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Panzer nach Katar
Bundesregierung verteidigt Lieferung

Trotz erheblicher Bedenken von Vize-Kanzler Sigmar Gabriel hat die Bundesregierung die Lieferung von Kampfpanzern in das am Jemen-Konflikt beteiligte Golfemirat Katar genehmigt. SPD-Chef Gabriel hält die Entscheidung für problematisch, kann sich aber nicht durchsetzen.

Von Klaus Remme | 23.10.2015
    Ein Kampfpanzer Leopard 2 A7+ der Firma KMW (Foto vom September 2010).
    Ein Kampfpanzer Leopard 2 A7+ der Firma KMW (Foto vom September 2010). (picture alliance / dpa / Clemens Niesner )
    Kampfpanzer nach Katar, noch dazu während im Jemen gekämpft wird und Katar mit Bodentruppen beteiligt ist, das passt so gar nicht zum Anspruch einer restriktiven Rüstungsexportpolitik, so wie Sigmar Gabriel, der zuständige Minister, das für sich in Anspruch nimmt. Hier Gabriel in einer Grundsatzrede im vergangenen Jahr:
    "Die vielfach nachgefragte Lieferung von Kampfpanzern Leopard in den arabischen Raum darf deshalb gerade nicht unter wirtschaftspolitischen Interessen entschieden werden, sondern auf der Grundlage einer solch differenzierten außen- und sicherheitspolitischen Analyse. Ich komme bei dieser Analyse zu dem Ergebnis, dass sich die Lieferung dieses Waffensystems nicht rechtfertigen ließe."
    Tja, und dennoch kommt es nun genau dazu. 2013 hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung den Milliardenauftrag für Leopard2-Panzer und Haubitzen genehmigt, jetzt stand vor der Ausfuhr die abschließende Genehmigung an und es zeigt sich, was unter Schwarz-Gelb ging, geht auch unter Schwarz-Rot. Eine Regierungssprecherin verwies heute auf positive Einflüsse Katars, humanitäre Lieferungen in den Jemen, Unterstützung der Anti-IS-Koalition:
    "Vor diesem Hintergrund und vor Einschätzung dieser Lage in der Region es eben nach Einschätzung des Bundeskanzleramtes durchaus vertretbar ist diese Lieferung, die eben genehmigt worden ist 2013 ursprünglich auch jetzt durchzuführen wie geplant."
    Diese Lieferungen sind politisch gewollt
    Tatsächlich gibt es aber wohl unterschiedliche Einschätzungen innerhalb der Bundesregierung. Vize-Kanzler Gabriel hat noch immer Bauchschmerzen, wenn es um diese Panzer nach Katar geht, er soll auch kurz vor der entscheidenden Genehmigung noch versucht haben, diesen Deal zu kippen. Eine Sprecherin seines Ministeriums heute Vormittag in Berlin:
    "Es ist tatsächlich so, dass er auch diese Lieferung problematisch eingestuft hat. Es wurde noch mal geprüft innerhalb der Bundesregierung mit den beteiligten Partnern und insgesamt kam man dann als Ergebnis bei dieser Überprüfung zu der Einschätzung, dass diese Genehmigung nicht widerrufen werden kann."
    Nicht widerrufen werden kann? Man hätte schon können, das ging vor einigen Monaten bei Waffengeschäften mit Russland auch, möglicherweise verbunden mit empfindlichen Kosten, denn durch die erste Genehmigung 2013 hätte der Hersteller vermutlich Schadensersatzforderungen gestellt. Wichtiger scheint jedoch, dass sich Gabriel mit seiner Skepsis im Kabinett nicht durchgesetzt hat. Diese Lieferungen sind politisch gewollt, hier die Bewertung des Auswärtigen Amts:
    "Ich kann Ihnen sagen, dass die Entscheidung aus unserer Sicht okay ist, wenn wir sicherstellen können, dass diese Waffen nicht in den aktuellen Kampfhandlungen etwa im Jemen zum Einsatz kommen können und zum Einsatz kommen werden."
    "Nicht wie ein Kühlschrank"
    Martin Schäfer war das, der Sprecher von Frank-Walter Steinmeier. Er sei zuversichtlich, dass man entsprechende Zusicherungen bekomme. Wie die aussehen sollen?
    "Indem ein dafür legitimierter, mit Prokura versehener Vertreter der Regierung von Katar das der Bundesregierung so mitteilt und übermittelt."
    Außerdem, so erläuterte der Sprecher weiter:
    "So ein Panzer ist ja nicht wie ein Kühlschrank, wo man den Stecker vom Kühlschrank in die Steckdose steckt und schon läuft der Kühlschrank. Sondern das sind hochdifferenzierte Produkte, die ein optimales Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine erforderlich machen."
    Bis das soweit sei, werde doch aller Voraussicht nach im Jemen nicht mehr so gekämpft, wie das momentan der Fall sei. Beruhigungsversuche, die die Opposition sicher nicht überzeugen. Aus Sicht der Grünen ist der Panzer Deal so wörtlich "absolut verantwortungslos und sicherheitspolitisch wahnwitzig". Falls Gabriel die Lieferung nicht aufhalte, begehe er Wortbruch, so die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger.