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Onlinehandel
Das Rückporto zahlt künftig der Käufer

Eine neue EU-Richtlinie sorgt für Veränderungen im Internethandel. In Zukunft dürfen Anbieter wie Amazon und Zalando die Portokosten für zurückgeschickte Ware dem Kunden in Rechnung stellen. Aber es gibt auch gute Nachrichten für die Verbraucher.

Von Philip Banse | 13.06.2014
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    Packer beim Onlinehändler Amazon (Jan-Philipp Strobel/dpa)
    Die neue EU-Verbraucherrechterichtlinie bringt für Verbraucher Verbesserungen und Verschlechterungen. Zu den aus Verbrauchersicht unerfreulicheren Regelungen gehört, dass Online-Händler ihren Kunden lieb gewonnene Annehmlichkeiten nicht mehr gewähren müssen - sondern nur noch gewähren können. Da wäre zum einen die Widerrufsfrist. Ab heute gilt in ganz Europa: Geld gibt es nur zurück, wenn Käufer die Ware innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt zurückschicken - es sei denn, der Händler bietet explizit eine längere Frist an. Neu ist auch: Es reicht nicht mehr, die Ware kommentarlos zurückzuschicken, um den Kaufpreis erstattet zu bekommen. Annett Esterl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen:
    "Beim Widerruf gibt es eine große Änderung: Der muss jetzt ausdrücklich erklärt werden. Das heißt, der Verbraucher muss sagen: Ich widerrufe, er kann die Ware nicht einfach zurückschicken. Er muss den Widerruf aber nicht begründen. Das ist oft ein Missverständnis."
    Für diesen Widerruf werden Händler Standard-Formulare bereitstellen. Ein Widerruf ist aber auch ohne dieses Formular gültig. Wer aber zahlt jetzt die Rücksendung?
    "Früher war es so, dass die Kosten der Rücksendung dem Verbraucher nur dann auferlegt werden konnten, wenn der Warenwert gering war, bis zu 40 Euro. Jetzt ist es so: Wenn der Unternehmer den Verbraucher darüber informiert, kann er ihm die gesamten Kosten der Rücksendung auferlegen."
    Auch hier wichtig: Kann. Denn Onlinehändler können die Kosten der Rücksendung auch weiterhin übernehmen. Branchengrößen wie Zalando haben bereits angekündigt, dass sie die Kosten für Rücksendungen wie bis bisher bezahlen wollen. Christoph Wenk-Fischer vom Lobbyverband der Onlinehändler:
    "Ich glaube aber, dass das Thema Retoure-Kosten da eine Rolle spielen kann, wo wir es mit einem reinen Missbrauch des Retouren-Rechts zu tun haben. Aber kein Unternehmen wird so wahnsinnig sein und seinen guten Kunden weitere Kosten aufdrücken."
    Auch der Kölner Anwalt für Internetrecht, Christian Solmecke, geht davon aus, dass die meisten Händler Rücksendekosten wie bisher übernehmen:
    "Aber das ist dann eine Kulanzleistung. Und man sollte deutlich in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Shops schauen und schauen, ob ich hier was zahlen muss oder nicht."
    Neues Rückgaberecht auch für Musik-Downloads und E-Books
    Nicole Maisch, verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, hält es für möglich, dass die Kulanz der Online-Händler bald erschöpft sein könnte und Verbraucher die Rücksendekosten doch tragen müssen.
    "Das ist sicher zu befürchten. Im Moment gibt es unter den Großen offenbar die Auffassung, dass es den Kunden nicht zuzumuten ist, dass sie dann auf andere Vertriebskanäle umschwenken, aber das muss man auf jeden Fall beobachten."
    Abzuwarten sei auch, ob sich das neue Rückgaberecht bei digitalen Gütern in der Praxis wird durchsetzen können. Eigentlich dürfen Verbraucher ab heute auch E-Books, Apps und Musik-Dateien zurückgeben und das Geld zurückverlangen. In der Praxis dürften Anbieter wie Apple jedoch ihre AGB so anpassen, dass das neue Widerrufsrecht erlischt, sobald der Download gestartet wurde. Durch dieses Schlupfloch könnten digitale Güter de facto auch weiterhin nicht zurückgegeben werden, sagt Grünen-Politikerin Maisch:
    "Klar, da hat die Industrie gute Lobbyarbeit geleistet. Aber grundsätzlich gab es schon ein gemeinsames Interesse von Verbraucherverbänden, Kommission und Wirtschaft, den Wirtschaftsraum Europa auch im Bereich Verbraucherrechte stärker zu vereinheitlichen - und ich finde das auch richtig."
    Denn das neue Verbraucherrecht bringt für Verbraucher auch Verbesserungen.
    "Im Wesentlichen gibt es drei sehr verbraucherfreundliche Neuregelungen."
    Sagt Annett Esterl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen:
    "Zum einen müssen die Händler jetzt mindestens eine kostenlose Bezahlmethode anbieten. Und wenn sich die Verbraucher doch entscheiden, mit Kreditkarte zu bezahlen, sind die Kosten dafür gedeckelt."
    Dritte Verbesserung: Bieten Händler ihren Kunden nach dem Kauf eine Telefonhotline an, darf die nicht mehr Kosten als ein normaler Anruf. Teure Service-Hotlines sind nur erlaubt, solange noch keine Kauf-Beziehung zustande gekommen ist.