Samstag, 20. April 2024

Archiv


Orbáns Unterstützer beklagen Diffamierungskampagne

Die Verfassungsänderungen durch das ungarische Parlament lösten scharfe Kritik aus. Das EU-Parlament verzichtet zwar nach Zugeständnissen der rechtskonservativen Regierung Viktor Orbáns auf ein Verfahren. Doch Budapest und Brüssel sind immer noch weit voneinander entfernt.

Von Stephan Oszváth | 19.04.2013
    "Zugabe" – so heißt die Sendung des regierungsnahen Senders "Hír TV". Die Moderatorin leitet einen Bericht über die Ungarndebatte im Europaparlament so ein:

    "Die Standpunkte, die man hier von den Sozialisten Bajnai und Gyurcsány kennt, wiederholten die Redner im Europaparlament, in der Debatte um die Verfassungsänderungen in Ungarn."

    Im staatlichen ungarischen Fernsehen berichtet die Brüsseler Korrespondentin, die Straßburger Ungarndebatte habe kaum Widerhall in den internationalen Medien gefunden.

    Die regierungsnahe Zeitung "Magyar Nemzet" bringt auf ihrer Internetseite folgende Schlagzeilen: "Linke benutzt Methoden des kommunistischen Geheimdienstes." Daneben: "Fidesz führt stabil, die Stimmung wird besser". Und ein Video – Premier Viktor Orbán – nach der Fraktionssitzung der Konservativen im Europaparlament am Dienstagabend.

    "In der EVP sitzen unsere Freunde. Ziel des Gesprächs war, unsere Uhren abzugleichen. Wir mussten eher über konkrete Fragen sprechen. Denn es gibt viele schwer zu verstehende, von der Internationalen Presse oft falsch gedeutete Dinge."

    Nachrichtensplitter aus Ungarn – nachdem Brüssel mit erneuten Vertragsverletzungsverfahren und mit dem Entzug der Stimmrechte Ungarns in der EU gedroht hatte. Brüssel kritisiert unter anderem das Wahlwerbeverbot in Privatmedien, EU-Geldstrafen auf die Steuern aufzuschlagen und die Machtbefugnisse des Justizrates. Fidesz-Abgeordneter Gergely Gulyás sagt.

    "Diese Fragen müssen innenpolitisch gelöst werden. Die Verfassung liegt vor, jeder kann sie überprüfen. Sie entspricht demokratischen Gepflogenheiten. Darüber hinaus nehmen wir Ratschläge aus dem Ausland gerne an. Wir glauben jedoch, dass in Ungarn die Wähler über die künftige Ausrichtung der Politik entscheiden."

    Die Opposition ist entsetzt über die erneute Konfrontation mit Brüssel. Tímea Szabó von der neuen Partei "Gemeinsam 2014" um Gordon Bajnai sagt.

    "Warum kann ein Land, das EU-Mitglied ist, nicht einfach die Regeln, die Normen der Gemeinschaft einhalten? Das müsste Ungarn. Und nicht immer in Dummheit vorauslaufen. Und dann doppelzüngig antworten: Dann werden wir eben diese und jene Empfehlung in Betracht ziehen."

    In einem Interview mit mehreren konservativen Blättern in Deutschland und Österreich hat Viktor Orbán seine Machtauffassung deutlich gemacht. Die Zweidrittelmehrheit seiner Partei Fidesz sorgt für Stabilität, sagt der ungarische Premier. András Schiffer von den Grünen sieht das anders.

    "Die Tendenz ist wichtig, nicht die einzelnen Maßnahmen. Auf gut Deutsch: Die EU möge einen klaren Standpunkt beziehen, nämlich, dass es inakzeptabel ist, wenn eine Mehrheit schrankenlose Macht bekommen will."

    Laut aktuellen Umfragen ist die Regierungspartei immer noch beliebt bei den Ungarn, aber Herausforderer Gordon Bajnai – Frontmann von "Gemeinsam 2014" ist auf Platz Zwei der Beliebtheitsskala – nach Präsident Ader. Die Sozialisten befürchten, Viktor Orbán und seine Nationalkonservativen könnten Ungarn ins Abseits manövrieren. Der sozialistische Abgeordnete Gábor Harangozó:

    "Nicht genug, dass die letzten drei Jahre ihrer Regierung viele Probleme verursacht haben. Zu befürchten ist, dass am Ende Sanktionen gegen Ungarn verhängt werden, die keiner wollen kann."

    Orbáns Unterstützer legten sogar noch nach: In einem "Offenen Brief", in drei Sprachen an die "Bürger Europas" gerichtet, beklagen sie eine Diffamierungskampagne gegen Ungarn. Hinter der steckten Linke und Liberale, die Angst vor einer konservativen Wende in Europa hätten. Sogar die Vision eines militärischen Einmarsches in Ungarn wird beschworen. Unterzeichner unter anderen: Zsolt Bayer, Organisator der Pro-Orbán-Aufmärsche, berüchtigt für seine publizistischen Ausfälle ganz rechts.