Berliner Raubkunst-Konferenz

Kunstexperte: "Keine Wege in die Zukunft aufgezeigt"

26.11.2018, Berlin: Monika Grütters (CDU, r), Kulturstaatsministerin, und Stuart Eizenstat, Sonderberater des US-Außenministeriums, nehmen an der Internationalen Fachkonferenz zum Umgang mit NS-Raubkunst teil und unterschreiben eine gemeinsame Erklärung über die Umsetzung der Washingtoner Prinzipien von 1998. 20 Jahre nach Verabschiedung der sogenannten Washingtoner Prinzipien wollen Fachleute aus aller Welt erneut diskutieren, wie man zu fairen und gerechten Lösungen kommen kann. Foto: Wolfgang Kumm/dpa | Verwendung weltweit
Stuart Eizenstat, Sonderberater des US-Außenministeriums für Holocaust-Fragen, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Internationalen Fachkonferenz zum Umgang mit NS-Raubkunst. © dpa
Stefan Koldehoff im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 28.11.2018
Eine Tagung in Berlin hat die vor 20 Jahren verabschiedeten Washingtoner Prinzipien zur NS-Raubkunst erneuert. Unser Kunstexperte Stefan Koldehoff hat die Konferenz beobachtet und viele Versäumnisse der Veranstalter festgestellt.
Die "Wege in die Zukunft", die das Motto der Berliner Raubkunst-Konferenz waren, habe er ein bisschen vermisst, sagt unser Kunstexperte Stefan Koldehoff.
"Es war sehr viel Rückblick, sehr viel Schulterklopfen, sehr viel Lob. Nicht Eigenlob, sondern durchaus Lob aus dem Ausland, dass in Deutschland in den letzten 20 Jahren eine ganze Menge passiert sei. Nur die Fragen, die in die Zukunft gerichtet sind, wie geht es denn jetzt weiter, welche Fragen stellen sich nach wie vor, die sind bestenfalls thematisiert worden, aber ohne Wege aufzuzeigen."

Washingtoner Prinzipien berühren Privatsammlungen nicht

Eines dieser Probleme sei die Zielsetzung der Washingtoner Prinzipien, die sich an öffentliche Museen und nicht an Privatsammlungen richten, so Koldehoff.
"Auf den sogenannten Judenaktionen zwischen 1933 und 1945 haben nicht nur Museumsdirektoren, sondern auch Privatleute eingekauft. Und natürlich hängen diese Bilder noch bei diesen Familien." In diesen Fällen gäbe es oft rechtliche Hemmnisse, die Verjährung und die Ersitzung. Unter gewissen Umständen könne man sich in Deutschland dadurch den rechtmäßigen Besitz eines Kunstwerks sichern.
Ein anderes Hemmnis bestünde in den Fällen, in denen ein Kunstwerk schon mehrfach den Besitzer gewechselt habe, über drei Galerien, mehrere Auktionen und Vorbesitzer, und man davon ausgehen müsse, dass der jetzige Besitzer nicht mehr wissen könne, dass es sich um Raubkunst handele. Ein sehr interessanter Ansatz, wie man an solche Bilder herankommen könnte, sei die Idee von Rainer Stamm, dem Direktor des Niedersächsischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg. Der böte Bürgerinnen und Bürgern nämlich an:
"Wenn ihr was zuhause habt, von dem ihr wisst, dass es in dieser Zeit angekauft wurde, aber nicht wisst in welchen Zusammenhängen, dann forschen wir gerne nach."

Finanzielle Anreize für Privatsammler

Eine weitere Möglichkeit wäre finanzielle Anreize zu schaffen, sagt Koldehoff, indem man nämlich privaten Sammlern anböte, wenigstens einen Teil des Marktwerts des betreffenden Kunstwerks zu kompensieren. Das seien aber nur Appelle. "Da wäre es schön gewesen, wenn man da konkrete Wege aufgezeigt hätte, wenn man unter Juristen und Fachleuten aus Museen diskutiert hätte, was konkret denkbar wäre."
Es sei außerdem sehr traurig, dass aus den "östlichen Reichsprotektoraten" im heutigen Polen und Tschechien keinerlei Referenten eingeladen waren, obwohl dort auch Kunstwerke geraubt worden seien. "Das ist ein Versäumnis der Veranstalter, genauso wie man den freien Provenienzforschern, die nicht an Museen angedockt sind, Sitz und Stimme auf dem Podium hätte geben müssen."
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