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Paralympics
Augen zu und durch

Am Freitag beginnen die Paralympics, die Weltspiele der Behinderten, mit 600 Teilnehmern aus 45 Ländern. Sotschi ist weniger als 500 Kilometer von der ukrainischen Halbinsel Krim entfernt, wo sich durch die drohende Invasion des russischen Militärs eine Destabilisierung Europas abzeichnet. Wie reagiert das Internationale Paralympische Komitee auf diese Krise?

Von Ronny Blaschke | 04.03.2014
    Eine Goldmedaille der Paralympics 2014 in Sotschi.
    Eine Goldmedaille der Paralympics 2014 in Sotschi. (picture alliance / dpa / Igor Russak)
    Anfang der Woche verschickte das Internationale Paralympische Komitee, das IPC, eine Pressemitteilung. Darin lobt der Präsident des Komitees, Philip Craven, die Helfer in Sotschi. Das IPC wolle für die Sportler die "besten Winter-Paralympics aller Zeiten organisieren". Auch den militärischen Akt Russlands auf der Krim möchte Craven nicht unerwähnt lassen: "Wir sind uns bewusst, was sich woanders abspielt, aber wir überlassen die Weltpolitik den Politikern." Das Wort Ukraine erwähnt er nicht.
    Die Verdienste des Briten Philip Craven sind hoch, doch mit dieser Argumentation folgt er der Haltung von Thomas Bach, dem deutschen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees. Bach hatte vor und während Olympia in Sotschi kein kritisches Wort zu den Menschenrechtsverletzungen in Russland abgegeben.
    Der zweite Teil von Putins Sportpropaganda
    Mit dem militärischen Vorstoß Putins erreicht die Entwicklung eine neue Stufe. Millionen Menschen äußern in der Ukraine ihre Angst vor einem Krieg. Und wenige Autostunden entfernt beschwört Philip Craven die Kraft des Behindertensports. Die ersten Paralympics in Russland, wo Menschen mit Behinderung seit Jahrzehnten ausgegrenzt werden, seien laut Craven eine "große Errungenschaft". Craven wertet damit die Politik Putins indirekt auf. Nach den beeindruckenden Paralympics in Vancouver 2010 und London 2012 kann das seiner Bewegung viel Glaubwürdigkeit kosten.
    Das Paralympische Komitee Russlands wurde 1995 gegründet. Sein Präsident ist Wladimir Lukin, ein Vertrauter Putins und Beauftragter für Menschenrechtsfragen. Lukin stellt den russischen Goldmedaillen-Gewinnern eine Prämie von vier Millionen Rubel in Aussicht, 81000 Euro. Deutsche Gewinner würden ein Viertel erhalten. Angeblich sollen tausende Russen mit einer Behinderung für Sport gesichtet worden sein. Die Paralympics sind der zweite Teil von Putins Sportpropaganda. Ob Philip Craven bei der Eröffnungsfeier am Freitag dafür die passenden Worte finden wird, ist zu bezweifeln.