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Folgen des Brexit
Was wird aus den Schafzüchtern von Wales?

Die anhaltende Unsicherheit über den Brexit zerrt auch an den Nerven der Landwirte in Wales. Viele Farmer und Schafzüchter sind vom EU-Binnenmarkt und Subventionen aus Brüssel abhängig. Dennoch sind nicht alle von ihnen gegen den EU-Austritt.

Von Jens-Peter Marquardt und Hanni Hüsch | 25.08.2018
    Schafe und eine Schaffarm im Nationalpark Brecon Beacons in Wales.
    Der Brexit wird auch Auswirkungen auf die Schafzüchter im Nationalpark Brecon Beacons in Wales haben. (imago stock&people)
    Der walisische Nationalpark Brecon Beacons ist ein Paradies für Wanderer. Und für die Schafe, die sich auf den Hügeln voll fressen. Glasnant Morgan lässt hier seine Tiere weiden. Sein Blick schweift von den Hügeln weit übers Land. Für den Farmer ist klar, der Brexit ist eine Riesendummheit:
    "Wenn ich einen anderen Farmer treffe, der für den Austritt gestimmt hat, frage ich ihn: Warum bist Du so dumm? Denkst Du nicht an die Zukunft?"
    An die Zukunft ohne das Geld aus Brüssel. Wales bekommt viel Geld aus Brüssel. Die Bergbauern hier hängen fast alle am Tropf Europas. Auch Brian Davis. Er geht gerade seinem Ryeland-Schaf ans Fell. Es ist ein Prachtvieh, die Wolle ist erstklassig, das Fleisch ist spitze. Darauf würden die Europäer auf dem Kontinent doch wohl kaum verzichten wollen, meint Bauer Davis. Deshalb hat er keine Angst vor dem Austritt aus der EU.
    "May wird mit Trump fertig, sie kriegt jeden in den Griff"
    "Die wollen uns nicht verlieren. Unsere Zahlungen sind weit größer als das, was wir zurückbekommen. Das werden sie sehr vermissen. Deswegen dauert das auch so lang mit dem Deal", so Schaffarmer Davies.
    Fast scheint es so, als habe Brian den Langmut seiner Schafe. Hauptsache Schluss mit Brüssels Papierkram. Er setzt weiter auf den Brexit und die Premierministerin: "Sie ist eine zweite Maggie Thatcher, wer mit Trump fertig wird, kriegt jeden in den Griff." In Brecon haben sie vor zwei Jahren mehrheitlich für den Brexit gestimmt. Obwohl sie hier fast alle von der Landwirtschaft abhängen und damit von den EU-Subventionen.
    Im Dorf, in den Läden ringsum die Kirche, spüren sie aber, dass das Geld nicht mehr so locker sitzt. Leigh hat sich immer als Europäerin verstanden, für den Verbleib gestimmt. Auch ihre Partnerin Nicki. In ihrem kleinen Laden gibt es, neben den Produkten aus der Umgebung, zum Beispiel auch Pasta aus Italien. Die anhaltende Unsicherheit über den Brexit zerrt an ihren Nerven.
    "Es soll nur endlich vorbei sein"
    "Da werden dann sicher Zölle drauf kommen. So ein kleiner Laden hat es ohnehin schon schwer genug, den Kopf über Wasser zu halten", sagt Leigh Hendra. Und Nickola Bickerton betont: "Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich will. Es soll nur endlich vorbei sein. So dass wir uns irgendwie neu ausrichten können für die Zeit nach dem Brexit."
    Die Landwirtschaftsausstellung in Brecon ist wohl die älteste der Welt. Das sagen sie hier jedenfalls. Brian Davis hat seine preisverdächtigen Ryelands aus den Bergen mit hinunter gebracht. Die meisten der Tiere hier landen übrigens am Ende im europäischen Binnenmarkt, vor allem in französischen Kochtöpfen.
    Auch der konservative Abgeordnete Chris Davies hält hier Hof. Er findet seine Premierministerin viel zu kompromissbereit. Er ist ein Hardliner. Ein harter Brexit, ein Austritt ohne Abkommen, schreckt ihn nicht.
    "Wir wollen in der Zollunion bleiben - da liegt der Markt für unsere Produkte"
    "Wir kaufen mehr aus der EU als wir dahin schicken. Es ist im Interesse der EU, einen freien Markt zu haben. Keinen Binnenmarkt, sondern einen freien Markt. Den kann die EU mit uns vereinbaren", sagt der Konservative Davies.
    Brian Boven, von der walisischen Farmers Union, kann dazu nur gequält lächeln: "Es wäre vernichtend für viele Farmer, wenn wir keinen zollfreien Zugang mehr zu Europas Märkten hätten. Wir wollen im Binnenmarkt bleiben, in der Zollunion - da liegt der Markt für unsere Produkte.
    Glasnant Morgan, der Brexit-Gegner, holt seine Mundharmonika aus der Tasche. Der Schafzüchter spielt die Europa-Hymne. Vielleicht hilft das ja noch.
    Der "Weltspiegel" im Ersten sendet am Sonntag, 26.08., um 19.20 Uhr, eine ausführliche TV-Reportage zu diesem Thema.