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Outdoor-Fitness
Draußen eine gute Figur machen

Die einen tun es hinter verschlossenen Türen. Die anderen im Freien: Trainieren. Klimmzüge im Park oder Liegestütze am See liegen im Trend. Das hat auch die Fitness-Industrie erkannt versucht, am Outdoor-Trend mitzuverdienen.

Von Daniela Müllenborn | 09.08.2014
    Ein Mann benutzt eine Parkbank, um Liegestütze zu trainieren.
    Parkbank statt Fitness-Studio: Outdoor-Training. (dpa / picture alliance / Sebastian Kahnert)
    „Komm Verena du schaffst das, Tempo erhöhen, 30 Sekunden, du schaffst das. Habt ihr gewechselt?"
    Bootcamp-Training. Der Name kommt vom amerikanischen Militär-Drill. Trainerin Jasmin treibt ihre "Booties", wie die Teilnehmer heißen, an.
    "Und durchpowern, zieh, zieh, zieh..."
    Die 50-jährige Ursula musste gerade mit einem Arm eine Hantel in Form einer Kuhglocke wuchten. Eine von insgesamt sieben Übungen, wie zum Bespiel mit einem schweren Tau Wellen schlagen oder Sit-ups mit Medizinball.
    "Die dauern jeweils eine Minute, dazwischen sind jeweils 15 Sekunden Pause, wenn man alle sieben Übungen durch hat sind zwei Minuten Pause, und insgesamt wird der Zirkel dreimal durchlaufen und am Ende ist noch mal Dehnen angesagt."
    Das "Original Bootcamp"-Training haben sich Absolventen der Sporthochschule in Köln ausgedacht. Inzwischen gibt es Bootcamps auch in vielen anderen deutschen Städten und auch von anderen Anbietern. Die Konzepte ähneln sich: Alle setzen auf Training an der frischen Luft. Die zwölf Frauen in einer von mehreren Kölner "Original-Bootcamp"-Gruppen treffen sich montags und mittwochs nach der Arbeit, im Grünen.
    "Und final round, letzten sieben Übungen, jede Übung nur noch einmal, auf geht´s"
    Outdoor-Sport ist gesund
    Der Park scheint das neue Fitnessstudio zu sein. Drinnen war gestern, draußen ist heute:
    "Das freut mich, weil ja grundsätzlich Outdoor-Sport gesünder für den Körper ist. Seien es die Sonnenstrahlen, sei es die frische Luft, also es ist eine tolle Sache. Der einzige Nachteil im Outdoor-Sport ist, dass wir hier in Deutschland sind und so wenige schöne Tage haben, weil wirklich, wenn´s Winter ist, wenn´s sehr kalt ist, wenn´s sehr feucht ist, tut man sich natürlich schwer dabei."
    Da kennt der Kölner Sportwissenschaftler und Fitness-Experte Stephan Geisler aber die zwölf Frauen der Bootcamp-Gruppe schlecht. Sie treffen sich bei Wind und Wetter. Unter einer großen Tanne:
    "Wenn's regnet, im Winter wenn´s schneit, ist alles egal."
    "Wenn's total schneit und nur noch unter unserer Tanne ein Platz ist, ist immer noch am besten."
    "Oder als es im letzten Winter so geregnet hat und wir dachten, jetzt kommt keiner, und dann boah, wir sind die Helden."
    Die Booties lassen sich also nicht davon abhalten ihr Training durchzuziehen. Obwohl es eine Art Zirkeltraining ist, das sie jetzt zweimal pro Woche freiwillig machen. Für Stephan Geisler ein Phänomen:
    "Jaja, es ist paradox. Früher im Sportunterricht haben es viele gehasst. Mittlerweile zahlt man sogar viel Geld dafür."
    Teures Zirkeltraining
    Bei "Original Bootcamp" kosten zwei Monate mit jeweils zwei Trainings pro Woche 175 Euro. Dafür bekommen die Teilnehmer kleine Gruppen und professionelle Trainer:
    "Mädels, achtet darauf, dass der Oberkörper gerade bleibt, durch das Gewicht neigt man dazu, zu einer Seite zu kippen, ihr seid ganz fest, gut so."
    Eine ausgebildete Trainerin ist ein paar Kilometer weiter nicht dabei. Hier hat sich Jan mit einem guten Dutzend anderer Leute via Facebook verabredet um auf einer Wiese "Freeletics" zu machen. Neben dem Bootcamp die zweite große Strömung im Fitnessbereich.
    "Freeletics ist ein Trainingssystem, wo man nur mit seinem eigenen Körpergewicht trainiert, also hauptsächlich die klassischen Übungen wie Liegestütz, Klimmzüge, Sit-ups, Kniebeugen, und das macht man halt, ja bis zum Erbrechen. Also es kommt vor, dass man zum Beispiel 50 Klimmzüge machen muss, 100 Liegestütze, oder 100 von diesen Burpees."
    Burpees heißt die Übung, bei der man in Dauerschleife vom Liegestütz in den Strecksprung hüpft. Das muss auch Jan heute machen. Er hält schon sein Smartphone bereit, denn Freeletics funktioniert über eine App. Sie gibt die Kraftübungen vor, die dann in kürzester Zeit ausgeführt werden müssen.
    "Five, four, three, two, one, start."
    Eine saubere Technik ist wichtiger als Schnelligkeit
    Die Grundübungen inklusive Anleitung per Video sind kostenlos, wer mehr will, muss zahlen. Über die App kann sich Jan auch mit anderen Leuten vergleichen. Wer macht eine bestimmte Abfolge von Übungen am schnellsten? Hier lauert für den Kölner Sportwissenschaftler Stephan Geisler eine Gefahr beim Freeletics:
    "Da geht´s tatsächlich nur gegen die Uhr und da leidet dann schon ganz gerne mal die sportliche Technik drunter. Und da gibt es auch schon die ersten international veröffentlichten Studien, die zeigen, dass die Verletzungsgefahr deutlich erhöht ist."
    Garantiert ist bei Freeletics der Muskelkater. Den hat hier fast jeder. Trotzdem machen sie immer weiter. Auch Toni. Der sogar täglich:
    "Das ist die Sucht, du fängst irgendwann an und ziehst es durch."
    Das gilt für Freeletic und für Bootcamps. Beides sind Fitnesstrainings mit Übungen, wie sie schon Turnvater Jahn im neunzehnten Jahrhundert vorgemacht hat. Dass sie mal wieder der Renner sind, ist für Fitnessexperten Stephan Geisler keine Überraschung:
    "Das ist aber in der Fitnessbranche so üblich, das sind so Wellenbewegungen, da kommen alle paar Jahre wieder alte Sachen, neu auf den Markt."