Verbrauch der natürlichen Ressourcen

"Wir müssen uns von Illusionen freimachen"

Abraumhalden liegen im Tagebau Nochten vor dem Kraftwerk Boxberg, Foto vom 18.03.2009.
Wir verbrauchen zu viele Ressourcen auf Kosten künftiger Generationen. © picture alliance / dpa / Matthias Hiekel
Stefan Aust im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 02.08.2017
Der Erdüberlastungstag zeigt an: Die Menschheit hat ihre für dieses Jahr natürlich verfügbaren Ressourcen aufgebraucht. Ab jetzt leben wir ökologisch auf Pump. Der Autor und Publizist Stefan Aust fordert, bei der Bewältigung der Öko-Probleme mehr Realismus walten zu lassen.
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen haben am heutigen Mittwoch vor dem Brandenburger Tor in Berlin auf die Endlichkeit unserer natürlichen Ressourcen hingewiesen. Die Erde sei kein Online-Shop mit scheinbar unbegrenztem Angebot, hieß es am sogenannten Erdüberlastungstag. Das ist der Tag, an dem alle in der Natur verfügbaren Ressourcen rein rechnerisch aufgebraucht sind. Ab morgen leben wir dann auf Kredit.
Der Journalist, "WeltN24"-Herausgeber und frühere "Spiegel"-Chef Stefan Aust sprach sich im Deutschlandfunk Kultur für mehr Realismus aus: "Wir müssen uns von Illusionen freimachen." Man müsse sich im Klaren sein, wie schwer es tatsächlich sei, Alternativen zu finden:
"Erst einmal schaffen wir die Kernenergie ab - es gibt viele gute Gründe dafür - als Nächstes schaffen wir die Kohle ab, als Drittes wollen wir kein Gas aus Russland importieren, weil wir die Russen nicht stärken wollen. Ja, was wollen wir dann? Zu glauben, dass wir alles mit Wind und Sonne hinkriegen können - also viel Vergnügen!"

Die Kanzlerin hält sich fern vom Diesel-Problem

Statt zu sagen "Wir schaffen das" sollte die Politik lieber "Wir packen das an" sagen - "aber wir machen uns keine Illusionen darüber, was tatsächlich passiert", so Aust.
Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Autoindustrie (VdA), BMW-Chef Harald Krüger, Daimler-Chef Dieter Zetsche, und Volkswagen-Chef Matthias Müller (v.r.n.l.) beim Dieselgipfel in Berlin.
Dieselgipfel in Berlin mit Vertretern von Bund, Ländern und der Autoindustrie: Kanzlerin Merkel ist nicht dabei© picture alliance / Axel Schmidt/POOL/dpa
Zum Diesel-Gipfel in Berlin und der dortigen Abwesenheit von Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel sagte Aust, diese wollten sich vom Problem möglichst weit fernhalten. Der Autoindustrie bescheinigte er, "außerordentlich trickreich" gearbeitet zu haben. Die "Unverfrorenheit", mit der die Abgas-Messungen manipuliert worden seien, sei "abenteuerlich", betonte Aust. Die Politik sei an dem "Projekt Schummel-Software" zumindest auf indirekte Weise beteiligt gewesen, kritisierte er.
Der Journalist sprach sich zudem gegen Fahrverbote in den Städten aus. Man dürfe die Kunden "jetzt nicht doppelt betrügen", forderte Aust:
"Erst einmal passt der Staat nicht ordentlich auf, dass die Abgasnormen eingehalten werden, subventioniert den Kauf von Dieseln dadurch, dass der Diesel-Kraftstoff bis heute mit weniger Steuern belastet ist. Das hat man ja gemacht, um die Leute dazu zu bringen, Diesel-Fahrzeuge zu kaufen, weil die weniger Sprit verbraucht haben. Da kann man sie nicht einmal in die eine Ecke schicken und dann anschließend in die andere Ecke schicken, das ist nicht fair."
(ahe)

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