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Parteitag der SNP
Schottland am Scheideweg

Mit dem bevorstehenden Brexit befürchtet die Schottische National Partei (SNP), dass dem eigenen Parlament etwas übergestülpt werden könnte. Auf dem heute beginnenden Parteitag der SNP werden Positionen zum Umgang mit dem Brexit debattiert.

Von Thomas Spickhofen | 13.10.2016
    Farbfoto einer Frau, Nicola Sturgeon, schottische Ministerpräsidentin und SNP Parteivorsitzende Nicola Sturgeon am 29.2.2016 in London bei einem Event zum Thema EU
    Die schottische Ministerpräsidentin und SNP Parteivorsitzende Nicola Sturgeon und das Parlament wollen beim Brexit mitreden. (Imago/Images)
    Am 25. Juni, 48 Stunden nach dem Brexit-Votum der Briten, war Nicola Sturgeon noch voller Kampfesmut. Niemand könne jetzt Schottland diktieren, was gut für das Land sei, sagte die schottische Ministerpräsidentin, und sie warne jeden zukünftigen Premierminister davor, sich in eine solche Position zu manövrieren.
    "Ich glaube nicht, dass es akzeptabel ist in dem Kontext, in dem wir uns befinden für irgendjemanden Schottland zu diktieren, wie es in dem Land vorangehe. Das sei einfach nicht akzeptabel. Und sie warne jeden zukünftigen Premierminister davor, sich in eine solche Position zu bringen."
    Seither sind vier Monate ins Land gegangen, und immer klarer zeichnet sich ab: Die Musik für den Brexit spielt an vielen Orten – aber nicht in Edinburgh.
    Am Sitz der schottischen Regionalregierung fürchtet man jetzt, dass die besonderen schottischen Interessen unter die Brexit-Walzen von Westminster, von London geraten.
    Stephen Gethins, europapolitischer Sprecher der regierenden Schottischen National Partei SNP im Parlament in Edinburgh, sagt: Wir nehmen Theresa May beim Wort, dass unsere Regierung und unser Parlament einbezogen werden.
    "Wir nehmen Theresa May beim Wort. Sie hat gesagt, dass die schottische Regierung und das schottische Parlament einbezogen werden. Das schottische Parlament sollte mitreden dürfen. Und ich will hoffen, dass Westminster nicht seine Vetos gebraucht, von denen es schon mal gesagt hat, dass sie nicht existieren, um das dem schottischen Parlament überzustülpen."
    Sorgen der Schotten wegen des bevorstehenden Brexits
    Westminster dürfe nicht von ohnehin umstrittenen Rechten Gebrauch machen, um dem schottischen Parlament irgendetwas überzustülpen. Noch größer sind die Sorgen geworden, seit sich in der britischen Regierung eine Neigung zum sogenannten harten Brexit abzeichnet.
    Stephen Gethins fordert die Regierung in London auf, mehr Einzelheiten rauszurücken und den Willen des schottischen Volkes und die Verantwortung des schottischen Parlamentes zu respektieren.
    "Die Regierung muss uns mehr Einzelheiten mitteilen, und der Wille des schottischen Volkes und die Verantwortung des schottischen Parlamentes müssen respektiert werden."
    Ob aber überhaupt und wenn ja in welchem Umfang die Parlamente zustimmen müssen, darüber tobt in diesen Tagen ein heftiger Streit. Theresa May will dem Unterhaus in London ein Gesetz vorlegen, mit dem die Beitrittsregelungen aus den 70er-Jahren außer Kraft gesetzt werden. Das zum Beispiel wird das schottische Parlament nicht blockieren können, sagt der Verfassungsrechtler Alan Page von der Universität im schottischen Dundee.
    "Es könnte eine eigene Zustimmung verweigern, wobei das von der genauen Formulierung abhängt. Aber es könnte nicht das Gesetz nicht blockieren."
    Es könne eine eigene Zustimmung verweigern und so zeigen, dass man damit nicht einverstanden ist, sagt Page, aber blockieren könne das schottische Parlament die Außerkraftsetzung nicht. Das liege allein in Westminster, und dazu brauche es dort eine Mehrheit der Abgeordneten.
    "Das liegt in Westminster, und dazu braucht es dort eine Mehrheit der Abgeordneten, dass sie da was tun."
    Stephen Gethins von der SNP weist auf die neue und einzigartige Dimension des Brexit hin. Man gehe durch eine der größten Verfassungskrisen, mit großen Auswirkungen für seine Heimat – und natürlich solle das schottische Parlament da auch etwas zu sagen haben.
    "Wir sollten nicht vergessen: Wir gehen durch eine der größten konstitutionellen Krisen mit großen Auswirkungen auf die Rechte des schottischen Parlament – und natürlich sollte das schottische Parlament da was zu sagen haben."
    Die Position von Stephen Gethins wird beim Parteitag der SNP in Glasgow eine Mehrheit finden. Ob er, die Partei und Regierungschefin Sturgeon sich damit aber auch durchsetzen können, ist völlig offen. Im schottischen Parlament fand Gethins für die gesamte Lage nur noch eine kurze Formel.
    "Wir wissen vielleicht nicht, ob es ein weicher oder ein harter Brexit ist, aber wir wissen, dass dieser Brexit was für die Hunde ist."