Aus den Feuilletons

Empfehlung für Trockenrasen

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Ausgetrocknete Erde eines ehemaligen Ackers mit Trockenrissen in Israel
Dass der Sommer in diesem Jahr besonders trocken wird und damit eine schlechte Getreideernte zu erwarten ist, fürchtet die "Taz" © imago stock&people / blickwinkel M. Schaef
Von Ulrike Timm · 24.04.2019
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Die Feuilletons sorgen sich um die Trockenheit. Sei es die düstere Aussicht auf einen besonders regenarmen Sommer in Deutschland, der trockene Humor von Shakespeare oder einfach die Empfehlung der "TAZ" für Trockenrasen.
"Schon wieder richtig Sommer!" staunt und stöhnt die TAZ. Zumindest sieht es gerade so aus, als könne sich die Dürre aus dem letzten Sommer wiederholen, und ehe das Wetter "aprillig" umschlägt, fragen sich die TAZ Kollegen, was das denn bedeuten würde für Felder, Gärten, Haut – und Sprache.
Schließlich haben wir alle gerne "unsere Schäfchen im Trockenen, schätzen trockenen Humor, und einen Shakespeare-Vers hat man ins Deutsche übertragen mit 'ich stürbe gerne eines trockenen Todes', ertrünke also nicht gern. Und wer lächelte seliger als das Kleinkind, welches, aus den nassen Windeln befreit, selig-trocken wonneproppt!" wortschöpft Ambros Waibel.

Empfehlung für Trockenrasen

Während Waltraud Schwab ungleich profaner an die Gärtner unter uns appelliert: "es wird Zeit, Trockenrasen anzulegen!" Sieht nicht so toll aus, hält aber vielem stand, auch einem Sommer, in dem es wie in Kalifornien heißen könnte: Sprengen verboten! Noch, das weiß natürlich auch die TAZ, ist alles möglich, und seit Dezember gab es mehr Niederschläge als sonst, doch "die reichten nicht aus, um die vom vergangenen Dürresommer furztrockenen Felder wieder zu durchnässen." Kurzum: die Startbedingungen für Grünzeug und Korn sind schlechter als im vergangenen Jahr!

Miese Startbedingungen nicht nur für das Getreide

Die Startbedingungen waren auch für Robinson Crusoe nach Schiffbruch nicht günstig, was für ein Glück, das Daniel Defoe vor 300 Jahren die Entscheidung traf, "den Helden nicht verdursten zu lassen!" Darüber freut sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, als hätte sie die TAZ gelesen.
"Vor allem aber fängt Robinson auf der Insel, an deren Strand er gespült wurde, keineswegs bei null an. Nicht nur, weil er sich in zwölf Fahrten zum Wrack alles holt, was dort zu finden und zu gebrauchen ist, sondern auch, weil er sich nach vier Jahren als Farmer in Brasilien Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet hat, die ihm auf der Insel nützen", stellt Tilman Spreckelsen fest.

Robinson im Wandel kolonialer Aufarbeitung

Bloß Diener Freitag zu missionieren und in kolonialistischer Manier einen neuen Namen zu geben, ohne nach dem ursprünglichen auch nur zu fragen – das ginge heute gar nicht mehr. Weshalb der TAGESSPIEGEL zu einem Spaziergang durch die Literaturgeschichte ansetzt und aufzeigt, wie Defoes Robinson sich in verschiedensten Versionen so macht.
"Neuere Versionen versuchen, koloniale Lasten abzuwerfen", heißt es, besonders lesenswert aber scheint eine alte Streitschrift zu sein, die erstmals auf Deutsch erscheint, nämlich Charles Gildons kurzes Stück "Gegen Defoe: Robinson Crusoe und Freitag stellen ihren Autor zur Rede."
"Der katholische Engländer Gildon, die gleiche Generation wie Defoe, als Schreiberling verschrien, in der Presse verspottet und mit Zeitgenossen zerstritten, lässt Defoes Figuren auf witzige und kluge Art Beschwerde einlegen", meint der TAGESSPIEGEL.

Vom Überleben alter Kulturtechniken

In trockenen Tüchern scheint zumindest der Börsenstart von Pinterest, der skandalfreien Fotoplattform, die "den Shitstorms in anderen sozialen Netzwerken" sittsam Kochrezepte und Wohnideen entgegen setzt, vermerkt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Und wundert sich doch ein bisschen.
Während die WELT eine Ausstellung in Venedig lobt, die fragt, welchen Sinn "Bildproduktion" heute noch haben kann. "Gemälde sind ein zähes Medium. In der Ära von derzeit zweieinhalb Milliarden Kleinkünstlern mit Kamerablick und freihändiger Filmproduktion hält der Flame Luc Tuymans stur am uralten Aufschreibesystem mit Farbe auf Leinwand fest. Das ist so antiquiert wie bemerkenswert. Befinden wir uns schließlich momentan in einer Epoche nach dem Kupferstich, nach der Fotografie, nach dem Film, nach dem Fernsehen."
Und nach der Müllabfuhr, mag sich der Mann denken, der ein paar weggeworfene Skizzen von Gerhard Richter aus dem Altpapier fischte, um sie zu verkaufen. Darf er nicht, entschied jetzt ein Gericht, denn auch der Müll von Gerhard Richter gehört Gerhard Richter. Das melden verschiedene Zeitungen.
Direkt aus der Altpapiertonne kann man seine Schäfchen also nicht ins Trockene bringen, denn vor dem warmen Geldregen ist da das Gericht!
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