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Paraguay
Ein Toter bei Krawallen im Parlament

Bei wütenden Protesten gegen eine geplante Verfassungsreform in Paraguay ist ein Oppositionsaktivist getötet worden. Gegner von Präsident Horacio Cartes sprechen von einem Staatsstreich.

Von Ivo Marusczyk | 01.04.2017
    Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Asuncion
    Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in Asuncion (picture alliance / dpa / Jorge Saenz)
    Eine Demonstration gegen Präsident Cartes ist in Gewalt umgeschlagen. Demonstranten schlugen die Scheiben des Kongressgebäudes in Asunción, der Hauptstadt von Paraguay ein, drangen in das Parlamentsgebäude ein und legten Feuer. Die Brände konnten schnell gelöscht werden, die Polizei drängte die Demonstranten mit Gummigeschossen und Wasserwerfern zurück. Dabei wurden rund 30 Menschen verletzt, auch mehrere Abgeordnete der Opposition. Die Gewalt war damit aber noch nicht zu Ende. Die wütende Menge zündete Autos an, verwüstete Geschäfte, es kam auch zu Plünderungen im Parlamentsgebäude.
    Später wurde dann ein junger Mann von der Polizei getötet. Auf der Suche nach den Rädelsführern der Proteste drangen Polizisten in die Zentrale der liberalen Partei ein und erschossen den Anführer einer Nachwuchs-Organisation der Partei. Dazu Parteichef Efraín Alegre: "So etwas hätte nicht einmal Stroessner gemacht. Einfach das Feuer zu eröffnen. Derart brutal vorzugehen. Was da passiert ist, ist eine Tragödie."
    Streit um eine zweite Amtszeit von Präsident Horacio Cartes
    Stroessner war der deutschstämmige langjährige Diktator, der Paraguay 35 Jahre lang bis 1989 beherrschte. Nach dieser Erfahrung wurde in der Verfassung Paraguays festgelegt, dass der Präsident nur eine Amtsperiode regieren darf und dass eine Wiederwahl ausgeschlossen ist. Allerdings hat jetzt Präsident Horacio Cartes Gefallen an seinem Amt gefunden, er möchte nächstes Jahr noch einmal antreten. Deshalb haben seine Anhänger von der Colorado-Partei eine Verfassungsänderung auf den Weg gebracht, die ihm eine Wiederwahl erlauben soll. Der Senat hat das Gesetz sogar schon beschlossen, allerdings nicht im Rahmen einer normalen, öffentlichen Sitzung. Die Senatoren der Colorado-Partei haben das Gesetz bei einer Geheimsitzung in einem Hinterzimmer auf den Weg gebracht. Der präsidententreue Senator Carlos Filizzola verteidigt dieses Vorgehen:
    "Wir haben nichts außerhalb des Rahmens der Gesetze und der Verfassung gemacht. Ich sage es noch einmal: Die Sitzung, die wir abgehalten haben. Die Sitzung, die wir mit 25 Senatoren abgehalten haben, erfüllt alle Voraussetzungen unserer Geschäftsordnung."
    Parlamentspräsident Roberto Acevedo widerspricht dieser Darstellung - seine liberale Oppositionspartei spricht von einem Staatsstreich und rief zu Protesten in Asunción auf. Am Samstag sollte auch die zweite Kammer dem Gesetz zustimmen, nach den Krawallen wurde diese Abstimmung vertagt.