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Pestizide und Bienensterben

Im Frühjahr sind den Imkern vor allem in Süddeutschland die Bienen weggestorben. Der Grund war Maissaatgut, das mit einem Pflanzenschutzmittel behandelt wurde. Die Firma Bayer Crop Science, die das Saatgut vertreibt, hat zwar Entschädigungszahlungen angeboten. Doch jetzt ist wieder ein insektizid-behandeltes Saatgut auf dem Markt gekommen.

Von Dieter Nürnberger | 17.07.2008
    Die Berufsimker und auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, der BUND, fordern nun aufgrund der Vorfälle im Frühling konsequente Maßnahmen durch die zuständigen Behörden. Man fordert ein Verbot Bienen tötender Pestizide. Es geht ganz konkret um die Insektenbehandlungsmittel Clothianidin und Imidacloprid, beides Beizmittel, die Wirkstoffe werden meist für die Behandlung von Mais, Karotten, Rüben, Raps und Kartoffeln eingesetzt. Bienen sind bekanntlich für die Bestäubung vieler Kulturpflanzen in der Landwirtschaft extrem wichtig. Und das Problem, dass diese Wirkstoffe ein Bienensterben auslösen können, sei auch nicht neu, sagt Manfred Hederer, der Präsident der Berufsimker in Deutschland:

    "Wir beobachten das schon seit acht Jahren, wir machen darauf aufmerksam, dass es hier Schwierigkeiten gibt. Und es gibt auch immer wieder messbare Schäden, mal kleiner und mal größer. In diesem Jahr war es regional auf den Rheingraben bezogen, der Schaden geht in die Millionen. Da muss man schon die richtigen Zahlen ansetzen. Wenn ich das Problem europa- oder auch weltweit betrachte, dann ist es sicherlich ein Milliardenschaden, der da bereits entstanden ist. Er wird auch immer wieder entstehen, wenn sich nichts ändert. "

    Nach den Vorfällen im Frühling hatte das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erst einmal reagiert. Bei acht Saatgutbehandlungsmitteln, unter anderem vom Hersteller "Bayer Crop Science", wurde ein Ruhen der Zulassung angeordnet - weitere Bienenschäden und Auswirkungen auf den Naturhaushalt sollten vermieden werden. Doch Ende Juni wurden einzelne Mittel und Wirkstoffe für die Anwendung bei Raps wieder zugelassen. Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND, kritisiert dies:

    "Wenige Wochen später war das Geschichte. Weil mit der Rapsaussaat im Sommer wiederum dieses Beizmittel zur Anwendung kommen soll. Aufgrund des massiven Drucks der Hersteller ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eingeknickt. Das wird dazu führen, dass wieder zig Millionen Bienen sterben und damit ein gewaltiger Schaden im Naturhaushalt ausgelöst wird. "

    Der BUND fordert nun vor allem die Initiative von Horst Seehofer, dem zuständigen Bundesagrar- und -verbraucherschutzminister. Hubert Weiger verweist auf die Praxis in Frankreich, hier seien einzelne Mittel nicht zugelassen:

    "Von daher ist es natürlich dringend notwendig, dass sowohl national als auch europäisch gehandelt wird. Unsere zentrale Forderung ist, dass dieses Mittel nicht mehr zur Anwendung kommen darf, dass auf europäischer Ebene bei der Mittelzulassung entsprechende Konsequenzen gezogen werden. Alle bienenschädlichen Pflanzenschutzmittel müssen vom Markt genommen werden. Und alle älteren Mittel müssen auf ihre Bienenverträglichkeit überprüft werden. "

    Das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sieht die Sache etwas anders. Man verweist auf ein zusätzliches Haftmittel, welches dem Rapsbeizmittel nun beigefügt werden soll. Zudem kämen bei der Aussaat von Raps nur Maschinen zum Einsatz, die keinen Abriebstaub in die Luft abgeben würden. Dies sei im Falle des Mais anders gewesen. Man setze sich sehr intensiv mit der Problematik auseinander, heißt es beim BVL, und man werde voraussichtlich im Herbst eine fundierte Entscheidungsgrundlage für weitere Maßnahmen haben. Dies alles sei im Einvernehmen auch mit dem Berufsimkern beschlossen worden. Die Entscheidung sei so auch "nachvollzogen und akzeptiert" worden, so das Amt. Das klingt nach Konsens, doch dies weist Manfred Hederer von den Berufsimkern zurück:

    "Wir haben es zur Kenntnis genommen und akzeptiert, welche Beweggründe die Damen und Herren in dem Amt hatten. Aber wir fordern nach wie vor, dass diese Mittel künftig verschwinden sollen. Es gibt ja längst auch andere Methoden, die auch schon angewandt werden. Wir fordern dies für die Zukunft, denn diese Nervengifte können wir nicht brauchen. Die sollen aus unserem Lebensumfeld verschwinden."

    Aus Sicht der Berufsimker ist diese erneute Zulassung der umstrittenen Wirkstoffe somit kein Konsens gewesen, sondern eher ein resigniertes Akzeptieren der Entscheidung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Und man fügt hinzu, dass man von dieser Behörde eigentlich auch nichts anderes erwartet habe.