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Pkw-Maut und EU-Recht
Ministerium widerspricht Bundestag-Gutachten

Die Pläne von Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) für eine Pkw-Maut verstoßen gegen EU-Recht: Zu diesem Urteil kommt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten. Das Verkehrsministerium widerspricht entschieden. Der Koalitionspartner SPD schaut erst einmal zu.

Von Katharina Hamberger | 03.08.2014
    Ein Hinweisschild für die Mautpflicht vor blauem Himmel.
    Und sie ist doch konform mit EU-Recht, sagt das Bundesverkehrsministerium. Ein Bundestags-Gutachten über die Pkw-Maut kommt zu einem anderen Urteil. (Jens Büttner, dpa)
    Deutliche Worte kommen aus dem Verkehrsministerium zum Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Frage ob der Vorschlag für eine PKW-Maut von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU europarechtskonform ist oder nicht. Die Schlussfolgerung – nämlich, dass die es dabei Probleme geben könnte, sei absolut unzutreffend, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Der Grund: Die Ausführungen würden offensichtliche fachliche und inhaltliche Fehler aufweisen. Deshalb ist man sich im Verkehrsministerium auch weiter sicher, dass das gilt was Dobrindt Anfang Juli bei der Präsentation des Maut-Konzeptes gesagt hat: "Es wird keine Mehrbelastung für Fahrzeughalter in Deutschland geben. Und die Regelungen sind EU-Rechtskonform."
    An dieser EU-Rechtskonformität haben Juristen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ihre Zweifel. Die führen sie in einem 23-seitigen Gutachten aus. So sehen die Juristen ein Problem in der Absenkung der Kfz-Steuer, wodurch deutsche Autofahrer nicht mehr belastet werden sollen als bisher. Eine Kfz-Steuer-Reform an sich sei genau wie die Einführung einer Infrastrukturabgabe zwar mit dem Unionsrecht vereinbar. Weil aber hier ein Zusammenhang erkennbar sei, wirke sich die Infrastrukturabgabe mittelbar diskriminierend auf Autofahrer aus, die ihr Auto nicht in Deutschland zugelassen haben.
    Aus dem Verkehrsministerium heißt es, zum einen sei es falsch hier von einem geplanten Freibetrag bei der Kfz-Steuer zu sprechen. Es handele sich um eine Freigrenze. Zum anderen wähnt sich das Ministerium hier auf der sicheren Seite, zitiert aus einer Stellungnahme des EU-Verkehrskommissar Siim Kallas vom Oktober in der es heißt, wenn die der Kfz-Steuer für diejenigen, die sie hier zahlen, gesenkt werde und gleichzeitig eine Nutzungsgebühr für alle Autofahrer eingeführt werde, stelle das keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar.
    Gutachten: Kurierdienste aus dem Ausland würden benachteiligt
    Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages befürchtet außerdem, dass Verkehrsunternehmen mit Fahrzeugen unter 3,5 Tonnen, zum Beispiel Kurierdienste aus dem EU-Ausland benachteiligt werden, weil die deutsche Verkehrsunternehmen durch die Absenkung der Kfz-Steuer entlastet werden. Das verstoße gegen europäisches Recht. Dazu äußerte sich das Ministerium in seiner Stellungnahme nicht.
    Als dritten Punkt bemängeln die Parlamentsjuristen, dass nur deutsche Autofahrer eine Jahresvignette, gestaffelt nach Umweltfreundlichkeit des Autos bekämen. Ausländische Autofahrer müssten dafür pauschal rund 103 Euro für Benziner und rund 112 Euro für Dieselfahrzeuge zahlen. Allerdings ist das so nicht in Dobrindts Konzept zu finden. Zwar soll es eine Jahresvignette für Autofahrer aus dem Ausland zu diesem Preis geben – jedoch soll der nur gelten, wenn die Vignette an der Tankstelle erworben wird. Im Internet soll die Jahresvignette Autofahrern von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen genauso viel kosten, wie denjenigen, die hier Kfz-Steuer zahlen – nämlich einen Preis, der sich aus Hubraum, Zulassungsjahr und Umweltfreundlichkeit des Autos zusammensetzt.
    Das stellt auch das Verkehrsministerium in seiner Stellungnahme klar. Die Europarechtskonformität sei bei all den Fragen zum PKW-Maut-Konzept noch die schwierigste, sagt der Vorsitzende des Verkehrsausschusses Martin Burkert, SPD. Seine Partei wartet im Moment ab, was der CSU-Verkehrsminister weiter liefern wird. Die erste wichtige Etappe ist laut SPD-Mann Burkert der 8. Oktober, wenn es eine Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestages zu dem Konzept gibt.
    "Da wird's auch um die Europarechtskonformität wieder gehen. Also das wird der erste Aufschlag werden", sagte Burkert unserem Hauptstadtstudio. 2016 soll die PKW-Maut, wenn es nach dem Bundesverkehrsminister geht, gelten. Nun gilt es ersteinmal aus dem Konzeptpapier einen Gesetzentwurf zu machen. Das Verkehrsministerium arbeitet dabei mit Beamten von EU-Verkehrskommissar Kallas zusammen.