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Papst in Zentralafrikanischer Republik
Besuch mitten im Bürgerkrieg

Bangui, die Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, ist im Ausnahmezustand. Allerdings nicht nur wegen des Papstbesuchs. Denn in dem Land herrscht Bürgerkrieg, bei dem sich christlich nennende Milizen muslimische Mitbürger massakrieren, was dann wiederum zu Racheakten führt. Der Papst setzt dagegen ein Zeichen und will dem Land neue Hoffnung geben.

Von Jan-Christoph Kitzler | 29.11.2015
    Papst Franziskus bei dem Besuch eines Flüchtlingscamps in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik.
    Papst Franziskus bei dem Besuch eines Flüchtlingscamps in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. (AFP PHOTO / GIUSEPPE CACACE)
    Ein eher leiser Empfang ist das auf dem Flughafen von Bangui: Ein Kinderchor singt, begleitet von einer Blaskapelle, die Nationalhymne. Das Gelände ist von schwerbewachten Blauhelmsoldaten streng abgesichert. Viele Menschen sind nicht vorgelassen worden. Aber Jaucaste Lengama, eine sehr energische Frau, arbeitet hier und lässt es sich nicht nehmen, den Papst zu sehen. Sie spricht die Hoffnungen einer ganzen Nation aus:
    "Das ist ein großer Tag für jeden, der ihn erlebt. Und wir wissen, dass sich hier alles ändern muss. Deshalb bin ich hier. Denn es ist ja so, dass da ein Mann Gottes kommt, um das Schicksal der Zentralafrikanischen Republik zu ändern. Wir wissen: Er ist für diesen Wandel gekommen."
    Bangui, die Hauptstadt, ist im Ausnahmezustand. 2013 ist neue Gewalt ausgebrochen, erst vor wenigen Wochen, bei Unruhen im Oktober, hat es wieder heftige Konfrontationen gegeben, mit 80 Toten und rund 400 Verletzten. Dieudonné Nzapalainga, der Erzbischof on Bangui hat damals die Lage geschildert, an der sich bis heute, auch trotz des Papstbesuches, nichts geändert hat:
    "Ich habe viele Tote gesehen, viele Menschen, die leiden - oft Unschuldige, die mit diesem Krieg nichts zu tun haben. Da ist Hass, Rache und das vergiftet und schürt die Gewalt. Wir verurteilen das und denken, dass wir so keinen sozialen Zusammenhalt aufbauen, keinen Frieden schaffen können. Momentan sitzen wir auf einem Pulverfass. Die Leute haben Waffen an ihren Gürteln hängen, und sind bereit, sie bei jedem Anlass zu benutzen."
    Höchste Sicherheitsauflagen für den Besuch
    Ein Papstbesuch unter höchsten Sicherheitsauflagen. Bangui gleicht einer Festung. An Bord des Papstfliegers sagte der Chef der Päpstlichen Gendarmerie, dank der Franzosen könne man gut schlafen, denn zusätzlich zu den fast 3.000 Blauhelmsoldaten sind auch noch hunderte Französische Spezialkräfte in der Stadt. Aber so richtig beruhigt ist man nicht. Leibwächter des Papstes aus dem Vatikan mit kugelsicherer Weste hat man lange nicht gesehen. Franco Copola, der Apostolische Nuntius in Bangui, hat vor dem Papstbesuch versucht, die Erwartungen zu dämpfen:
    "Der Papst kommt nicht mit einem Zauberstab. Er kann nur das tun, was er immer macht. Er schafft Bewusstsein und mobilisiert guten Willen. Ganz allgemein bleiben die moderaten, guten Leute ruhig, sie haben Angst vor der Gewalt. Der Papst gibt denen, die den Frieden lieben, die Gelegenheit, rauszukommen, gehört zu werden und zusammen den Weg in Richtung Frieden zu beginnen."
    Und trotz der vielen Soldaten, trotz der abgesperrten Stadt: Die Menschen aus Bangui lassen es sich nicht nehmen, den Papst zu begrüßen. Tausende stehen an den Straßen.
    Dass der Papst in das Bürgerkriegsgebiet gereist ist, ist schon ein großes Zeichen – aber er will auch etwas tun für den Dialog zwischen den Religionen. 120.000 Muslime haben mal in Bangui gelebt. Nach der jüngsten Gewalt von Milizen, die sich christlich nennen, sollen es inzwischen nur noch rund 15.000 sein. Jeder fünfte Bewohner der Zentralafrikanischen Republik ist UN-Schätzungen zufolge auf der Flucht. Auch deshalb will Franziskus morgen demonstrativ die Hauptmoschee im muslimischen Viertel besuchen, das inzwischen eine Geisterstadt ist. Der Imam Ahmadou Moussa Naibi hat ebenfalls große Hoffnung:
    "Der Papst kommt zu allen Zentralafrikanern. Und wir warten darauf, seine Botschaft zu hören. Wir Muslime haben eine Redensart: Der Arzt kümmert sich um dich, aber es ist Gott, der dich heilt. Also wird der Papst predigen, uns Ratschläge geben – und Gott wird sich um den Rest kümmern."
    Den Menschen im drittärmsten Land der Erde, mitten im Bürgerkrieg, bleibt nur die Hoffnung. Und Papst Franziskus gibt dieser Hoffnung mit seinem Besuch neue Nahrung.