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Onute Narbutaite

Heute geht es um Tonträger mit Werken zweier Komponistinnen vor, deren künstlerische Heimstatt in Osteuropa liegt. Eine Komponistin aus Vilnius beginnt: * Musikbeispiel: Onute Narbutaite - "Winterserenade" Die Melodie scheint vertraut, die Nebenstimmen verwirren, ein Pochen stört auf, die Dissonanz wird zum Schrei. In der Tat: durch Onute Narbutaite’s 1997 für Flöte, Violine und Bratsche entstandene "Winterserenade" geistert bekannte Musik - sie wirkt wie komprimiert, mit heutigen Ohren gespielt.

Frank Kämpfer | 16.02.2003
    Für die 1956 im litauischen Vilnius geborene Narbutaite ist Musik vergangener Zeit ein wichtiger Ausgangspunkt für die eigene Komposition. Materialtechnisch zu experimentieren - danach steht ihr nur wenig der Sinn; die Avantgarde hat sich aus ihrer Sicht überholt. Sie bevorzugt deshalb die aneignende, rettende Rückschau von Wichtigen, das einmal war. Allerdings nicht als bloße Kopie - die Komponistin verdichtet, zerlegt, schreibt ihre eigenen Klänge in die Materialfunde ein.

    Eine der drei im vergangenen Herbst bei Finlandia Records erschienenen Porträt-CDs mit Narbutaite’s Kammermusik belegt besonders markant: "Autumn ritornello". So heißt ein 1999 komponiertes Klavierquartett, das in Melodik, Harmonik und Rhythmik Musik Frederick Chopin’s auferstehen lässt. "Mozartsommer 1991" für Flöte, Violine, Viola und Cembalo erweist sich als Klang-Mosaik, das sich aus winzigen Mozart-Zitaten zusammensetzt. "Winterserenade" paraphrasiert die "Winterreise" von Schubert, indem sie sich eines Motivs aus dem Eingangslied bedient und dies kompositorisch umkreist.

    Am weitesten in die Musikgeschichte zurück führt auf dieser CD Narbutaite’s 1993 komponierter "Hoquetus" - ein Streich-Trio, das auf eine kompositorische Technik des 13./14. Jahrhunderts verweist. * Musikbeispiel: Onute Narbutaite - "Hoquetus" Ein Ausschnitt aus "Hoquetus" von Onute Narbutaite Hier in einer Aufnahme mit Audrone Psibilskiene (Viola), Rimantas Armonas (Violoncello) und Arnoldas Gurinavicius (Kontrabass) - die man in höchstem Maß als authentisch bezeichnen kann. Die gesamte CD ist eine Koproduktion mit dem Litauischen Musikinformationszentrum und beim Label Finlandia Records, das zu Warner Music Finland gehört, veröffentlicht.