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Pferdeberufe
Vom Hufschmied bis zum Tiermediziner

Pferdewirtin, Hufschmied oder Heilpraktiker: Wer gerne mit Pferden arbeiten möchte, hat viele Möglichkeiten. An manchen Unis kann man sogar Pferdewissenschaften studieren. Doch nicht alle Berufe werden auch gut bezahlt. Begehrt sind die Ausbildungsplätze trotzdem.

Von Anja Nehls | 14.12.2015
    Eine Frau hält auf einer Wiese ein Pferd am Halfter, neben dem Pferd steht ein Fohlen
    Mit Pferden arbeiten (dpa/picture alliance/Patrick Pleul)
    Ein Schimmel mit langer Mähne steht sauber geputzt in seiner Messebox. Davor wühlen Mädchen in in großen Stapeln von quietschbunten Satteldecken, Reithosen mit Glitzerapplikationen und flauschigen Pferdedecken. Junge Pferdefans, fast alle weiblich, mit großer Liebe und Passion aber oft wenig Hintergrundwissen. Das soll sich ändern. Auf der Berliner Pferdemesse Hippologica gibt es deshalb nicht nur Pferde und Zubehör, sondern auch Seminare und Informationen für Schulabgänger. Nicht wenige der jungen Mädchen wollen nämlich später ihr Hobby zum Beruf machen.
    - "Sie faszinieren mich halt und es macht Spaß, mit Pferden zu arbeiten. Wie sie sich verhalten, das zu beobachten und auch wie sie auf bestimmte Sachen reagieren und so weiter.
    – "Ja, also ich habe eigentlich vor, zur Polizei zu gehen, also zur Reiterstaffel. Pferde wären schon schön, weil ich mich nicht einfach für die Tiere interessiere, es sind eben schöne Tiere und ich reite schon relativ lange und habe damit lange zu tun."
    – "Ja also man kriegt da nicht so viel Geld dafür, aber mit Pferden wäre halt schon schön."
    "Ich habe Angst, dass ich als Ausmistsklave missbraucht werde"
    Eine Ausbildung zum Pferdewirt ist eine Möglichkeit. Absolventen können verschiedene Schwerpunkte wählen, zum Beispiel Pferdezucht, das Ausbilden von Pferd und Reiter in der Dressur und im Springen, Rennreiten oder den Bereich Haltung und Service. Auf der Hippologica gibt es darüber ehrliche Informationen. Das ist wichtig, sagt Jörg Kotenbeutel, Dozent für Pferdezucht an der Freien Universität Berlin, denn der Traum kann schnell zum Albtraum werden:
    "Wir müssen wissen, dass der Pferdewirt dann arbeiten muss, wenn alle anderen Freizeit haben, also die Pferde früh füttern, misten und dann eben auch abends da sein wenn der Reiter dann seinen Reitunterricht in Anspruch nehmen möchte und teilweise haben wir in den Privatbetrieben auch gewisse finanzielle Schwierigkeiten sodass teilweise auch die Pferdewirte unterbezahlt sind."
    Das heißt im Klartext zwischen 1.000 und 1.800 Euro brutto für einen ausgebildeten Pferdewirt Schwerpunkt Zucht oder Service. Pferdewirte Schwerpunkt Reiten verdienen im Schnitt 500 Euro mehr. Ein Meister bekommt um die 3.000 Euro brutto. Die geringen Verdienstmöglichkeiten sind aber nicht das einzige, was potenzielle Bewerber zweifeln lässt:
    - "Ich habe auch immer die Angst, dass ich da als Ausmistsklave missbraucht werde."
    - "Das kann ihnen immer passieren."
    Ein paar Reitstunden reichen nicht aus
    Dennoch: Auf begehrte Ausbildungsplätze zum Beispiel im brandenburgischen Haupt- und Landgestüt Neustadt Dosse bewerben sich auf 17 Ausbildungsplätze mehrere hundert Interessenten, überwiegend Mädchen. Abitur ist nicht nötig. Ein paar Reitstunden auf dem Ponyhof reichen aber als Eingangsqualifikation auch nicht. Sophia Schran hat vielleicht Chancen. Sie reitet schon mehrere Jahre, hat eigene Pferde und viel Erfahrung:
    "Ich würde schon gerne in den Beritt gehen, ich sitze schon gerne im Sattel, reite gerne Dressur, ich springe aber auch gerne."
    Wer nicht ganz so sattelfest ist, kann sich den Pferden auch wissenschaftlich nähern - zum Beispiel als Tiermediziner. Ein Abitur mit mindestens 1,2 ist allerdings Voraussetzung, um schnell einen Studienplatz zu bekommen. Gut nachgefragt ist bei Abiturienten auch der Studiengang Pferdewissenschaften. In Nürtingen, Osnabrück, Wien, Göttingen und neuerdings auch an der Freien Universität Berlin geht es dabei zum Beispiel um Verhalten, Mensch-Tier Kommunikation, Zucht, Verwaltung oder Recht. Für Pferdewissenschaftler gibt es deshalb viele Einsatzbereiche sagt Jörg Kotenbeutel von Der FU Berlin:
    "Als Betriebsleiter, als Leiter von Besamungsstationen, im Öffentlichen Dienst, in den Agrarverwaltungen, in der Versicherungswirtschaft, in der Futtermittelindustrie, in der Reitsportzubehörindustrie, in den Ministerien, in der Betriebsberatung, also ein riesiger Bereich."
    Nur ein Junge im Semester
    Wohin es mal gehen soll, weiß Student Nicolaus Drexel noch nicht. Er ist der Hahn im Korb unter 30 Kommilitoninnen in seinem Semester:
    "Was für mich das Schöne an diesem Studium ist, dass es eben sehr theoretisch ist. Ich bin tatsächlich in meinem Jahrgang der einzige Junge, das heißt, ich scheine der einzige zu sein und das ist ein bisschen wenig für meinen Geschmack."
    Mehr Männer als Frauen gibt es bei Pferdeberufen nur unter den Hufschmieden. Wer staatlich anerkannter Hufbeschlagschmied werden möchte, muss allerdings vorher bereits einen anderen Beruf gelernt haben - zum Beispiel Metallbau. Bis zum Rentenalter hält aber aus gesundheitlichen Gründen nur jeder dritte durch, sagt Hufschmied Olaf Peter:
    "Es ist nun mal ein Beruf, wo eine sehr ungünstige Körperhaltung über längere Zeit eingenommen werden muss und die anderen die dann sagen, es ist mir zu schwer und liegt mir doch nicht so und die sich dann noch mal umorientieren."
    Und es gibt ja auch noch viel mehr Möglichkeiten: Vom Sattler bis zum Pferdephysiotherapeuten, vom Heilpraktiker bis zum Pferdefotograf. Echten Pferdefreunden fällt garantiert etwas Passendes ein.