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Pegida und AfD
Gemeinsamer Auftritt vor der Dresdener Frauenkirche

Lange hatten sich Teile der AfD, allen voran der Landesverband um Frauke Petry, gegen eine Zusammenarbeit mit der Pegida-Bewegung ausgesprochen. Knapp vier Monate vor der Bundestagswahl sieht plötzlich alles anders aus. Bei der Montagsdemonstration am 8. Mai in Dresden haben AfD und Pegida den Schulterschluss geübt.

Von Bastian Brandau | 09.05.2017
    Montagsdemonstration in Dresden.
    Pegida und AfD sind am 8. Mai erstmals nacheinander bei der Montagsdemonstration in Dresden aufgetreten. (dpa-Zentralbild)
    Montagabend in Dresden. Kolonnen von Polizeifahrzeugen fahren Richtung Innenstadt, auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche wird eine Bühne aufgebaut. Menschen, überwiegend männlich und im fortgeschrittenen Alter strömen gegen halb sieben zur Pegida-Kundgebung. Und auch in dieser Woche gibt es andere Dresdner, die sich ihnen entgegenstellen. Etwa 150 sind es, die an zwei der Zugänge zum Neumarkt mit Musik und Transparenten ihren Unmut äußern.
    "Weil ich das unmöglich finde, dass an so einem Tag, auf so einem exponierten Platz in Dresden AfD und Pegida – beide rassistisch, beide rechtspopulistisch – hier den Schulterschluss proben dürfen, das kann einfach nicht unwidersprochen hier so stehen bleiben."
    "Naja das ist natürlich der Tag der Befreiung. Eigentlich müsste das ein Feiertag sein. Und dass ausgerechnet an so einem Tag hier so eine rassistische menschenverachtende Großkundgebung mitten in Dresden stattfindet ist, da fehlen mir die Worte dazu."
    Waren es zu Hochzeiten Anfang 2015 über 20.000 Menschen, die zu Pegida kamen, hat sich die Zahl in den vergangenen Monaten bei etwa 1.500 bis 2.000 eingependelt. Nach Angaben der universitären Initiative "Durchgezählt" sind zur Kundgebung von Pegida und mehreren AfD-Kreisverbänden etwa 2.200 bis 2.400 Menschen gekommen. In Teilen der AfD ist die Veranstaltung umstritten, der Landesvorstand um Frauke Petry hatte sich gegen eine Zusammenarbeit mit Pegida ausgesprochen. Die Delegierten eines Landesparteitags wollten das ändern, hatten zuletzt einen Abgrenzungsbeschluss zu Pegida aufgehoben.
    Keine Trennung mehr
    Und so steht an diesem Abend ein blauer AfD-Anhänger mit Rednerpult neben der Pegida-Bühne. Formal sollen es zwei Kundgebungen sein, lässt ein Dresdner Bauunternehmer wissen, der die Veranstaltung in Abwesenheit des Pegida-Chefs, dem verurteilten Volksverhetzer Lutz Bachmann, eröffnet:
    "Deshalb hat Lutz Bachmann in Absprache mit Vertretern der AfD die Versammlungsanzeigen derartig geändert, dass erst Pegida bis zum Spaziergang und nach dem Spaziergang dann die AfD die Versammlungsleitung hat."
    Die Reden bei Pegida: Deutschland stehe am Abgrund, die regierenden Politiker werden als Volksverräter bezeichnet. Hoffnung bringe nur die AfD. Die Enttäuschung über die Wahlniederlage des rechtsextremen Front National in Frankreich ist groß:
    "Und seit gestern ist klar: Der lange Arm der Rothschilds hat mit Macron wieder einen Handlanger in der Regierung platziert."
    Kaum kaschierter Antisemitismus auf der Bühne, davor die Fahnen der Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Auch ein Redner der neurechten Einprozentbewegung darf sprechen und für Spenden werben. Eine Entourage, in der sich die Vertreter mehrerer sächsischer AfD-Kreisverbände offensichtlich wohlfühlen, als sie nach einem Rundgang durch die Innenstadt auf der Pegida-Bühne ans Mikrofon treten:
    "Es ist genial, von hier auf euch zu schauen, wie erwartungsvoll ihr hier vor uns steht."
    Mit dabei: Listen- und Direktkandidaten der AFD, die hier auf Stimmenfang gehen wollen und auf einen Einzug in den Bundestag hoffen:
    Pegida und AfD sprechen mit einer Stimme
    "Wir werden euch vernünftig wieder im Bundestag vertreten, euch überhaupt wieder eine Stimme geben, damit unsere deutschen Interessen zuerst in Berlin behandelt werden und nicht die der ganzen Welt dort behandelt werden und darum brauchen wir Unterstützung."
    Deutsche Interessen zuerst – Worte, die man hier in Sachsen lange Jahre von der NPD im Landtag gehört hatte. Nun werden sie geäußert, am 8. Mai, vor der wiederaufgebauten Frauenkirche. Unter dem großen Jubel der gut 2.000 Pegida-Anhänger. AfD und Pegida zusammen – das scheint hier anzukommen:
    "Na Sie denken bestimmt, das ist eine schlechte Entwicklung. Ich finde es gut, die Entwicklung. Gehörte ja immer zusammen. "
    Keine Rede mehr von der eigenen Partei, deren Gründung hier auch schon verkündet wurde. Es wächst zusammen, was nach Ansicht vieler Pegida-Anhänger schon längst zusammengehört.