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Ostukraine
Gefechte in der Pufferzone gefährden Schulstart

Am ersten September geht in der Ukraine die Schule wieder los, wohl eher nicht so in Krymske. Das Dorf liegt in der Pufferzone nahe dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Luhansk. Zuletzt haben die Gefechte dort wieder derart zugenommen, dass die Schließung der Schule erwogen wird.

Von Martha Wilczynski | 23.08.2017
    Stellungen des Kiew-2- Freiwilligenbataillon beim ostukrainischen Dorf Krymske, nahe Luhansk, gesehen durch das Fadenkreuz eines Zielfernrohrs
    Stellungen des Kiew-2-Freiwilligenbataillon beim ostukrainischen Dorf Krymske, nahe Luhansk (Archivbild) (EPA)
    Die Fernsehbilder zeigen lange Flure und leere Klassenzimmer. Doch schnell wird klar: Hier wird gearbeitet - mit Leitern, Farbeimern, Tapeziertischen. Vor dem Schulstart am ersten September sollte die kleine Schule im ostukrainischen Dorf Krymske komplett renoviert werden. Auch Eltern und Schüler haben mitgeholfen, erklärt die junge Lehrerin Julia Sdorowa im Interview mit dem ukrainischen TV-Sender:
    "Wir haben Plastikfenster eingebaut. Die Heizungen erneuert. Und die Fensterscheiben wurden mit Splitterschutzfolie beklebt. Die Sicherheit der Kinder hat für uns höchste Priorität."
    Umzug in Internat 60 Kilometer entfernt?
    Das ukrainische Dorf Krymske liegt in der Pufferzone nahe dem von russischen Separatisten kontrollierten Luhansk. Gerade in letzter Zeit haben die Gefechte entlang der Frontlinie wieder zugenommen. Das melden sowohl ukrainische als auch russische Medien.
    Und auch das Dorf Krymske gerät regelmäßig unter Beschuss. Vertreter der zivil-militärischen Verwaltung fürchten daher um die Sicherheit der Kinder. "Ich habe Angst, es laut zu sagen. Aber wenn die Schule beschossen wird und etwas Schlimmes passiert, wer trägt dann Verantwortung? Wohl derjenige, der nicht rechtzeitig beschlossen hat, die Kinder in Sicherheit zu bringen."
    Unterricht unter Dauerbeschuss
    Der Vorschlag: Die Schule schließen, und die 39 Schüler auf ein Internat bringen, 60 Kilometer von ihrem Heimatdorf entfernt.
    Den Schülern ist deutlich anzusehen, dass ihnen diese Idee nicht gefällt. Sie sollen seit Ausbruch des Krieges schon viel schlimmere Situationen erlebt haben – ohne Licht und Strom. Und unter ständigem Beschuss.
    Daryna, Schülerin der 7. Klasse, versteht die plötzliche Aufregung nicht: "Wenn heftig geschossen wird, dann habe ich etwas Angst. Sonst haben wir uns doch daran gewöhnt."
    "Das ist so, als würde man das Dorf schließen"
    Aber es gibt noch ein weiteres Problem: Die Gasleitung des Dorfes ist beschädigt worden. Eine Reparatur gilt als zu gefährlich, weil jederzeit wieder geschossen werden könnte. Die Schule könne also nicht mehr beheizt werden – auch nicht, wenn der Winter kommt.
    Lehrerin Julia Sdorowa wirkt verzweifelt: "Wir haben uns alle Mühe gegeben, tun alles, was wir können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, wenn die Schule schließt. Das ist so, als würde man das Dorf schließen."
    Mittlerweile habe der Chef der zuständigen zivilmilitärischen Verwaltung in Aussicht gestellt, dass die Schule vielleicht doch nicht geschlossen werden müsse. Man wolle versuchen, das Problem mit der Heizung zu lösen. Doch damit bliebe noch ein weiteres Problem ungelöst: der akute Lehrermangel. Denn viele Lehrer haben das Dorf wegen der immer wieder ausbrechenden Kämpfe bereits verlassen.