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Landtagswahl
Kopf-an-Kopf-Rennen in Schleswig-Holstein

An diesem Sonntag wählen die Schleswig-Holsteiner einen neuen Landtag. Aus einem lange dahin dümpelnden Wahlkampf ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen geworden. Das liegt nicht zuletzt am CDU-Kandidaten Daniel Günther. Er hat sich vom Parteisoldaten zum angriffslustigen Herausforderer von SPD-Amtsinhaber Torsten Albig entwickelt.

Von Johannes Kulms | 05.05.2017
    Der schleswig-holsteinische CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Daniel Günther, gibt am 03.05.2017 in Kiel eine Pressekonferenz. Hier wurde eine erste Bilanz zum laufenden Wahlkampf für die Landtagswahl am 07.05.2017 gezogen.
    Erste Bilanz zum laufenden Wahlkampf: Der schleswig-holsteinische CDU-Spitzenkandidat, Daniel Günther, am 03.05.2017 auf einer Pressekonferenz in Kiel. (dpa/Carsten Rehder)
    Die Schleswig-holsteinische CDU lädt häufig zur Pressekonferenz in das Lokal mit angeschlossener Badeanstalt. Die Räumlichkeiten ruhen auf einem Steg, der in die Kieler Förde hineinreicht. Hier wird die CDU am Sonntag ihre Wahlparty feiern. Und das natürlich am liebsten mit einem Sieg für den Spitzenkandidaten Daniel Günther.
    Doch noch ist es nicht so weit, noch hat die SPD die Macht und jetzt ist sie es, die die Medien in das Lokal geladen hat. Auf zwei Hockern mit dem Rücken zur Ostsee sitzen der Landesvorsitzende Ralf Stegner und Torsten Albig – Schleswig-Holsteins Ministerpräsident. Stegner beginnt.
    "Wir wollen, dass Torsten Albig Ministerpräsident bleibt, der ja die Regierung, die ja immerhin eine Einstimmen-Mehrheit nur war mit einer Drei-Parteien-Koalition, fünf Jahre so gesteuert hat, dass ohne Zweifel das, was wir versprochen haben, gehalten worden ist."
    SPD-Landespartei-Chef Ralf Stegner will 35 Prozent für die SPD
    Wenn es ein Gesicht gibt, dass die Leute mit der SPD im Norden verbinden, dann dürfte es wohl eher das von Ralf Stegner sein als das von Torsten Albig. Die Opposition lästert gerne, dass in Wirklichkeit der angriffslustige und nie um ein Interview verlegene Stegner in Kiel regiere – und nicht der Ministerpräsident.
    Doch bei der Frage danach, ob er im Wahlkampf zu wenig in Erscheinung getreten sei und damit womöglich seine Wiederwahl scheitern könnte, gibt sich Albig selbstbewusst.
    "Da er ja sehr in Erscheinung getreten ist, wird das ja nicht passieren."
    Mindestens 35 Prozent werde die SPD am Sonntag holen, so die Prognose des 53-Jährigen. Eine durchaus gewagte Ansage. Schließlich liegt die SPD in den Umfragen seit Wochen bei rund 30 Prozent. Doch die CDU hat aufgeholt – und sich in der letzten Woche erstmals in diesem Jahr knapp vor die SPD geschoben.
    Das, was im letzten Herbst bei der CDU noch nach einem Scherbenhaufen aussah, könnte sich im Nachhinein als Glücksfall für die Partei entpuppen. Ende Oktober hatte der damalige Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Ingbert Liebing überraschend hingeworfen. Zum fünften Mal binnen fünf Jahren brauchte die Partei einen neuen Chef. Sein Nachfolger wurde Daniel Günther, der bis dahin die Fraktion geführt hatte.
    Spannender Wahlkampf mit CDU-Parteisoldat Daniel Günther
    "Dass wir die glücklichsten Menschen in diesem Land haben, das ist ja auch nicht zu bestreiten. Aber es geht einfach darum, dass wir die Chancen Schleswig-Holsteins in den nächsten fünf Jahren besser nutzen."
    Es spricht vieles dafür, dass der 43-Jährige seine Chance zu nutzen weiß, auch wenn ihn längst nicht alle der knapp 20 oder 30 Neugierigen kennen dürften, die sich da auf dem Supermarktparkplatz in Itzehoe versammelt haben.
    Daniel Günther ist ein Strippenzieher, man könnte auch sagen, Parteisoldat. Sein ganzes Leben hat er im Norden verbracht, bis auf eine kleine Unterbrechung immer für die CDU gearbeitet und Politik gemacht. Kritiker sagen, Günther verspreche nicht nur viel, sondern zu viel. Für Aufsehen gesorgt hat er mit dem überraschenden Vorstoß zum G9 zurückzukehren, dem Abitur nach 13 Jahren. Dass sich das Thema durchaus zum Trommeln eignet, bescheinigt ihm selbst der politischen Gegner.
    Es dürfte durchaus der Angriffslust von Daniel Günther zu verdanken sein, dass der lange eher dahin plätschernde Wahlkampf ohne große Aufregerthemen auf der Zielgraden noch mal richtig spannend wird.
    Landeschef Torsten Albig setzt auf seinen Bonus als Amtsinhaber
    Torsten Albig dagegen setzt im Wahlkampf auf seinen Bonus als Amtsinhaber. Bei seinen Versprechen zur Familienpolitik, Kinderbetreuung oder Infrastrukturvorhaben lehnt er sich weniger weit aus dem Fenster als sein junger Herausforderer. Hat er Daniel Günther unterschätzt?
    "Ich unterschätze die CDU überhaupt nie, weil das ist eigentlich ein Land, in dem die CDU immer die Wahlen gewinnen müssten, wenn sie gut aufgestellt sind, weil es ein konservatives Land ist. Und wir als Sozialdemokraten oder als Progressive immer hart kämpfen müssen, um das hinzubekommen."
    Mögliche Koalitionen
    Und so läuft es wie auch schon 2012 auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hinaus. Albig hofft, dass seine in den letzten fünf Jahren ziemlich geräuschlos und konfliktfrei regierende Küstenkoalition erneut eine Mehrheit bekommt. Dem Dreierbündnis gehören neben SPD und Grünen auch der Südschleswigsche Wählerverband an – die Partei der dänischen und friesischen Minderheit.
    Der CDU-Herausforderer setzt dagegen auf ein Jamaika-Bündnis – eine Koalition aus FDP und Grünen. Die Öko-Partei sträubt sich öffentlich davor, hat Jamaika aber auch nicht ausgeschlossen. Doch auch eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP wäre denkbar – ebenso wie die im Norden so unbeliebte Große Koalition. Fragt sich nur: Unter welcher Führung?