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Phasenwechselmaterialien
Energiespar-Displays zum Biegen

Materialforschung. - DVDs und andere Speichermedien funktionieren dank einer dünnen Schicht, die zwischen zwei Phasen hin und her wechseln kann. Solche Phasenwechselmaterialien könnten in Zukunft aber auch in ganz anderen Bereichen eingesetzt werden, zum Beispiel für hochauflösende, biegbare Displays. US-Forscher stellen diesen Einsatz heute im Fachmagazin "Nature" vor.

Von Jochen Steiner | 10.07.2014
    Auf dem Display eines Smartphones sind die App-Logos verschiedener Social Media Plattformen zu sehen Derweil der Anbieter Facebook seit einiger Zeit Nutzer verliert, werden Dienste wie Snapchat, Tumblr, Twitter und Vine immer beliebter.
    Statt aus Glas werden Displays künftig aus biegsamen Materialien sein. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    "Ich habe zu den elektronischen Eigenschaften von Phasenwechselmaterialien geforscht. Aus der Literatur wusste ich aber, dass sie auch optisch aktiv sind. Und als ich dann meine eigene Arbeitsgruppe hatte, fragten wir uns, was wir an der Schnittstelle zwischen den optischen und elektronischen Eigenschaften dieser Materialien herausfinden könnten – das war meine Motivation."
    Und die brachte Harish Bhaskaran von der Universität Oxford zu einer Entdeckung. Der Materialwissenschaftler und seine Kollegen wussten: wenn sie an ein Phasenwechselmaterial eine Spannung anlegen, können sie den Brechungsindex des Materials verändern.
    "Wir stellten fest, wenn wir genau das tun, dann sollten wir die Farbe des Materials ändern können. Damit hätte man dann ein farbiges Display."
    Durch Strom oder Wärme gehen die im Material geordneten Atome aus einer kristallinen Struktur in einen ungeordneten, amorphen Zustand über, oder umgekehrt. Dadurch wird das Licht anders reflektiert als zuvor – die Farbe ändert sich. Harish Bhaskaran und sein Team nutzten für ihre ersten Tests als Phasenwechselmaterial eine Legierung aus Germanium, Antimon und Tellur. Sie verwendeten davon nur eine hauchdünne Schicht. Darüber und darunter kam je eine Lage aus Indium-Zinnoxid, das als transparente Elektrode diente. Unter Strom kam es dann zum Farbumschlag: Die Wissenschaftler erhielten rote, braune, blaue und schwarze Töne; ein Display. Prinzipiell könne aber jede beliebige Farbe zum Vorschein gebracht werden, so Bhaskaran.
    "Was uns wirklich überrascht hat: je dünner wir die Schicht des Phasenwechselmaterials wählten, desto höher war der Farbkontrast."
    Gerade einmal sieben Nanometer war die Legierung dünn. Noch dünnere Schichten können die Wissenschaftler mit ihren Geräten noch nicht herstellen. Die Materialforscher experimentierten weiter. Nun konzentrierten sie sich auf ein einzelnes Pixel, das sie letztendlich auf die gleiche Weise konstruieren konnten wie die größeren Flächen.
    "Unsere Displays haben eine hervorragende Auflösung, besser als all die anderen, die es gibt. Unser kleinstes Pixel misst weniger als 100 Nanometer."
    Diese Displays wären dank ihrer geringen Höhe nicht nur extrem biegbar, sondern auch energiesparend.
    "Wir schätzen, dass sie genauso wenig Strom bräuchten wie die von Lesegeräten für E-books. Das Besondere an unseren Pixeln ist, dass sie ihren Zustand so lang beibehalten, bis man ihn aktiv ändert. Das spart Energie."
    Bis Ende 2015 wollen Harish Bhaskaran und sein Team ein Prototyp-Display gebaut haben. Sollte das gut funktionieren, könnten erste kommerzielle Produkte innerhalb der nächsten fünf Jahre auf den Markt kommen. Und da die Forscher ihr Phasenwechselmaterial auch optisch verändern und daraus elektrische Signale ableiten können, schwebt ihnen zum Beispiel auch so etwas wie eine künstliche Netzhaut vor. Doch das, so Bhaskaran, sei etwas für die noch fernere Zukunft.