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Photokina 2016
Profis treffen auf die Generation Selfie

Die Photokina verabschiedet sich zunehmend von der Idee, eine reine Fachmesse zu sein. Die Event-Kultur hält Einzug in die Kölner Messehallen: Drohnen-Shows, Video-Blogs, Action-Kamera-Parcours. Die Branche möchte die Digital Natives mit ihren Smartphone-Fotografen für sich gewinnen. So futuristisch das Programm, so traditionell das Design der Kameras.

Von Christoph Ohrem | 20.09.2016
    Flaggen der photokina wehen am Eingang der Messe am 19.09.2016 in Köln. Die photokina ist die weltweit wichtigste Messe für Fotografie.
    Die photokina 2016, die weltweit wichtigste Messe für Fotografie, hat in Köln begonnen. (imago / Horst Galuschka)
    Imaging unlimited: das neue Motto der Photokina. Der Werbe-Trailer klingt nach einem hochemotionalen Hollywood-Blockbuster. Die Bilder zeigen viele überglückliche Benutzer digitaler Technik. Auffällig: Die Hauptrolle spielen eher Smartphones und Tablets als Fotokameras.
    "Wir haben bei der Photokina vieles neu gemacht, ohne die alten Zielgruppen dabei zu vergessen", sagt die Geschäftsführerin der Photokina, Katharina Hamma.
    Neben den klassischen Ausstellungsbereichen für Profis gibt es jetzt auch einen großen Event-Bereich für Jedermann, zum Beispiel einen Action-Kamera-Parcours für Besucher oder einen Drohnenflugplatz - für die fliegende Fotografie.
    "Wir möchten mit der neuen Photokina die Generation Selfie stärker an das Messeformat binden", sagt Hamma.
    Selfie und Bewegtbild
    Digital Natives als Kunden gewinnen für die Kommunikation heißt: Ein Selfie schicken anstelle lange zu texten, wo man gerade ist oder was man gerade macht. Fotografie ist so alltäglich geworden wie Zähneputzen. Was die traditionellen Kamerahersteller ärgert. Denn viele fotografieren nicht mit der Kamera, sondern mit dem Smartphone.
    "Wir wollen mit der Messe sozusagen über Spaß und über Spiel die Technik der Fotografie stärker nahelegen und zeigen, was man damit noch zusätzlich alles noch machen kann", sagt Hamma.
    Dabei geht es vermehrt gar nicht um reine Fotografie, sondern um das Bewegtbild. Es gibt eine Vlog Con, also ein Videobloggertreffen; YouTuber generell sind inzwischen ja sowieso überall gern gesehen.
    "Es gibt auf jeden Fall den Trend, dass mehr Bewegtbild auch Einzug erhält. Sowohl in die sozialen Netzwerke als auch in die Köpfe der Menschen", sagt Adrian Richter, Co-Founder des erfolgreichen Instagram-Kanals koelnergram. "Man sieht es auch an Facebook und Instagram, die ja natürlich auch zusammengehören. Also Facebook pusht das Thema Video total."
    Facebook und Instagram haben ihren Algorithmus so geändert, dass Videos die größte Reichweite erzielen.
    "Man kann halt auch einfach sehen, dass viele Leute sich das erste Mal trauen, sich selbst zu filmen. Snapchat bietet ja einen guten Einstieg, sich mal selber zu filmen: das bewegte Selfie. Das startet dann bei Freunden und Familie im privaten Umfeld und breitet sich dann natürlich auch weiter aus", sagt Richter.
    Das bewegte Selfie als Start. Irgendwann die Karriere als YouTube-Star möglicherweise bei der eigenen Videoproduktion im Hinterkopf. Eigentlich jede Spiegelreflexkamera ist heutzutage in der Lage HD-Videos zu filmen. Ist die Photokina also auf dem Weg die Videokina zu werden? Katharina Hamma:
    "Das war in den 90er-Jahren ja schon einmal Bestandteil der Photokina, ist dann ein Stück weit zurückgedrängt worden und kommt jetzt wieder vermehrt auf die Photokina zurück. Wir haben das Thema für diese Jahr schon aufgebaut über das ganze Thema Photokina motion.
    Virtual und Augmented Reality
    Außerdem gibt es zum ersten Mal den Bereich der Digility - der Name ist eine Kurzform für Digital Reality. Die Tickets für die Workshops und die dazugehörige Fachkonferenz sind teuer - businessorientiert. Im Ausstellungsbereich zeigen Hersteller Neuentwicklungen im Bereich der Virtual und Augmented Reality, ein weiterer Schritt der Photokina weg von der klassischen Fotomesse hin zum Multimediaereignis. Streifen die Besucher der Digility nach der Zukunftsmusik über die Messe, stehen sie teilweise vor Kameras, die aussehen wie die der Großeltern.
    "Es gibt definitiv einen kleinen Retro-Trend. Das geht von der Schallplatte bis zum Sofortbild eigentlich durch alle Instanzen", sagt Richter.
    Tatsächlich bringt ein großer Hersteller eine brandneue Sofortbildkamera auf den Markt. Als Accessoire für den urbanen Hipster gedacht. Passende zum Shabby-Look, aber auch hochwertige Kameras mit modernster und feinster Technik greifen den Retro-Trend auf.
    "Wir finden das auch in der Gestaltung der Kameras wieder, die sehr clean und auf historischen Kameras aufgebaut sind. Und wir finden das natürlich auch in Prozessen wieder. Dass Kameras direkt mit Druckern ausgestattet werden. Sozusagen als moderne Polaroid", sagt Hamma.
    Jenseits der Retro-Trends hat sich das Design der Kameras kaum verändert. Es sieht fast so aus, als wären den Produktdesignern die Ideen ausgegangen.
    "Spannend wäre natürlich das Thema Kamera noch einmal komplett neu zu denken", sagt Richter. "Warum sehen alle Kameras so aus wie vor 20 Jahren? Und warum sieht nicht mal eine Kamera so aus, wie man sich vorstellen könnte, wie sie in zehn Jahren einmal aussehen könnte?"