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Parlamentswahl in Kambodscha
Ein Autokrat klammert sich an die Macht

Er löste die größte Oppositionspartei auf, sperrte Gegner weg und hat unabhängige Zeitungen und Radiosender geschlossen, um seine Macht in Kambodscha für eine weitere Amtszeit zu sichern. Und wie es aussieht, hat der seit 33 Jahren regierenden Premierminister Hun Sen damit Erfolg.

Von Albrecht Breitschuh | 28.07.2018
    Der kambodschanische Premierminister Hun Sen (vorne links) posiert mit einem Anhänger für ein Selfie in Phnom Penh
    Geldgeschenke verteilen und Selfies machen: Der kambodschanische Premierminister Hun Sen führt den Wahlkampf eines Autokraten (dpa / MAXPPP)
    Es ist Wahlkampf in Kambodscha und auch wenn er sich um den Ausgang der Wahlen so gar keine Sorgen machen muss, fährt Ministerpräsident Hun Sen trotzdem durchs Land. Volksnah gibt er sich und trifft natürlich nur auf jubelnde Anhänger. Alles ist wohl organisiert, die Bilder stimmen. Auch in einer Schuhfabrik, in der Nähe der Hauptstadt Phnom Penh, die Sportschuhe der Marke Asics herstellt, scheint Hun Sen Begeisterung auszulösen, als er in die Menge ruft: "Ich werde alles dafür tun, um noch mindestens zehn Jahre Ministerpräsident zu sein." Ein Zitat, über das man eigentlich Lachen müsste, wenn es nicht so traurig wäre.
    Oppositionspartei CNRP aufgelöst
    Seit über 30 Jahren regiert Hun Sen, früher Angehöriger der mörderischen Roten Khmer, Kambodscha. Und für den Machterhalt hat er tatsächlich schon eine ganze Menge getan. Die größte Oppositionspartei des Landes die CNRP hat er im letzten Jahr auflösen lassen. Halbwegs unabhängige Zeitungen wie "The Cambodia daily" erscheinen nicht mehr, angeblich wegen Steuerschulden und mehrere Radiosender, auch Radio free Asia, haben ihren Betrieb eingestellt. Zwei Mitarbeiter des Senders sitzen seit November im Gefängnis ihre Haft wurde jetzt kurz vor den Wahlen verlängert.
    Geldgeschenke fürs Volk
    Hun Sens Wahlkampf ist der eines Autokraten. Er verteilt Briefumschläge, Bargeld an die Arbeiter umgerechnet fünf Dollar für jeden. Schwangere Frauen bekommen das Doppelte. Die 27-Jährige Ken Ray ist schwanger und hat das Geld auch bitter nötig:
    "Mit umgerechnet 170 Dollar im Monat bekomme ich den Mindestlohn. Das ist sehr wenig für diese Arbeit und die Lebenshaltungskosten sind hoch. Ich möchte, dass meine Kinder mal eine bessere Ausbildung haben und mehr verdienen können, als ich und mein Mann, die wir so hart arbeiten müssen."
    Eines der ärmsten Länder der Welt
    Kambodscha leidet noch immer an den Folgen des jahrelangen Bürgerkriegs, ist eines der ärmsten Länder der Welt. Korruption belastet den Handel, die Wettbewerbsfähigkeit und damit die wirtschaftliche Entwicklung. Alles Probleme, die Ministerpräsident Hun Sen zu verantworten hat, sagt der Politikwissenschaftler Ou Virak und die er auch nicht lösen wird, indem er sich ab und zu mal die Spendierhosen anzieht.
    "Das was er zurzeit macht, Händeschütteln, für Selfies posieren, den Leuten kleine Geldgeschenke machen - all das wird nicht funktionieren, weil das bisschen Geld die Probleme der Menschen nicht lösen wird."
    Das Verbot der größten Oppositionspartei, die ihm vor allem bei Regionalwahlen gefährlich wurde, mag seine Position vordergründig gestärkt haben, so Ou Virak weiter. Aber Hun Sen sei nicht so mächtig, wie es scheint.
    "Eine Regierung, die von ihrem eigenen Volk nicht anerkannt wird, bekommt irgendwann große Probleme. Zurzeit ist es bei uns ruhig. Den großen Schlag hat es ja im letzten Jahr gegeben, als die Opposition verboten wurde und deren Vertreter jetzt entweder im Gefängnis sitzen oder im Exil sind. Aber diese Ruhe spiegelt nicht die Stimmung der Menschen wieder. Du kannst eine politische Partei auflösen, aber nicht den Willen der Menschen."
    CNRP-Chef ruft aus dem Exil zum Wahlboykott auf
    Prominentester Exilkambodschaner ist Hun Sens Langzeit Feind Sam Rainsy, Chef der verbotenen CNRP. Er rief seine Landsleute aus dem Pariser Exil dazu auf, die Wahl am Sonntag zu boykottieren.
    Sam Rainsy,  Chef der verbotenen CNRP, spricht im Auslandskorrespondentenclub im Tokio.
    Sam Rainsy, Chef der verbotenen CNRP, lebt im Exil in Paris (dpa / MAXPPP)
    "Hun Sen hat große Angst, er ist am Ende. Er ist zu allem bereit, um sich an seiner Macht zu klammern. Er missachtet jede Form von Menschenrechten. Er wirft seine Gegner ins Gefängnis, löst Parteien auf und organisiert Fake-Wahlen. Wahlen ohne Opposition, sind ohne jede Bedeutung."
    Wenn möglichst viele nicht zur Wahl gingen, sagt er, wäre das ein Zeichen, dass Hun Sens Macht bröckelt. Das wäre auch im Sinn der 27 Jahre alten Textilarbeiterin Kens Ray: "Er ist die einzige Person, der dieses Land regiert und ich kann ihnen nicht sagen warum."