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Ostdeutsches Unternehmen in der Insolvenz
Neue Zukunftschance für traditionsreiche MIFA-Fahrräder

Das MIFA-Klapprad war Kult in der DDR. Gestern mussten die Mitteldeutschen Fahrradwerke erneut Insolvenz anmelden. Der wichtigste Arbeitgeber im Südharz hatte sich zu lang auf Discounter konzentriert, während die Kunden ins Hochpreis-Segment abwanderten. Heute stellte der Insolvenzverwalter klar: "Es ist kein Zerschlagungsverfahren, es soll weitergehen."

Von Christoph Richter | 05.01.2017
    Das altbekannte Logo der Fahrradmarke Mifa auf einem Rad.
    "Falls die Lichter bei der Mifa ausgehen, würden auch die Lichter in der Region ausgehen." (dpa / Hendrik Schmidt )
    Lange war es still um den größten deutschen Fahrradhersteller, die Mitteldeutschen Fahrradwerke, kurz MIFA, mit Sitz in Sangerhausen im Landkreis Mansfeld-Südharz. Jetzt zu Jahresbeginn der Paukenschlag: Die zweite Insolvenz innerhalb von zwei Jahren.
    Beantragt wurde für die ostdeutsche Fahrradbau-Legende MIFA mit rund 500 Arbeitsplätzen eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Ein Prozedere das dann praktiziert wird, salopp formuliert, wenn es um das Unternehmen nicht ganz schwarz aussieht. Der Schritt so heißt es, sei ein Befreiungsschlag. Genauso klang es bereits vor zwei Jahren.
    Detailaufnahme von Fahrrädern der Marke Mifa in einem Verkaufsraum.
    "Er hat gesagt, wir müssen hier ganz schnell die Situation in den Griff bekommen." (dpa / Hendrik Schmidt)
    Damals ist der Unternehmer Heinrich von Nathusius eingesprungen und hat für 17 Millionen Euro ein neues Werk errichtet, das erst kurz vor Weihnachten eröffnet wurde und die Arbeit aufnahm.
    Der Berliner Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus übernimmt kommissarisch die Geschäftsführung, dabei wird er vom Leipziger Insolvenz-Experten Lucas Flöther unterstützt. Er hat bereits bei der letzten Insolvenz 2014 die Geschicke des Unternehmens geleitet.
    Das Unternehmen wurde zu einem Billigproduzenten
    Mifa ist erneut ins Trudeln geraten, weil die Umsätze weit unter den Erwartungen geblieben sein sollen. Tilgungen der Kredite konnten nicht erfüllt werden, heißt es, weshalb die Eigentümerfamilie Nathusius die Reißleine zog, so Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus.
    "Er hat gesagt, wir müssen hier ganz schnell die Situation in den Griff bekommen, und das geht halt nur noch, indem man eben das Eigenverwaltungsverfahren organisiert. Die Familie hat sich damit nicht verabschiedet aus dem Engagement, man will das auch weiter unterstützen, und hat auch uns zugesagt, ein sogenanntes Masse-Darlehen zur Verfügung zu stellen, das uns die Produktion auch nahtlos weiter ermöglicht."
    Fahrradhersteller Mifa am 5.1.2017 in Sangerhausen (Sachsen-Anhalt). Wegen der Insolvenz findet eine Betriebsversammlung in der Werkshalle statt.
    Wegen der Insolvenz findet eine Betriebsversammlung in der Werkshalle statt. (dpa-Zentralbild/ dpa / Klaus-Dietmar Gabbert)
    Das Unternehmen kämpft seit Jahren, um auf die Füße zu kommen. Das habe auch mit den Altlasten zu tun. Zu lange habe sich das Unternehmen auf die Discounter konzentriert, sagen Branchenkenner, weshalb das Unternehmen zusehends zu einem Billigproduzenten wurde. In einem Geschäftsfeld, indem die Kunden zusehends auf höherpreisige Qualität setzen. Eine Korrektur, die anscheinend nicht so einfach zu bewältigen ist.
    Mifa - der letzte große Arbeitgeber im Südharz
    Für die 500 Mitarbeiter sind die Auf und Abs des Unternehmens fast Normalität. Schon seit Jahren mussten die Beschäftigten immer wieder um ihre Jobs bangen.
    "Wir sind alle sehr motiviert und wir kämpfen darum, dass es weitergeht. Und mehr kann ich dazu auch nicht sagen."
    Für die Region mit einer der höchsten Arbeitslosenraten – sie ist mit 11,7 Prozent doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt - wäre eine Pleite des Unternehmens fatal. "Deshalb muss um jeden Arbeitsplatz gekämpft werden" sagte gestern schon CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff. Landrätin Angelika Klein von der Partei Die Linke zeigt sich verwundert, sie habe immer geglaubt, dass man mit der MIFA auf einem guten Weg sei. Ohne die MIFA sagt sie, könne man sich die Region kaum vorstellen. Was auch damit zu tun hat, dass die MIFA der letzte große Arbeitgeber im Südharz ist.
    Kein Zerschlagungsverfahren
    Falls die Lichter bei der Mifa ausgehen, würden auch die Lichter in der Region ausgehen, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Weshalb alle Beteiligten an einer Sanierung vordringlich interessiert sind. Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus:
    "Es ist eben kein Zerschlagungsverfahren, es ist kein Aufgabeverfahren, sondern es soll ja weitergehen. Die spannende Frage, die wir zu beantworten haben, zusammen mit den Gläubigern, wer ist der Investor? Und sicherlich auch der konkrete Umfang. Plant man das Unternehmen mit 50 Millionen Euro Jahresumsatz oder mit 40 Millionen Euro? Was glaubt man, was man leisten kann? Das sind die Fragestellungen, die jetzt in den nächsten Wochen zu beantworten sind."