Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Pestizid-Politik
Frankreichs Bauern unter Zugzwang

Ein baldiges Aus für Glyphosat hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im vergangenen Jahr angekündigt. Bei Landwirten stieß dies zunächst auf harsche Kritik. Auf der Landwirtschaftsmesse in Paris hat der Bauernverband nun einen Kurswechsel angekündigt.

Von Susanne Krause | 26.02.2018
    Emmanuel Macron steht am 24.02.2018 auf der französischen Landwirtschaftsmesse neben einem Ochsen und winkt in die Kamera
    Emmanuel Macron auf der französischen Landwirtschaftsmesse (dpa / Yann Foreix)
    Auf offene Arme traf Staatspräsident Macron bei seinem Rundgang auf Frankreichs größter Landwirtschaftsmesse keinesfalls überall. Nicht wenige Bauern nehmen es ihm übel, dass er den Wirkstoff Glyphosat als weltweit meistverkaufter Unkrautvernichter in Frankreich in den nächsten drei Jahren aus dem Verkehr ziehen will. Deswegen pfiff ein Landwirt auf der Messe Macron erbost hinterher. Der Staatspräsident bot seinem Kritiker die Stirn.
    "Es gibt keinen Bericht, der besagt, Glyphosat sei harmlos. Manche Studie bezeichnet den Wirkstoff als sehr gefährlich, in anderen gilt er als mehr oder minder schädlich. Sollten eines Tages Landarbeiter oder Verbraucher bemängeln, wir hätten von den Gefahren des Glyphosat gewusst und nichts getan, dann ziehen sie mich zur Rechenschaft und nicht Bauern wie Sie."
    Landwirte fürchten Wettbewerbsverzerrung
    Ein baldiges Aus für Glyphosat hat Macron im vergangenen November angekündigt. Gleich nachdem die EU-Kommission beschlossen hatte, die Marktzulassung des Herbizids um lediglich fünf statt wie üblich zehn Jahre zu verlängern. Dass Paris mit verkürzter Zulassungsdauer einen Sonderweg gehen wolle, besorgt viele französische Landwirte, sie fürchten Wettbewerbsverzerrung.
    Macrons Versprechen sei nicht realisierbar, erklärte die Chefin des wichtigsten französischen Bauernverbands FNSEA gestern. Es mangele noch an Alternativen, heisst es auch beim staatlichen Agrarforschungsinstitut INRA. Dennoch hat die FNSEA auf der Agrarmesse heute vormittag einen Pestizid-Kurswechsel angekündigt. Historisch sei der, sagt Eric Thirouin, Umweltexperte des Bauernverbands.
    "Seit Jahren mühen wir uns vergeblich darum, aufzuklären, dass Pestizide bei sachgemässer Anwendung kein Problem sind. Jetzt haben wir beschlossen, unser Vorgehen zu ändern und auf die Wünsche der Verbraucher zu hören. Die wollen, dass weniger chemische Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Dem werden wir nun Rechnung tragen."
    Jät-Roboter zur Senkung des Pestizideinsatzes
    Mittels einer Art Pakt, den der französische Bauernverband FNSEA mit über dreißig Partnern, Berufsverbänden, Agrarkammern und dem Verband der französischen Pflanzenschutzhersteller, im vergangenen Vierteljahr erarbeitet hat. Festgeschrieben sind da 250 Ansätze zur Senkung des Pestizideinsatzes. Manche Maßnahme ist heute schon einsetzbar, an anderen wird noch geforscht. Ein Ziel ist es, bis 2025 dreimal so viel biologische Schädlingsbekämpfungs-Methoden zu verwenden als heute. Eric Thirouin nennt einen weiteren Lösungsansatz: Roboter.
    "Schon heute existieren Roboter, die auf kleinen Anbauflächen, in Treibhäusern Unkraut jäten. Es gibt Pläne für andere Modelle, die größere Flächen, gradlinige Felder, bewirtschaften könnten. Und diese Roboter könnten mit visuellen Erkennungssystem ausgestattet werden und damit gezielt gegen Unkraut vorgehen."
    Erzwungener Kurswechsel
    Frankreichs Bauernverband setzt auf mehr Forschung und widerstandsfähigere Anbausorten, auf andere landwirtschaftliche Praktiken, mehr Fortbildung im Bereich Pflanzenschutz und fachkundige Beratung.
    Dieser Elan hat Gründe: In Kürze will die Regierung ihre künftige Ausrichtung der Agrar-Pestizidpolitik vorlegen. Seit Januar 2017 schon dürfen Dörfer und Städte im öffentlichen Raum keine chemische Keulen mehr verwenden. Ab Januar 2019 werden Pestizide auch in Privatgärten verboten sein. Damit geraten langsam aber sicher Frankreichs Bauern immer mehr unter Zugzwang.
    Forderung nach politischer Unterstützung
    Der Verband Interfel, ein Zusammenschluss von Erzeugern und Vertreibern von frischem Obst und Gemüse, gehört nicht zum Netzwerk des "Pakts für Lösungen". Aber auch hier bemüht man sich um einen Kurswechsel in Sachen Pestizide, sagt Verbandschef Bruno Dupont.
    "Wir sind bereit, uns zu umweltfreundlicheren Arbeitsmethoden zu verpflichten. Aber als Gegenpart brauchen wir auch materielle und politische Unterstützung."
    Staatspräsident Macron hat den Landwirten ein offenes Ohr versprochen. Und mehr finanzielle Förderung, um nach und nach die Pestizide zu ersetzen.