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Personaldebatte
Stürmische Zeiten bei der SPD

Nach dem Wirbel um Martin Schulz' Rücktritt vom Parteivorsitz ist die SPD immer noch tief in Personaldebatten verstrickt. Dass Fraktionschefin Andrea Nahles seine Nachfolgerin wird, gilt als ausgemacht. Doch genau das sehen einige Sozialdemokraten kritisch: Sie fordern, dass alle Mitglieder mit entscheiden dürfen.

Von Paul Vorreiter | 12.02.2018
    Martin Schulz steht am 7.2.218 neben Andrea Nahles
    Martin Schulz gab seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt und schlug Andrea Nahles als seine Nachfolgerin vor (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Die SPD befindet sich mitten in einer Personaldebatte - dabei sollte das doch gar nicht so sein. Zumindest hatte sich Parteichef Schulz mit seinem Verzicht auf das Außenamt es so gewünscht. Irritationen gibt es allerdings nicht nur seinetwegen, auch die geplante Übergabe des Parteiamtes an Fraktionschefin Andrea Nahles sorgt für Unmut, eine Übergabe, die offenbar schon morgen vollzogen werden soll, zunächst kommissarisch. Die Parteilinke Hilde Mattheis ist mit dem ganzen Vorgang unzufrieden:
    "Das muss ein transparenter Prozess sein. Man darf sich so einen wichtigen Posten nicht beim Kaffee zuschieben und das ist etwas, da sagen wir, wir fordern eine Urwahl"
    Mit der Idee einer Urwahl kann auch die geschäftsführende Familienministerin Katarina Barley etwas anfangen, konnte man am Wochenende lesen, auch wenn sie in der "Süddeutschen Zeitung" relativiert, dass es ihr vielmehr um einen langfristigen Erneuerungsprozess gehe, der auch zu einer stärkeren Beteiligung der Mitglieder führen müsse. Thorsten Schäfer Gümbel, hessischer Landesschef der SPD, zeigte sich am Abend im ZDF über derlei Diskussionen verärgert:
    "Ich will offen gestehen, dass ich ziemlich verwundert bin über manche Debattenbeiträge der letzten 48 Stunden, ein großer Teil des Ärgers innerhalb der SPD entsteht ja dadurch, dass der Eindruck entsteht, dass durch Agenturmeldungen oder Sonstiges die Entscheidung vorweggenommen wird; am Dienstag wird der Parteivorstand zusammenkommen und alle wesentlichen Fragen im Verfahren und Positionen benennen."
    "Inhaltliche Debatte in den Vordegrund rücken"
    Der mögliche künftige Bundesfinanzminister, Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz, sieht die Debatte um eine Urwahl skeptisch, wie er am Abend in der ARD verdeutlichte:
    "Ich glaube, wir haben ein gutes, bewährtes Verfahren und das ist, dass auf Parteitagen Vorsitzende bestimmt werden und wir brauchen dringend die Erneuerung der SPD, da geht es nicht nur um Fragen, wie die Vorsitzenden gewählt werden, sondern insgesamt wie wir uns so aufstellen, dass wir als sozialdemokratische Partei bei Bundestagswahlen über 30 Prozent der stimmen bekommen können, dass wir die Kanzlerin oder Kanzler stellen können, das sind die Fragen, um die es geht."
    Scholz wünscht sich, dass nun die inhaltliche Debatte über die Ergebnisse des Koalitionsvertrages in den Vordergrund rückt. Doch das ist schwer. Denn nicht nur über die Zukunft des Parteivorsitzes wird debattiert, sondern auch über die Frage, wer denn nun das Außenamt bekommen soll, wenn es Martin Schulz schon nicht ist oder ob es Sigmar Gabriel gar behalten darf. Nach Informationen des Tagesspiegels will Andrea Nahles diese Frage bis zum Mitgliederentscheid hinauszögern.
    Seit dem Wochenende sind auch Heiko Maas, Justizminister, Katarina Barley, Familienministerin und Bundestagsvize Thomas Oppermann im Gespräch. Olaf Scholz jedenfalls hob hervor, dass nichts ausgemacht sei: "Es gibt keine Kabinettsliste der SPD, die müsste erarbeitet werden."
    Den Sozialdemokraten steht also viel Arbeit bevor. Der Wunsch, dass das Chaos ein Ende nimmt, ist groß. Manuela Schwesig, SPD-Vize:
    "Hinter uns liegen wirklich schlimme Tage. Die Politik hat sich wirklich von ihrer hässlichen Seite gezeigt."