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Personalstreit
"Befriedungs-Kommission" für Ludwigsburger Hochschule

Für Claudia Stöckle geht es um ihren Arbeitsplatz. Seit Monaten gibt es Streit über den Führungsstil der Rektorin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Nun sollen externe Fachleute prüfen, ob die Hochschule noch funktionsfähig ist. Im März hatten sich mehrere Lehrkräfte mit einem Hilferuf an das baden-württembergische Wissenschaftsministerium gewandt.

Von Thomas Wagner | 05.09.2014
    Die Gräben zwischen Rektorin und Teilen des Lehrkörpers wurden dann im Laufe der Zeit auch immer tiefer. Das Ganze gipfelte im Juni dieses Jahres in dem Versuch, Claudia Stöckle im Senat als Rektorin abzuwählen. Zwölf von 19 Senatsmitgliedern stimmten tatsächlich für die Abwahl, eigentlich ein deutliches Misstrauensvotum. Aber: für die Abwahl hätte es einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedurft. Und dafür fehlte eine Stimme. Folge: der Streit zwischen Rektorin Stöckle und den meisten Professoren ging weiter; keine Anzeichen einer Befriedung, einer Aussöhnung. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zog schließlich die Notbremse:
    "Dadurch, dass es aber keine Lösung gab über Monate hinweg haben wir uns entscheiden, mit einer externen Kommission zu analysieren, ob die Hochschule noch funktionsfähig ist und ihre Aufgabe bewältigen kann."
    An der Spitze der Kommission, die für eine Befriedigung an der Ludwigsburger Hochschule sorgen soll, steht der ehemalige baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus. Er habe, heißt es aus dem Ministerium, gemeinsam mit einem Ex-Hochschulrektor und einem ehemaligen Abteilungsleiter im Wissenschaftsministerium bereits die Arbeit aufgenommen. Die dürfte alles andere als einfach werden: in der Ludwigsburger Hochschule gibt es an Dickicht an Beschuldigungen.
    Offenbar Streit über Privilegien von Professoren
    So ist nach einem Bericht der "Stuttgarter Zeitung" die Rektorin bei vielen Professoren deshalb in Ungnade gefallen, weil sie offenbar den Kampf gegen ein dichtes Netz von Privilegien aufgenommen habe. Viele Professoren seien auch Inhaber privater Schulungs-Unternehmen, beispielsweise zur Ausbildung von Steuerberatern, und hätten ihre Vorlesungskalender an den Öffnungszeiten an den Öffnungszeiten ihrer Firma ausgerichtet. Zum Teil hätten sie die Räume der Hochschule für ihre privaten Lehrveranstaltungen genutzt. Und zu guter Letzt habe einer der Professoren auf dem Hochschulcampus eine Buchhandlung für finanzwissenschaftliche Fachliteratur betrieben. Der Briefbogen habe den Eindruck erweckt, die Bücher würden im offiziellen Auftrag der Hochschule angeboten. All dies, heißt es in den Zeitungsberichten, habe die umstrittene Rektorin abstellen wollen, weswegen sie bei weiten Teilen des Lehrkörpers in Ungnade gefallen sei. Ministerin Bauer macht allerdings deutlich:
    "Es geht der Kommission nicht darum die vielen, vielen Verletzungen und Probleme, die es in der Vergangenheit gegeben hat, aufzubereiten und Schuldfragen zu klären, sondern es geht um die jetzige Lage und den Blick nach vorne."
    Stöckle begrüßt Einsetzung der Kommission
    Zunächst hat die Kommission empfehlender Charakter. Wenn sich die Beteiligten aber nicht einigen, soll die Kommission stärker in die Verwaltung der Hochschule eingreifen dürfen, droht die Ministerin. Immerhin hätten alle Streithähne zugesagt, mit der Kommission zusammen zu arbeiten. Auch Claudia Stöckle selbst, die sich derzeit wegen einer Kieferoperation nur schriftlich äußern kann, begrüßt in einer Stellungnahme die Kommission:
    "Ich begrüße die Einrichtung der Kommission nachdrücklich. Der Blick von außen ist ein guter Weg. Die hohe Kompetenz und die bei allen Kommissionsmitgliedern angegliederte langjährige Erfahrung in Führungsfragen untermauern diese Hoffnung."
    Vor allem sieht Claudia Stöckle in der Kommission keinerlei Beschneidung ihrer Kompetenzen als Rektorin:
    "Positive Perspektiven können niemals die Handlungsfreiheit einschränken, sondern mir und vielen anderen in der Hochschule Einhalt in der täglichen Routine gebieten und willkommene Anregungen in der Selbstreflexion und willkommenen Diskursen führen."
    Bei Diskursen mit den Medien halten sich die meisten Beteiligten allerdings zurück: Die stellvertretende Rektorin, die derzeit die Geschäfte führt, lehnte eine Stellungnahme ab. Ebenso blieb eine Anfrage des Deutschlandfunks an den Studierendenausschuss unbeantwortet.