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Pantha du Prince
Ritualistische Tanzmusik eines Klangforschers

Hinter dem Musik-Projekt "Pantha du Prince" steckt der 1975 geborene Hendrik Weber. Eine Zeit lang war er Bassist der Hamburger Band Stella. Heute produziert er Techno-Musik mit ätherischen Klängen. Nun erscheint nach über sechs Jahren mit "The Triad" ein neues Album.

Von Andi Hörmann | 21.05.2016
    Hendrik Weber, der Kopf von Pantha du Prince
    Hendrik Weber, der Kopf von Pantha du Prince (Pressefoto / Beggars Group)
    Im großen Schauspielhaus an den Münchner Kammerspielen knispeln Klänge über die noch leeren Sitzreihen hinweg. Die drei Musiker von Pantha du Prince vermessen am späten Nachmittag beim Soundcheck akustisch den Raum.
    "Ich bin Hendrik Weber. Man könnte sagen, ich bin künstlerischer Leiter des Projekts Pantha du Prince. Ein Projekt, das ich alleine angefangen habe und sich speist aus elektroakustischer Musik, House-Musik und im Großen und Ganzen ritualistischer Tanzmusik mit Gesang."
    Die Kompositionen von Pantha du Prince gleichen einer schamanenhaften Klangforschung, einer Reise durch Räume, einem Ziselieren der Zeit - gedehnte Atmosphären und gedrungene Rhythmen. Der Beat bounct, schiebt die Tracks voran, in diesen Variationen von Techno und House. Der Tanz, ein Ritual.
    "Es ist so ein bisschen wie auf eine Reise gehen, ohne Substanzen zu nehmen."
    Substanzen, im weitesten Sinne Drogen. Aggregatzustände aus Musik - mit Substanz, als Substanz. Fest, flüssig, gasförmig. Es ist die Klang-Atmosphäre, die berauscht und betört.
    Musik als Reise in neue Welten
    "Jede Substanz kann gegen ihren Ursprung verwendet werden. Jede Substanz kannst du gegen dich selber verwenden. Auch Musik kann zerstörerisch sein."
    Das Einpegeln der Instrumente vermittelt eine Ahnung davon, wie Hendrik Weber nach Sounds forscht. Auf dem neuen Album "The Triad", das er an diesem Abend vorstellt, taucht er in analoge Synthesizer-Welten ein, hebt Vintage-Klänge, schichtet und schiebt wolkenweiche Harmonien. In der Mitte der Bühne verkabelt er nun seine Instrumente auf einem Stehpult: Midi-Controller, Kaos-Pad, Drum-Computer und ein kleines analoges Gerät:
    "Das ist so ein Instrument, das ich immer dabei habe, mit Effekten drauf. Das klingt dann so..."
    Andi Hörmann: "Eine Kalimba?"
    "Das ist eine Kalimba. Wahrscheinlich eines der ersten Instrumente überhaupt. Jetzt hört man leider noch sehr wenig davon, weil es noch nicht geroutet ist. Ein bisschen hört man es, wenn du das Mikrofon da rein hältst..."
    "Warum entscheide ich mich für so oder so einen Klang? Wenn ich jetzt einen Streit habe, oder wenn ich einen Kaffee trinke morgens, klingt das sicherlich anders, als wenn ich einen Tee trinke. Ich glaube, dass jede Entscheidung in meinem Leben auch sich spiegelt in dem, was ich tue - vor allem wenn es um so feine, sage ich mal, ätherische Formen von kreativer Arbeit geht wie jetzt bei der Klangarbeit."
    Beim Komponieren, beim Soundcheck, beim Live-Auftritt: Am Anfang steht die Klangsuche, dazwischen wummert der Beat, und über allem schweben die Geräusch-Atmosphären. Ein klirrendes Klingklang aus Glöckchen und Glocken.
    Rituale und atmosphärische Klänge
    "Die Glocke ist einfach ein wahnsinnig widersprüchliches Gerät in sich, auch ein wahnsinnig kräftiges Gerät, aber hat eben gleichzeitig auch eine Form von Reibung in sich, aber auch eine wahnsinnige Form von Sich-fallen-lassen-Können. Ich glaube, das ist es auch, warum sie oft in spirituellen Praktiken benutzt wird, weil sie eben so durch einen durch schneidet."
    "Ritualistische Tanzmusik" nennt Hendrik Weber seine von Techno und House durchzogene Musik bei Pantha du Prince - umhüllte Beats, umschleierte Rhythmen mit außerweltlichen Harmonie-Atmosphären. Das funktioniert auch auf dem neuen Album, das ähnlich mysteriös klingt wie die alten Platten. Seine Tracks betitelt er mystisch mit "Lichterschmaus" oder "Frau im Mond, Sterne laufen".
    Und dann betritt Hendrik Weber an diesem Abend die Bühne. Schnell wird klar: Das Gesamtkunstwerk Pantha du Prince reicht von den Kompositionen bis zu den Kostümen. Die drei Musiker tragen kimonoartige Gewänder und Parabol-Spiegel auf der Stirn.
    Der Geist von Sun Ra. Ein Konzert wie vom anderen Stern. Oder doch nur Seelenschau für Musiker und tanzendes Publikum? Dass hier aber mal niemand an abgedroschene Klischee-Begriffe wie esoterisch oder hippiemäßig denkt. Das mag er nicht, der Künstler, der intellektuelle Musiker Hendrik Weber.
    "Was heißt hippiemäßig? Ihr habt immer so Worte, aber ihr könnt nie sagen, was das ist. Das ist philosophisch, was ich sage, das hat nichts mit Hippietum zu tun. Es hat was damit zu tun, dass man sich Gedanken macht und reflektiert über die eigene Existenz. Und das machen die meisten Leute nicht. Und das sind immer gleich Hippies oder Esoteriker. Aber Esoteriker ist totaler Quatsch, das ist die Reise nach Innen und du bist eben im Außen."