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Parlamentswahlen
Reformer oder Hardliner - Der Iran hat die Wahl

Die Menschen im Iran wählen heute ein neues Parlament. Das Ergebnis wird entscheiden, ob der Reformkurs von Präsident Hassan Rohani im Land auch langfristig bestehen bleibt. Aber viele Iraner fragen sich: Wozu überhaupt wählen gehen?

Von Reinhard Baumgarten | 26.02.2016
    Ein Mann steht in Teheran vor einer Säule mit Wahlplakaten.
    Ein Mann steht in Teheran vor einer Säule mit Wahlplakaten. (AFP / Behrouz Mehri)
    Wahltag im Iran: Rund 55 Millionen Wahlberechtigte sollen 290 Abgeordnete wählen. Die Herrschenden hoffen auf eine hohe Wahlbeteiligung. Hassan Rohani auftreten ist seit August 2013 Präsident Irans. "Alle müssen die Möglichkeit bekommen, ihre Kandidaten auf den Listen der zu Wählenden zu finden", hat er lange vor dem Urnengang gefordert. Doch viele Kandidaten werden auf den Listen nicht zu finden sein. Von rund 12.000 Anwärtern hat der Wächterrat knapp 3.500 zugelassen. Von gut 3.000 reformorientierten Kandidaten dürfen landesweit gerade einmal 70 antreten.
    Mohammed Reza Aref ist einer von ihnen. "Wir sind nicht zu verdrängen", beschwört er seine Anhänger. "Dass wir verdrängt werden könnten, entspringt nur dem Wunschdenken derer, an deren Taten wir heute zu knabbern haben."
    Die anstehenden Wahlen seien ein Beweis für die Verteidigung des politischen Systems der islamischen Republik, erklärt Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei. "Deswegen rufe ich das gesamte iranische Volk auf, seine Meinung zu äußern und an diesen Wahlen teilzunehmen."
    Wahlen als einziger Weg der Mitbestimmung
    Wozu wählen gehen?, haben sich vor dem Urnengang viele im Iran gefragt. Die Wahl sei der einzige Weg, Politik mitzugestalten, stellt Saiid Pourazizi fest, der Chefredakteur der derzeit verbotenen Reformzeitung "Bahār". "Die Menschen sehen aufgrund ihrer Erfahrung der vergangenen 37 Jahre, dass sie keine andere Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen, außer durch Wahlen."
    Das derzeitige Parlament wird von Konservativen und Hardlinern beherrscht, die häufig als Fundamentalopposition gegen die Regierung von Präsident Rohani agieren. Das müsse sich ändern, meint der Student Mohamad. "Wenn sie mehr auf einer Linie wären, dann könnte die Regierung besser arbeiten. So, wie sie es ja auch geschafft hat, die Atomfrage zu lösen."
    "Das Land ist viel zu schrecklich geworden"
    Fatima studiert Volkswirtschaft. Sie wird auf jeden Fall wählen gehen. "Durch die Wahl von Präsident Rohani haben wir gesehen, welche positiven Auswirkungen Wahlen haben können." Die 34-jährige Textilarbeiterin Fatimeh wird nicht wählen gehen, weil sie nicht daran glaubt, dass sich die Verhältnisse im Iran ändern können. "Das Land ist viel zu schrecklich geworden, und sollte sich je etwas bessern, dann wird das sehr lange dauern."
    Der Iran hat die Wahl. Stagnation oder Fortschritt?, fragt das kleingehaltene Lager der Reformer. Sicherheit oder Konterrevolution, halten mächtige Hardliner und Konservative dem entgegen. Die Auszählung der Stimmzettel kann aufgrund des komplizierten Wahlverfahrens mehrere Tage dauern.