Horst Seehofer und der Islam

Eine Botschaft an die eigenen Wähler

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Betende muslimische Männer in Sachsen-Anhalt © picture alliance / Peter Förster/dpa-Zentralbild/dpa
Heinz Bude im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 16.03.2018
Der Soziologe und Buchautor Heinz Bude zeigt sich von den Äußerungen des Bundesinnenministers Horst Seehofer über den Islam wenig überrascht: Die Union müsse eine solche Debatte führen und das Christliche in der Gesellschaft betonen.
Kaum im Amt, sorgte Deutschlands neuer Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gleich für Schlagzeilen: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland", sagte der frühere bayerische Ministerpräsident in einem Interview der "Bild".
Damit widersprach er einem früheren Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, den schon dessen Nachfolger Joachim Gauck relativiert hatte. Seehofer sagte, Deutschland sei durch das Christentum geprägt. Dazu gehörten der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Die hier lebenden Muslime seien aber ein Teil Deutschlands, versicherte Seehofer.

Botschaft an die Wähler

"Ich mache Stopp, wenn jemand sagt, dass Muslime nicht zu Deutschland gehören", sagte dazu der Soziologe und Buchautor Heinz Bude in der Live-Sendung von der Leipziger Buchmesse. "Vorher bin ich bereit, ein bisschen darüber zu sprechen."
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Der Soziologe Hein Bude im Gespräch mit Moderator Korbinian Frenzel bei der Leipziger Buchmesse © Stefan Fischer/Deutschlandradio
Seehofers Ansicht teilt Bude jedoch nicht. Die Frage sei, was der neue Bundesinnenminister mit seiner Äußerung eigentlich gemeint habe: "Hat er gemeint, dass er nun endlich etwas für seine Wahlklientel sagen muss?" Schließlich habe Seehofer viel dafür getan, Innenminister zu werden.
"Nun muss er natürlich auch seinem Elektorat eine Botschaft geben, dass nun irgendetwas anders wird, das verstehe ich irgendwie."

Notwendige Debatte

"Konservative müssen in diesem Land in irgendeiner Weise die Dimension von Kultur und Religion thematisieren", sagte Bude im weiteren. "Das geht nicht anders, das heißt ja Christlich Demokratische Union und Christlich Soziale Union." Die Parteien müssten, anders als die SPD, FDP oder die Linke, die Dimension des Christlichen deutlich machen. Es gebe in der Union eine Debatte zwischen dem Flügel von Angela Merkel und dem Seehofer-Flügel.
Als Soziologe sei ihm klar, dass eine konservative Partei diese Debatte führen müsse. "Das wäre ja wahnsinnig, wenn sie sie nicht hätte." Wenn die Union dieses Thema nicht aufnehmen würde, dann wäre sie ihre Bezeichnung "christlich" nicht mehr wert.

Anders als in Frankreich

Bude erinnerte daran, dass es in Deutschland ein besonderes Verhältnis zu den Kirchen gebe. So seien Kirchenmitglieder beispielsweise im Rundfunkrat, was in Frankreich undenkbar wäre.
"Wir haben eine spezifische Logik der Involvierung von Religion in unser Staatswesen." Deutschland sei keine laizistische Gesellschaft.

Heinz Bude, geboren 1954, ist Soziologe und Leiter des Arbeitsbereichs "Politik und Gesellschaft der alten und neuen Bundesrepublik" am Hamburger Institut für Sozialforschung. Bude gehört zu den Initiatoren der Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union, die Ende November 2016 veröffentlicht wurde. Sein letztes Buch "Adorno für Ruinenkinder. Eine Geschichte von 1968" landete gleich nach Erscheinen auf der Liste der besten Sachbücher im März.

Hören Sie hier die ganze Sendung mit Heinz Bude:
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