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Parteitag der Republikaner
Trump "kann nicht gegen die Partei regieren"

Donald Trump ist fast am Ziel: Beim Parteitag der Republikaner in Cleveland soll er offiziell Präsidentschaftskandidat werden. Trump ist umstritten. "Er wird sich den Sitten und auch den Erwartungen der republikanischen Partei in Washington annähern müssen", sagte Ralph Freund von den Republicans Overseas im DLF. Er könne nicht gegen die Partei regieren.

Ralph Freund im Gespräch mit Doris Simon | 18.07.2016
    Der wahrscheinliche US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump.
    Die Delegierten der Republikaner sollen den Milliardär Donald Trump offiziell zum Präsidentschaftskandidaten machen. (dpa-Bildfunk / AP / David J. Phillip)
    Vorausgegangen ist dem einer der ungewöhnlichsten Vor-Wahlkämpfe der US-Geschichte. Immer wieder gingen sich die Kandidaten scharf an und es wurde auch unfair. Noch immer sind viele Republikaner unglücklich mit dem Kandidaten Trump. Ralph Freund, US-Republikaner und Vizepräsident der Republicans Overseas in Deutschland, geht davon aus, dass nach den Parteitagen die Sache fokussierter werde. Denn dann zeigten sich die Präsidentschaftskandidaten und nicht nur die Vorwahl-Kandidaten.
    Freund sagte im Deutschlandfunk, im November werde nicht nur der Präsident, sondern auch das Parlament gewählt. Es gebe keine ausgesprochene Wechselstimmung in den USA. Es werde keinen Wechsel im Repräsentantenhaus geben, vielleicht im Senat. Unabhängig davon ob der US-Präsident Trump oder Clinton heiße, werden die Republikaner im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben. "Diese Mehrheit muss auch Amerika führen und dafür brauchen wir auch gemäßigtere Töne", sagte Freund.
    "Der Präsident ist natürlich abhängig von der Partei und er wird sich den Sitten der Partei, den Gewohnheiten und auch den Erwartungen der Republikanischen Partei in Washington in der einen oder anderen Weise annähern müssen", sagte Ralph Freund. Trump müsse auf die Partei zugehen. "Er kann nicht gegen die Partei im Kongress regieren."
    Trumps Wahl von Mike Pence als Vizepräsidenten sei ein "absoluter Schritt in diese Richtung". Pence sei der typische Insider, der bewiesen habe, dass er ein Staat wie Indiana regieren könne. "Er ist das Signal an Amerika, an den Wähler, es ist nicht nur Trump, der Outlaw, der von außen kommt, sondern es gibt auch einen Mike Pence, der zeigt, wie man ein Schiff fahren kann." Pence erreiche die Partei und sei die Rückversicherung für Trump.

    Das Interview in voller Länge:
    Doris Simon: "Einfach lächerlich!". So lautete das Urteil von vielen erfahrenen Beobachtern, als Donald Trump seinen Anspruch anmeldete auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Der würde es doch nie schaffen, der sei doch nicht wählbar. Wüste Tiraden, wilde Behauptungen, Aggressionen gegen Mitbewerber und alle, die anderer Meinung seien. Aber Donald Trump hat alle Kritiker und Gegner eines Besseren belehrt. Sein Stil kommt offenbar an bei republikanischen Wählern. Die haben ihn in den allermeisten Vorwahlen allen anderen 16 Gegenkandidaten vorgezogen. Heute beginnt der Wahlparteitag der Republikaner, auf dem Trump zum Präsidentschaftskandidaten gewählt werden dürfte.
    Wir haben es gehört: Vorwahlen in den USA sind keine Sache für empfindsame Naturen. Das gilt für Demokraten und Republikaner gleichermaßen. Da gehen sich die Kandidaten und Parteifreunde scharf an, auch unfair, und da wird es auch mal schmutzig. Aber normalerweise ist damit spätestens bei der National Convention, dem Wahlparteitag Schluss. Da stellt sich am Ende, so war es bisher, die Partei geschlossen hinter den Präsidentschaftskandidaten.
    Ralph Freund ist Republikaner, US-Republikaner und Vizepräsident der Republicans Overseas in Deutschland, jetzt am Telefon. Guten Morgen!
    Ralph Freund: Guten Morgen!
    Simon: Herr Freund, wird sich Ihre Partei auf dem Wahlparteitag, der ja heute in Cleveland beginnt, auch geschlossen hinter Donald Trump stellen?
    Freund: Ja, so ist in der Regel das Verfahren bei den Wahlparteitagen. Man sieht bis zum Wahlparteitag die Kandidaten, die gegenseitig aufeinander schießen, nicht nur auf den politischen Gegner, sondern auch auf sich. Nach den Wahlparteitagen ist es in der Regel ein anderes Bild. Danach zeigen sich dann die Präsidentschaftskandidaten und nicht nur die Kandidaten.
    "Er kann nicht gegen die Partei im Kongress regieren"
    Simon: Aber ist das denn auch in dem Fall Trump so? Dieser Vorwahlkampf war ja schärfer als jemals zuvor und auch beleidigender. Kann das denn auch da gehen? Es gibt ja viele Republikaner, die immer noch extrem unglücklich sind mit dem Kandidaten.
    Freund: Das ist richtig. Ich hätte mir auch gewünscht, es wären nur zwei, drei Kandidaten gewesen, ähnlich wie bei den Demokraten. Jetzt ist man hier mit 17 gestartet. Das hat natürlich dann auch ein heterogeneres Bild. Jetzt wird die Sache natürlich fokussierter. Auch die Wahl von Mike Pence ist natürlich absolut ein Schritt in diese Richtung.
    Simon: Auf die Wahl von Mike Pence als Vizekandidat kommen wir gleich noch mal. Aber noch mal zu diesem Vorwahlkampf der Republikaner und die Verletzungen und die Beleidigungen in der Partei auch durch die Person Donald Trumps. Ist das wirklich was, was man routiniert auch diesmal übergehen wird?
    Freund: Dessen bin ich mir sicher. Es wird ja zwei Dinge gewählt im November. Das darf man nicht vergessen. Das eine ist der Präsident, zum anderen aber auch das Parlament, das dahinter steht. Und der Präsident ist natürlich auch abhängig von der Partei und er wird sich den Sitten, den Gewohnheiten und auch den Erwartungen der republikanischen Partei in Washington in der einen oder anderen Weise annähern müssen. Er kann nicht gegen die Partei im Kongress regieren.
    Simon: Aber ist das nicht ein bisschen Wunschbeten, Herr Freund? Gerade Donald Trump hat ja gesagt, Washington ist der Hort allen Übels.
    Freund: Das Argument stimmt so nicht. Wir haben dieses Verhältnis zwischen Washington-Insidern und Washington-Outsidern nicht erst seit dieser Wahl, sondern seit vielen Jahrzehnten. Das fing mit Ronald Reagan an, der sagt, ich bin der Washington-Outsider und ich kämpfe gegen die Insider, gegen diesen Moloch.
    Man darf auch nicht vergessen: In Amerika ist die Parteiverdrossenheit, die Politikverdrossenheit ungleich höher als in Deutschland. Und es gibt immer wieder diese Leute, die von außen kommen und sagen, ich werde diesen Wasserkopf verkleinern, verändern. Obama war der Outsider, der gegen den Insider McCain seinerzeit gewonnen hatte. Auch jetzt spielt er die Karte, ich bin jetzt der Republikaner, bin der Outsider, und Hillary Clinton ist der langjährige Insider, die auch gegen dieses Image kämpfen muss, dass sie eine Insiderin ist und eben nicht für den Wandel steht.
    Mike Pence "ist praktisch die Rückversicherung"
    Simon: Herr Freund, Sie haben eben die Wahl des Vizepräsidenten, des Kandidaten dafür angesprochen. Trump ist ja selber nicht besonders religiös. Er ist auch nicht aggressiv homophob. Aggressiv war er zum Beispiel gegen Latinos und andere, aber nicht gegen Homosexuelle. Jetzt mit Mike Pence hat er sich jemanden als potenziellen Vizepräsidenten geholt, der genau da reinpasst. Der ist nämlich aufgefallen durch extrem antihomosexuelle Äußerungen und sehr, sehr religiös. Ist das die richtige Wahl?
    Freund: Es ist natürlich immer eine Abrundung. Der Vizepräsident hat ja im politischen Leben - das erleben wir bei Joe Biden ja auch im Augenblick - nicht so die ganz entscheidende Rolle. Es ist mehr ein Signal nach innen, auch Kreise in der Partei zu erfassen. Mike Pence ist mehr der typische Insider, der bewiesen hat, dass man auch ein Land regieren kann. Er hat als Gouverneur, also als Ministerpräsident von Indiana gezeigt, dass er mit weniger Staat vorangetreten ist. Er hat gezeigt, dass er mit einem Überschuss in seinem Staat, in Indiana auskommt. Er hat gezeigt, dass er Steuersenkungen machen kann. Er ist das Signal an Amerika, an den Wähler, es ist nicht nur der Trump, der Outlaw, der von außen kommt, sondern es gibt auch Mike Pence, der zeigt, wie man auch ein Schiff fahren kann. Er ist praktisch die Rückversicherung. Zum Zweiten natürlich erreicht er damit die Partei. Ich sagte eingangs, Trump muss auf die Partei zugehen. Das ist das klare Signal, ich bin auch ein Teil des Establishments der Partei.
    Simon: Es gibt aber auch in der Partei - das ist über die letzten Monate fast in Vergessenheit geraten - einen Teil der US-Republikaner, der moderat ist, der gesellschaftlich offen ist und die ihre Partei nicht als Speerspitze der religiösen Rechten sehen. Was machen die denn jetzt?
    Freund: Es ist so: In Amerika gibt es ja nicht nur die Wahlen zum Präsidenten; es gibt ja auch die Wahl dann zum Abgeordnetenhaus, zum Repräsentantenhaus, unser Bundestag, die Wahl zum Senat, unser Bundesrat. Und es gibt in Friedenszeiten die größte Zustimmung zu einer Partei seit dem Zweiten Weltkrieg, und das sind jetzt die Republikaner. Da es keine ausgesprochene Wechselstimmung ist, so wie Sie eben sagten, es gibt Leute, die sind moderat, die sind eben nicht so eindeutig in ihren Äußerungen, auch das werden wir sehen. Aufgrund dieser fehlenden Wechselstimmung wird es nicht zu einem Wechsel im Repräsentantenhaus kommen. Vielleicht im Senat, auch da gibt es einen großen Vorsprung von acht Stimmen, aber doch definitiv nicht im Repräsentantenhaus. Wir werden ab dem ersten Tag, unabhängig davon, ob der nächste Präsident Trump oder Clinton heißt, eine Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus sehen, und diese Mehrheit muss auch Amerika führen und dafür brauchen wir auch gemäßigtere Töne.
    Simon: Und diese gemäßigteren Töne werden aber auf dem Wahlparteitag, wenn wir dahin jetzt mal zurückkommen, in Cleveland keine Rolle spielen?
    Freund: Es ist so: Ich weiß nicht, wie weit wir zurückschauen wollen. Wenn wir uns die Wahlparteitage anschauen, auch diverse Präsidenten uns anschauen - die muss man sich jetzt ja mal anschauen, weil sie nachher ins Amt gekommen sind, als Ronald Reagan das zweite Mal gewählt worden ist seinerzeit in Dallas, als Bill Clinton das zweite Mal gewählt worden ist, als Obama das zweite Mal gewählt worden ist. Selbstverständlich gibt es das Parteivolk, das wird zustimmen; der Präsident gibt die Richtung vor. Ich glaube, wir müssen immer wieder trennen zwischen den Kandidaten, die sich jetzt gegenseitig innerparteilich, ich will es mal deutlich sagen, beschießen, und dann, dass man sich dann präsidialer gibt im Laufe nach den Nominierungsparteitagen.
    "Außenpolitik spielt eine absolut untergeordnete Rolle"
    Simon: Die USA sind ja, wenn wir von den internen Dingen weggucken, eine weltpolitische Ordnungsmacht. Donald Trump aber hat international wenig Ahnung. Er hält zum Beispiel Belgien für eine Stadt. Auch Mike Pence hat außenpolitisch keine Erfahrung. Die frühere Vizekandidatin Sarah Palin ist ja genau über ihre mangelnde Erfahrung gestürzt. Wie problematisch könnte das für Trump und Pence werden?
    Freund: Wir hatten das gehabt bei Dan Crail und George Bush Senior. Da hatten wir auch den Fall, dass man ihm vorgeworfen hatte, das wäre ein absolutes Leichtgewicht. In Lateinamerika wird Latein gesprochen. Ich erinnere mich an diese Aussagen. Die Außenpolitik spielt in amerikanischen Wahlkämpfen eine absolut untergeordnete Rolle. Wir Europäer nehmen natürlich den amerikanischen Präsidenten nur in seiner Außenpolitik wahr. Wir haben es erlebt bei George Bush Junior. Er ist gewählt worden mit der größten Mehrheit, die es jemals gab, mit über 100 Millionen Stimmen bei einer sehr hohen Wahlbeteiligung, vollkommen für seine Innenpolitik und seine Wirtschaftspolitik und nicht für seine in Deutschland wenig geschätzte Außenpolitik. Die Außenpolitik ist immer nur ein kleines Segment des ganzen Wahlkampfs und Wahlprogramms.
    Simon: Herr Freund, Sie sind zwar Mitglied der US-Republikaner, aber eben Deutscher. Ich nehme aber an nach dem, was ich gehört habe: Wenn Sie wählen könnten in den USA, Sie würden Ihr Kreuzchen bei Donald Trump machen?
    Freund: Ich würde das Kreuzchen bei dem Paket machen. Ich würde das Häkchen bei Donald Trump machen, aber eben auch dann bei der Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus und bei der voraussichtlichen Mehrheit der Republikaner im Senat. Das wäre für mich die richtige Mischung.
    Simon: Ralph Freund, der Vizepräsident der Republicans Overseas in Deutschland. Vielen Dank, Herr Freund, für das Interview.
    Freund: Gerne geschehen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.