Aktionskünstlerin Valie Export wird 80

"Dass ich die Ruhe gestört habe, stört mich überhaupt nicht"

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Die österreichische Aktionskünstlerin Valie Export.
Resümee zum 80. Geburtstag: "Man musste die Verhältnisse natürlich auch ändern und aufbrechen und verändern." © picture alliance/London News Pictures/ZUMA/Stephen Chung
Moderation: Eckhard Roelcke · 16.05.2020
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Zeit ihres Lebens hat Valie Export gegen die Enge der patriarchalen Gesellschaft revoltiert, was ihr den Titel "Österreichs bekannteste Ruhestörerin" einbrachte. Ein Titel, der ihr durchaus gefällt. Nun wird die Feministin 80 Jahre alt.
Die Aktionskünstlerin Valie Export hat viel gewagt. Sie hat gekämpft und provoziert. 1968 zum Beispiel, als sie sich einen Kasten auf den Oberkörper schnallte und Passanten in den Kasten hineingreifen und je 33 Sekunden lang ihre nackten Brüste berühren durften.
Oder ihre Skandal-Performance "Aktionshose: Genitalpanik" aus dem Jahr 1969: Aus ihren Bluejeans hatte sie das Dreieck vor der Scham herausgeschnitten und ging damit während der Vorführung durch die engen Sitzreihen eines Münchner Pornokinos. Auch als sie ihren Partner Peter Weibel an einer Hundeleine durch die Wiener Innenstadt führte, hagelte es Proteste.
Aktionen, die sich tief in die Erinnerung eingegraben haben. Mit experimentellen Filmen, dem sogenannten expanded cinema, hat sie weitere Grenzen durchbrochen. Valie Export "kann getrost als wichtigste österreichische Künstlerin des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden", steht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Tag vor ihrem 80. Geburtstag, den die in Linz geborene Künstlerin am Sonntag feiert.

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos

Zeit ihres Lebens hat Valie Export gegen die Enge der patriarchalen Gesellschaft revoltiert, was ihr den Titel "Österreichs bekannteste Ruhestörerin" einbrachte. Ein Titel, der ihr durchaus gefällt. Als sie jung war, verharrte Österreich in reaktionären Verhältnissen, wie sie sagt: "Man musste die Verhältnisse natürlich auch ändern und aufbrechen und verändern. Dass ich da die Ruhe gestört habe, das stört mich überhaupt nicht."
Dass die Frauen nun coronabedingt wieder in die Enge der eigenen vier Wände gedrängt werden, den Haushalt schmeißen, die Kinder betreuen und nebenbei im Homeoffice arbeiten müssen, sei eine große Herausforderung, sagt sie, aber:
"Die Frauen sind schon so selbstständig, dass sie ihre Rechte dann wieder einfordern können und sie müssen das natürlich dann auch vehement machen und klarerweise hat man die Angst, dass der Staat jetzt viel mehr auf alle zugreift und natürlich dann im Besonderen auf die Frauen. Da müssen sich die Frauen dessen auch ganz bewusst sein, dass das passieren kann."

80 Jahre und kein bisschen müde

Durch die #MeToo-Debatte sei den Männern durchaus bewusst gemacht worden, "wo ihre Grenzen sind und dass sie diese nicht überschreiten können, sonst kracht's einfach dann", sagt Valie Export. Das "haben die Frauen natürlich schon bewirkt durch ihre Selbstständigkeit und auch durch ihre Emanzipation, aber man muss sagen: Bei Weitem ist noch alles nicht erreicht."
Am Sonntag wird die Aktionskünstlerin 80 Jahre alt, das heißt aber nicht, dass das Widerständige in ihr nun schwächer geworden ist. Ganz im Gegenteil. Dieses wächst immer weiter, wie sie sagt: "Es gibt ja immer wieder andere Zusammenhänge und andere Zustände, und das wächst weiter und die Zeit verändert sich und man verändert sich selbst und geht eben dann diesen Weg auch weiter."
Rückblickend beschreibt sie ihren künstlerischen und Lebensweg als kurvig, steinig, ja sogar geröllig und auch gefährlich. Valie Export berichtet von Drohungen, die so weit gingen, dass sie Angst um ihr Leben haben musste. So drohte man ihr, ihr Gesicht mit Säure zu verätzen oder ihre Wohnungstür aufzubrechen. Aber sie hat sich natürlich nicht unterkriegen lassen.
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