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Palliativgesetz im Kabinett
Mehr Geld für die Versorgung Sterbender

Mit dem Palliativgesetz sollen sterbenskranke Menschen in Hospizen besser versorgt werden. Patientenschützer und Opposition sind dennoch unzufrieden. Das bisher diskutierte Budget reiche nicht aus; außerdem würde die Hilfe zu einseitig auf Hospize fokussiert.

Von Stefan Maas | 29.04.2015
    Mit seinem Gesetzentwurf will Gesundheitsminister Hermann Gröhe, CDU, die Betreuung sterbender Menschen flächendeckend verbessern. Dafür sollen Ärzte besser qualifiziert werden und Kinder- und Erwachsenenhospize mehr Geld bekommen.
    Der Tagessatz für bisher unterdurchschnittlich finanzierte Hospize soll pro betreutem Versicherten um ein Viertel steigen – von derzeit rund 198 Euro auf etwa 255 Euro. Krankenkassen sollen künftig 95 statt 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten tragen. Bei den Zuschüssen für ambulante Hospizdienste sollen künftig neben den Personalkosten auch Sachkosten wie die Fahrtkosten der ehrenamtlichen Mitarbeiter berücksichtigt werden. Krankenhäuser können nach den Plänen des Gesundheitsministers Hospizdienste künftig auch in ihren Räumlichkeiten beauftragen, und die Krankenkassen würden verpflichtet, ihre Versicherten bei der Auswahl verschiedener Leistungen der Palliativ- und Hospizversorgung zu beraten.
    "Wir wollen, dass in Deutschland die Menschen, wenn sie sterbenskrank sind, in ihrer letzten Lebensphase sich darauf verlassen können, dass sie nicht allein sind, dass sie begleitet werden und gut versorgt werden", erläutert die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz. Kosten würden diese neuen Leistungen voraussichtlich zusätzlich 200 Millionen Euro im Jahr.
    Kritik am Gesetzentwurf
    "Die 200 Millionen werden nicht reichen", kritisiert Birgit Wöllert, Gesundheitspolitikerin der Linkenfraktion, im Bundestag, den Gesetzentwurf im Deutschlandfunk.
    "Es beinhaltet Weiterbildung, es beinhaltet Zuschläge für Personal, das zusätzlich eingestellt wird und geschult werden muss. Es beinhaltet Sachkosten, die finanziert werden müssen, um tatsächlich eine Sterbebegleitung und Palliativversorgung zu sichern."
    Auch Eugen Brysch, der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz ist nicht zufrieden:
    "Ich denke, ein guter Vorschlag für Hospize und für Palliativstationen und ambulante Hospizdienste. Ein sehr schlechter Vorschlag und ein sehr schlechter Tag für diejenigen, die schon heute keine Hospizversorgung in Deutschland bekommen."
    Sterbebegleitung in Pflegeheimen
    Denn der Gesetzentwurf schaue nur auf die Hospizarbeit:
    "Der allergrößte Teil der 900.000 Menschen, die jedes Jahr sterben, hat nichts von der Hospizarbeit."
    Vergessen würden vor allem diejenigen, die in einem Pflegeheim stürben. Immerhin rund 340.000 Menschen im Jahr. Mit dem geplanten Gesetz würden die Unterschiede zwischen den Sterbenden in einem Hospiz und einem Pflegeheim noch vergrößert: Damit werde ein Zweiklassen-System zementiert, moniert Brysch:
    "Offenkundig hat der Bundesgesundheitsminister nicht erkannt, dass man natürlich mit einer Versorgung mit 255 Euro am Tag, wie sie die Hospize erhalten, nicht konkurrieren kann gegenüber einem Pflegeheim, das gerade einmal ungefähr 55 Euro am Tag für die Sterbebegleitung zur Verfügung hat."
    Deshalb fordert die Stiftung Patientenschutz einen Rechtsanspruch auf professionelle Sterbebegleitung in Pflegeheimen.