusprechen. Das innerhalb eines Monats noch hinzubekommen ist ob der komplizierten Beziehungen beider Länder schwierig, aber nach den deutlichen Signalen aus beiden Ländern nicht ausgeschlossen.