Donnerstag, 28. März 2024

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Wolfgang Huber im DLF-Sportgespräch
"Ohne Kurswechsel verfällt der Sport"

Wie steht es um die Werte im Sport? Schlecht, sagt Wolfgang Huber. Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland kritisiert vor allem internationale Sportorganisationen wie IOC und FIFA: "Wenn sich nicht grundlegend etwas ändert, wird der internationale Sport nicht mehr die Rolle spielen können, die er in der zurückliegenden Zeit hatte", sagte Huber im DLF.

Wolfgang Huber im Gespräch mit Matthias Friebe | 16.04.2017
    Wolfgang Huber Mitglied Deutscher Ethikrat
    War von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland: Wolfgang Huber. (Deutschlandradio / Bettina Straub )
    Konkret bezeichnete Wolfgang Huber im DLF-Sportgespräch die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2022 nach Katar als einen "eklatanten Fehler", der revidiert werden müsse: "Ich bin nicht für einen Boykott, sondern ich bin für eine Absage dieser Fußballweltmeisterschaft in einem Staat, der aus meiner Sicht nicht im Stande dazu ist, Gastgeber für einen auf Fairness angelegten internationalen Wettbewerb zu sein."
    Olympische Realität und Olympische Idee passen nicht mehr zusammen
    In Richtung IOC stellte Huber fest: "Ich bedauere sehr, dass die Olympische Realität sich von der Olympischen Idee wegbewegt." So habe er unter anderem nicht nachvollziehen können, dass Russland - trotz der Dopingenthüllungen rund um russische Sportler - das Startrecht bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio eingeräumt wurde: "Es ist mir vollkommen unerfindlich, wie man die Glaubwürdigkeit olympischer Spiele aufrechterhalten will, wenn man an einer solchen Stelle keine Konsequenzen zieht."
    Kritik an Funktionären
    Wenn man es in einem solchen Fall an der notwendigen Eindeutigkeit fehlen lasse, schade man aus Sicht des Theologen und Altbischofs der Idee des fairen Sports "so grundlegend und langfristig, dass man sich über die Folgen nicht zu wundern braucht." Sportfunktionäre hätten häufig "eine Tendenz dazu, ihr Eigeninteresse über das Interesse des Sports zu stellen", kritisierte Wolfgang Huber, "das ist das Grundübel, das man beobachten kann."
    Die Kritik an der deutschen Spitzensportreform dagegen kann Huber nur bedingt nachvollziehen: "Wenn der Sport erwartet, dass die Politik den Spitzensport fördert und Geld für den Spitzensport einsetzt, dann muss man natürlich auch in Kauf nehmen, dass die Politik davon etwas haben will." Und da die Politik die Aufgabe habe, die Interessen Deutschlands zu fördern, fördere sie die Interessen Deutschlands "auch eben darin, dass sie sehen will, dass Deutschland im Medaillenspiegel weiter vorne steht."
    Bei alldem müsse jedoch gelten, "dass wir sauberen Sport mit einer Priorität versehen", sagte Huber im DLF-Sportgespräch. "Deshalb haben unsere Sportfunktionäre die große Verantwortung, dafür zu sorgen, dass unsere Athleten unter fairen Bedingungen antreten können."
    Das Gespräch wurde vor dem Anschlag auf die Mannschaft des BVB geführt. Sie können es mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.