Freitag, 19. April 2024

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Paradise Papers
"Wettbewerb zwischen Staaten begünstigt Steuertricks"

Die "Paradise Papers" haben enthüllt, was Konzerne und Reiche alles tun, um Steuern zu vermeiden. Deutschland allein könne das Problem nicht in den Griff kriegen, sagte der Finanzwissenschaftler Aloys Prinz im Dlf. "Länder stehen in einem weltweiten Wettbewerb, um Steuerzahler anzuziehen."

Aloys Prinz im Gespräch mit Kathrin Hondl | 12.11.2017
    Eine Hand auf einem Tablet - auf dem Dislplay steht "Paradise Papers"
    Die Enthüllungen der "Paradise Papers" legten die Steuertricks zahlreicher Prominenter und Politiker offen. (MAXPPP / dpa / Jean-François Fre)
    "Die Enthüllungen sind nicht besonders aufsehenerregend für mich, weil die Geschichten schon ziemlich alt sind", sagte der Finanzwissenschaftler Aloys Prinz im Deutschlandfunk.
    Es sei schon lange bekannt, dass Reiche und große Popbands die existierenden steuerrechtlichen Regelungen zwischen den Ländern nutzen, um ihre Einkommen dort zu versteuern, wo sie es deutlich billiger bekommen, als im eigenen Land, sagte der Wirtschaftswissenschaftler der Universität Münster.
    Neue Maßnahmen nach den Veröffentlichungen der Panama Papers
    Seit der Veröffentlichung der Panama Papers im April 2016 seien in Deutschland ein paar wirkungsvolle Maßnahmen angegangen worden, stellte Prinz heraus. So könnte mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz vom Juni 2017 das Problem der Briefkastenfirmen bearbeitet werden. Außerdem könnten die Finanzinstitute in die Haftung genommen werden, wenn sie durch Verschweigen dazu beigetragen haben, dass Steuern vermieden wurden.
    In der ganzen Angelegenheit um Steuertricks und Steuervermeidung würden zwei Sachen zusammen kommen, der Wunsch von sehr reichen Personen und Unternehmen ihre Steuerschuld zu minimieren und auf der anderen Seite der Wettbewerb zwischen Staaten um Steuerzahler anzulocken, sagte der Leiter des Instituts für Finanzwissensschaften.
    Steuerwettbewerb zwischen Ländern
    Länder würden Unternehmen deswegen aktiv Angebote machen, sagte Prinz, um solche Konstruktionen zustande zu bringen, damit die Firmen dann später in ihren Ländern ihren Sitz beziehen.
    Um die ganze Problematik in den Griff zu kriegen, sei man im gesamten globalen Wettbewerb, ziemlich auf sich allein gestellt. "Sehr viel können wir in Deutschland nicht mehr alleine tun. Was machen wir, wenn Unternehmen abwandern? Dann sind sie für den deutschen Fiskus nicht mehr erreichbar. Steuerwettbewerb heißt auch, dass ganze Unternehmen wegziehen, wenn die Besteuerung zu hoch wird", sagte Prinz.
    Reiche seien in diesem Modell gegenüber Normalbürgern extrem bevorteilt. "Je reicher Personen sind und je mehr ihr Einkommen aus Kapitaleinkünfte besteht, desto einfacher ist es, die Einkünfte in andere Staaten zu verlegen. Das haben wir als Normalbürger einfach nicht zur Verfügung. Die Anderen können sich im Halbschatten aufhalten."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.