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Parteitagssaison in Großbritannien

Die Liberaldemokraten haben ihre Jahreskonferenz schon beendet, ebenso die oppositionelle Labour-Partei. Fehlen noch die Tories, die konservative Partei des Regierungschefs David Cameron. Sie trifft sich ab dem 29. September in Manchester.

Von Jochen Spengler | 27.09.2013
    Roger Boyes, Edelfeder bei der Londoner Times, ist überzeugt, dass sich die Konservativen in Manchester vor allem selbst feiern werden.

    "Man kann immer bei den Konservativen damit rechnen, dass es eine sehr große Selbstzufriedenheit gibt, und die Meinungsumfragen sind nicht schlecht."

    Tatsächlich haben die regierenden Tories zugelegt und den zweistelligen Vorsprung der sozialdemokratischen Labour-Partei auf sechs bis acht Prozentpunkte verringern können. Auch Professor Tony Travers von der London School of Economics vermutet, dass der Premierminister entspannt nach Manchester reisen wird.

    "Merkwürdigerweise hat Syrien David Cameron nicht geschadet, auch wenn er in der Frage der Militärintervention eine Parlamentsniederlage kassiert hat. Er hat sie überlebt als ein Mann mit Prinzipien."

    Natürlich stehe der Parteichef unter großem Druck seines rechten, europafeindlichen Flügels, der ihn regelrecht hasse, aber Tony Travers glaubt nicht, dass Cameron als moderner und liberaler Konservativer den Traditionalisten große Zugeständnisse machen werde.

    "Er muss diese Flügel zusammenhalten und dass hat er bislang ganz gut geschafft, aber wir werden in Manchester natürlich all diese Parteiströmungen präsentiert bekommen."

    Die Strategie der Tory-Führung aber ist klar und wurde schon vor zwei Wochen im Parlament ersichtlich, als Cameron selbstbewusst verkündete:

    "Alle Zahlen im Bau, in der Produktion und den Dienstleistungen gehen in die richtige Richtung, wegen der harten Entscheidungen, die diese Regierung getroffen hat, sehen wir nun Fortschritt und wir wollen daran erinnern, dass die oppositionelle Partei uns steigende Arbeitslosigkeit und schrumpfende Wirtschaft prophezeit hat. Jetzt ist es Zeit, dass sie mal erklärt, dass sie selbst falsch lag, wir aber richtig."

    Den Gefallen tut die Labour-Partei selbstverständlich nicht. Stattdessen änderte sie ihre Strategie. Statt wie bisher zu beschwören, dass die konservative-liberale Regierung mit ihrer Sparpolitik die Konjunktur abwürge, betonte Labour-Chef Ed Miliband auf seinem Parteitag, der Aufschwung komme nur wenigen Reichen zugute.

    "Über Generationen war es so: Wenn die Wirtschaft wuchs, ging es der Mehrheit besser. Diese Verbindung ist irgendwann zerbrochen. Man sagt, die Flut hebt alle Boote hoch; dieses Mal scheint sie nur die Jachten zu heben. "

    Die innenpolitische Schlacht ist eröffnet – eineinhalb Jahre vor der Parlamentswahl 2015.

    Die großen Parteien werden zwei unterschiedliche Geschichten erzählen, sagt Wahlforscher Peter Kellner. Labour betont den sinkenden Lebensstandard, die konservative Story lautet dagegen:

    "Die Wende hat begonnen. Die Wirtschaft wächst wieder; wir haben hart entschieden, es wird gut, aber gebt bloß nicht jenen Leuten den Autoschlüssel zurück, die den Wagen einst vor die Wand gefahren haben."

    Tatsächlich hat Labour, Umfragen zufolge zwei Probleme: 18 Prozentpunkte weniger Wirtschaftskompetenz als die Tories und mit Ed Miliband einen Spitzenkandidaten, den viele für nicht premierministertauglich halten.

    Es sei schwer genug, aber möglich, eine dieser beiden Hürden zu überspringen. Aber er kenne kein Beispiel in der Geschichte, sagt Peter Kellner, wo es einer Oppositionspartei gelungen sei, beide Hürden zu nehmen.

    Nun hat Miliband zumindest seine Partei mit einer fulminanten Rede beeindruckt und vielleicht hilft ihm auch das britische Mehrheitswahlsystem:

    ""Labour könnte eine Mehrheit der Mandate gewinnen, auch wenn sie weniger Stimmen als die Konservativen bekommen","

    sagt Professor Travers. Denn wegen des unausgewogenen Zuschnitts der Wahlkreise könnten den britischen Sozialdemokraten 35 Prozent der Stimmen zur absoluten Mehrheit der Sitze reichen, während die Tories dafür mindestens 40 Prozent Stimmanteil benötigen.