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Ostdeutsche Start-ups
Auf der Suche nach Kapital

Die nötigen finanziellen Mittel für Firmengründungen stellen heutzutage oftmals Risikokapitalgeber bereit. Auf diese hoffen nun auch 40 ostdeutsche Unternehmer, die sich und ihre Ideen in Dresden auf einer Investorenkonferenz vorstellen. Laut Veranstalter sind es die innovativsten Gründer des Ostens.

Von Ralf Geissler | 14.10.2014
    Wolfram Drescher hat den Frost zu seinem Freund gemacht. Der Geschäftsführer von Siltectra in Dresden spaltet Silizium-Scheiben mithilfe eisiger Kälte. Er taucht das teure Material in flüssigen Stickstoff. Dort zerspringt eine dicke Silizium-Scheibe in zwei fast gleich große dünne Scheiben.
    "Die Temperaturen, die wir erzeugen müssen, liegen im Bereich von minus 80 bis minus 180 Grad Celsius."
    Drescher will mit diesem Verfahren die Chipindustrie umkrempeln. Silizium-Scheiben bilden als sogenannte Wafer die Grundlage von Computerchips. Normalerweise werden sie zersägt. Doch dabei fallen Späne an. Beim Teilen durch Kälte geht kein Material verloren.
    "Der Sägeverlust mag auf den ersten Blick nicht groß aussehen. Wenn man aber mal genau nachrechnet, kann man mit unserer Technologie bis zu 35, sogar 40 Prozent an Material einsparen. Und wir reden hier nicht über Cent-Artikel, sondern wir reden hier über bestimmte Wafer, da reden wir über Einsparungen von bis zu 1.000 Dollar je Wafer."
    Drescher will das Verfahren weltweit vermarkten. Doch dazu braucht er Geld. Seine Firma ist eine von 40 ostdeutschen Hightech-Unternehmen, die sich heute in Dresden Investoren vorstellen. Organisiert hat die Veranstaltung Bettina Vossberg vom Netzwerk Hightech Startbahn vor allem aus einem Grund: Wer Ideen hat, findet im Osten nur schwer Kapital.
    "Das ist natürlich politisch, historisch bedingt. Das heißt, uns fehlen hier im Osten die Erben, die reichen Unternehmerfamilien. Zusammengefasst kann man sagen, dass weder privatwirtschaftliche Fonds hier im Osten sitzen, keine Business-Angels und wir in der Beziehung erhebliches Strukturdefizit im Vergleich zu den westdeutschen Bundesländern haben."
    Das lässt sich auch mit Zahlen belegen: Die Mitglieder im Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften haben vergangenes Jahr bundesweit 670 Millionen Euro an Wagniskapital investiert. Davon flossen nicht einmal neun Prozent in die fünf ostdeutschen Länder. Dabei mangelt es dort nicht an Ideen, sagt Vossberg und verweist auf die Firma Innotere aus Radebeul:
    "Sie haben es geschafft, Knochen-Ersatzmaterial zu entwickeln, das direkt in Spritzen bei Operationen verarbeitet werden kann. Das heißt, die setzen ihre Spritze an und der Operateur kann gleich das Material einspritzen. Die haben es als einzige geschafft und dafür auch Patente in Europa, USA und Japan angemeldet."
    Auch Innotere hofft auf frisches Geld. Ebenso wie East 4D – eine sächsische Firma, die leichte Bauteile für Flugzeuge und Autos entwickelt. Insgesamt benötigen die 40 ostdeutschen Hightech-Firmen rund 140 Millionen Euro. Doch die Kapitalgesellschaften aus aller Welt werden vermutlich nicht jedem geben. Wer leer ausgeht, muss weiter suchen – oder seine Erfindung ist tot, bevor sie richtig auf die Welt kam.