Zweiter Frühling

"So richtig verliebt, gibt es kein Halten mehr"

Ein Pärchen sitzt am 27.03.2014 in Passau (Bayern) auf einer Bank am Innufer.
Ein Pärchen sitzt auf einer Bank am Innufer. © dpa / Armin Weigel
Von Felicitas Boeselager · 19.03.2016
In der Mitte des Lebens wie auf Wolken laufen und sich unbesiegbar fühlen. Oder die Firma verkaufen, wegziehen, etwas Neues gründen und den Duft der Freiheit atmen. Wir haben einen Mann und eine Frau getroffen, die ihren zweiten Frühling erleben.
Unsere Autorin Felicitas Boeselager traf eine Frau und einen Mann in den mittleren Jahren und hat sie die Geschichte ihres zweiten Frühlings erzählen lassen.

"Diese Geschichte ist die Geschichte eines Traumes, der in Erfüllung gegangen ist. Zu Beginn des letzten Jahres, ich habe in Hinterbichel in Osttirol eine Wildkräuterschule eröffnet."
"Mein zweiter Frühling, mein zweiter Frühling war, dass ich nach meinem 50. Geburtstag eine neue Frau kennengelernt habe und mich in sie verliebt habe."

"Früher ist mir ganz vieles verloren gegangen"

"Ich hatte einen ersten Frühling, ja, aber der ist natürlich schon sehr lange her und ich habe jetzt einen zweiten Frühling, das würde ich am liebsten sagen. Der zweite Frühling fühlt sich so stark an, dass ich wieder ein ganz ausgefülltes, positives Leben habe, wo ich ganz viele Möglichkeiten habe, die ich selbst wählen kann, wo ich selbst bestimmen kann. Die mir sehr viel bedeuten, die mich aber auch mit sehr vielen Menschen zusammen bringt und wo ich jetzt so viel gewinne, wo ich manchmal auch heute das Gefühl habe, da ist mir früher ganz vieles verloren gegangen."
"Es ist nicht so, dass man nur gewinnt, man verliert auch einiges an Vertrautem, es gibt dann natürlich auch Freunde von denen man sich verabschieden muss, die wollen dann nichts mehr mit einem zu tun haben, bzw. sind solidarisch mit dem ehemaligen Partner, aber man lernt dadurch auch neue Leute kennen. Durch die Freundin dann in dem Fall, jetzt heute ist es meine Frau, hab ich auch sehr viele spannende, liebe Menschen kennen gelernt. Ein absoluter Gewinn für mein Leben und auch völlig neue Sichten bekommen, andere Berufe kennen gelernt."

Nach dem Tod des Mannes in ein tiefes Loch gefallen

"Ich habe zwanzig Jahr lang mit meinem Mann Karl-Heinz zusammen gelebt, wir wollten diesen Traum Wildkräuter auch gemeinsam realisieren, wenn ich dann 65 werde, mein Mann ist dann im Dezember 2011 verstorben und ich bin dann erstmal in ein sehr tiefes Loch gefallen."
"Das hab ich erst im Nachhinein gemerkt, festgefahren, ich hatte eine wirklich gute Beziehung, die über 17 Jahre, so also ich hab jetzt die Jahre noch mitgerechnet, das Trennungsjahr, und die beiden Jahre davor, also man kann schon sagen 17 Jahre waren wir zusammen und das war ‘ne wirklich gute Zeit. Und ich hätte nicht gedacht, dass mir sowas nochmal passiert."
"Das war für uns alle, auch vor allen Dingen für meine Freunde auch nochmal ein ganz wichtiger, positiver Moment, weil mir dadurch auch was wieder gegeben wurde, was ich vorher halt durch viele Tränen verloren hatte. Und es ist für alle meine Freunde und Bekannte wirklich eine große Freude, dass ich das jetzt so mache und dass ich es auch wirklich so gut getroffen habe."

"Sag mal, bist Du verrückt?"

"Man sagt sich, ich muss jetzt gehen, ich kann nicht anders, auch wenn alle anderen sagen, sag mal bist Du verrückt? Du bist ‘n alter Sack und genieß doch was du hast. Du wirst nie alles haben, was Du gerne haben möchtest und es wird auch in dieser neuen Beziehung wieder Fehlstellen, Leerstellen geben. Aber das war irgendwie so ein Punkt, ich musste es halt tun, so richtig verliebt, gibt es kein Halten mehr."
"Ich kann einfach mal, wenn ich ein Ortsschild sehe und über die Autobahn fahre und denke da wolltest Du immer schon mal hin. Dann fahre ich raus und dann bin ich einfach da und genieße was ich jetzt einfach nutzen kann, was mir früher meine Zeit einfach nicht gegönnt hat."
"Auf alle Fälle hatte ich bessere Laune, und ich glaub, ich war für meine Umwelt auch erträglicher, und ich hab mir zumindest eingebildet, dass mir die Arbeit leichter von der Hand ging. Man hat mir angesehen, dass es mir gut ging, dass ich häufiger gelacht habe, Witze gemacht habe, ausgeglichener war, obwohl ich vielleicht eigentlich weniger geschlafen habe als vorher, weil es natürlich aufregend war und man wollte viel erleben und viel Zeit miteinander verbringen und da war schlafen eher nebensächlich."
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