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Pkw-Maut
Vaatz: Pkw-Maut ist nicht gescheitert

Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission sei die in Deutschland geplante Pkw-Maut nicht gescheitert, betonte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Arnold Vaatz im DLF. Dass die Umsetzung jetzt ausgesetzt werde, sei ein "Signal des Respekts vor dem Europäischen Gerichtshof".

Arnold Vaatz im Gespräch mit Christoph Heinemann | 18.06.2015
    Der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz spricht am 07.11.2014 während einer Gedenkveranstaltung zum 25. Jahrestag des Mauerfalls im Reichtagsgebäude in Berlin.
    Der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz. (dpa / picture alliance / Wolfgang Kumm)
    Das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen der Pkw-Maut ändere nichts an der Position von Verkehrsminister Alexander Dobrindt und der CDU, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Arnold Vaatz im DLF. Er sei sich sicher, dass die Entscheidung der EU eher für mehr als weniger Zustimmung zur Maut in Deutschland führen werde. Es gebe einige Regionen, etwa an der Grenze zu Tschechien, die auf die Einführung der Maut warteten, weil sie unter den Zuständen durch die Öffnung der Grenzen zu leiden hätten.
    Dass durch die Maut Ausländer benachteiligt würden, sei eine ideologische Kampagne. "Das stimmt nicht", sagte Vaatz. Die angebliche Ausländerfeindlichkeit sei ein Kampfbegriff vor allem der Grünen, der gegen die sachlichen Argumente für die Maut eingesetzt werde.

    Das Interview in voller Länge:

    Christoph Heinemann: Wegen des bevorstehenden Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen die deutsche PKW-Maut wird Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Einführung der Maut verschieben. Mit der Eröffnung des Verfahrens bremse die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe, so sieht der Minister das. Wir haben vor 20 Minuten Arnold Vaatz erreicht. Er ist stellvertretender Unions-Fraktionschef und stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages. Erste Frage: Ist das das Aus für Dobrindts Maut?
    Arnold Vaatz: Nein. Die Entscheidung, die Maut zu verschieben, ist ein Signal des Respekts vor dem Europäischen Gerichtshof. Das ist eine Praxis, die meines Erachtens üblich ist auf der europäischen Ebene. Sie ändert an der Rechtsposition des Ministers und an der Rechtsposition der CDU/CSU-Fraktion nicht das Mindeste.
    Heinemann: 2016, sagt Alexander Dobrindt, kann er sie nicht mehr einführen. 2017, dann vielleicht, aber das ist ein Wahljahr. Kann man das in dem Jahr noch einführen?
    Vaatz: Das kann man machen und ich werde ihm auch raten, wenn er mich um Rat bittet, das zu tun. Denn ich glaube, dass die Reaktion Europas auf die Maut in Deutschland eher mehr Zustimmung als weniger Zustimmung zur Maut bringt. Und wir haben in etlichen Regionen in Deutschland - und das sind die Regionen, die am entschiedensten die Maut befürworten; das sind insbesondere die Grenzregionen, insbesondere zur Tschechischen Republik und zu Österreich, auch zugleich diejenigen, die am meisten frustriert sind über das Verhalten von europäischen Institutionen, weil sie teilweise unter Zuständen leiden, die sich durch die Öffnung der Grenzen ergeben haben, die von Anfang an nicht eingeplant waren, sage ich mal. Und ich kann nur hoffen, dass die Europäische Union nicht immer weiter Öl ins Feuer gießt und immer mehr Sympathien in Deutschland verscherzt.
    Heinemann: Herr Vaatz, Sie kommen aus Sachsen. Ihr Nachbarland ist Polen. Die Polen waren ja nun nicht gerade begeistert über diese Maut.
    Vaatz: Ja. Die Polen sind nicht begeistert über unsere und wir sind nicht begeistert über deren Maut. Wenn Sie bis nach Krakau fahren wollen, dann passieren Sie insgesamt vier Mautstationen und werden dort abkassiert. Und diejenigen, die das tun, die fragen sich natürlich dann im Gegenzug, warum in Deutschland dergleichen nicht geschieht.
    Heinemann: In welchen Punkten könnte Herr Dobrindts Gesetz EU-rechtswidrig sein?
    "Es gibt keine Diskriminierung von Ausländern"
    Vaatz: Es ist überhaupt nicht EU-rechtswidrig. Es findet eine ideologische Kampagne statt, die behauptet, dass wir Ausländer benachteiligten. Das stimmt nicht. Die Festlegung der Kfz-Steuer ist ein originäres Recht der nationalen Parlamente. Das ist in Frankreich wie in Deutschland wie in Holland und wie überall so. Und das ist auch das Recht in Deutschland und wir lassen uns dieses Recht auch nicht beschneiden. Jeder Ausländer, der in Deutschland ein Auto anmeldet, ist von dieser Senkung der Kraftfahrzeugsteuer begünstigt, unabhängig von seiner Herkunft. Und genauso ist jeder Deutsche von der Kraftfahrzeugsteuer belastet, die in der Tschechoslowakei erhoben wird, wenn er dort ein Auto anmeldet. Auch hier gibt es überhaupt keine Diskriminierung von Ausländern. Das ist ein Kampfbegriff hauptsächlich der Grünen, um den sachlichen Argumenten, die für die Maut sprechen, mit moralisierenden Argumenten der Grünen, dass wir angebliche Ausländerfeinde wären, zu begegnen, und dieses genau ist nicht Sinn der Sache.
    Heinemann: Herr Vaatz, rechnen Sie damit, dass dann auch die Senkung der Kfz-Steuer verschoben wird? Das ist ja die kommunizierende Röhre für die Maut, für die Inländer zumindest.
    Vaatz: Ich habe mit dem Minister über diese Fragen noch nicht so eingehend gesprochen. Ich habe auch jetzt zunächst erst mal die Tickermeldungen gesehen. Ich kann mir vorstellen, dass die Reaktion des Ministers sorgfältig überlegt ist, weil es darum geht, den europäischen Institutionen nicht noch zusätzliche Argumente oder zusätzliche Emotionen in die Hand zu geben, die sie darin bestärken, dass man Deutschland in der Angelegenheit an den Pranger stellen müsste. Ich bin fest davon überzeugt, dass die faire Reaktion auf die Brüsseler Absichten, das Vertragsverletzungsverfahren in Gang zu setzen, dieses dreistufige, auf der anderen Seite damit zusammengeht, dass wir in umso deutlicherer Konsequenz unseren Rechtsstandpunkt vortragen.
    Heinemann: Arnold Vaatz, der stellvertretende Unions-Fraktionschef. Vielen Dank für Ihre sehr spontane Bereitschaft zum Interview und auf Wiederhören.
    Vaatz: Auf Wiederhören!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.