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PKW-Zulassungen gesunken
Starker Gegenwind für die Autoindustrie

Die Autoindustrie hat in Europa weiter zu kämpfen. In Deutschland sank der Absatz um fast fünf Prozent und auch in anderen wichtigen Märkten wie Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien gingen die Absätze zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig und Auswirkungen auf andere Branchen möglich.

Von Mischa Ehrhardt | 17.07.2019
Neufahrzeuge von Audi werden auf dem VW-Autoterminal in Emden auf einen Autotransporter verladen.
Handelskonflikte belasten den Export und das Geschäft der Autobauer (picture alliance / dpa - Ingo Wagner)
Der Rückgang der Autoverkäufe in Europa ist deutlich: Um acht Prozent sind die Absätze nach der Statistik des europäischen Autoverbandes ACEA im Juni eingebrochen. Kleiner Wermutstropfen dabei: Im vergangenen Monat gab es zwei Verkaufstage weniger, was sich negativ in der Statistik ausgewirkt hat. Dennoch ist der Trend eindeutig: Denn in den vergangenen zehn Monaten verzeichneten die Autohersteller Rückgänge, nur im Mai gab es einen Ausreißer mit minimalen Zuwächsen bei den Autoabsätzen. So fällt auch die Bilanz für das erste Halbjahr ernüchternd aus – hier verzeichnen die Autoverkäufe ein Minus von über drei Prozent.
"Die Autobranche verspürt im Moment sehr deutlichen Gegenwind aufgrund von unterschiedlichen Faktoren", sagt der Autoanalyst Peter Fuß von der Unternehmensberatungsgesellschaft EY.
Abkühlung der chinesischen Wirtschaft trifft
"Immer noch ungeklärte Dieselthematik, wir haben Kartellverfahren, wir haben die Transformation in Richtung Elektrifizierung des Antriebsstrangs und in Richtung neuer Mobilitätskonzepte. All das kostet sehr viel Geld, sehr viele Investitionen. Und die Absatzzahlen gehen zurück. Also: Der Gegenwind ist da, und der wird auch so schnell sich nicht wieder in Wohlgefallen auflösen".
Hinzu kommt in den nächsten Monaten wohl noch ein anderes Phänomen: In Folge hoher Verkäufe im Spätsommer des letzten Jahres werden die Zahlen in den kommenden Monaten wohl noch einmal niedriger ausfallen. Grund dafür war die Umstellung auf ein neues Abgasprüfverfahren Namens WLTP.
"Das hat dazu geführt, dass die Automobilhersteller in den Monaten vorher noch mal Fahrzeuge, die dann ab 1. September nicht mehr zulassungsfähig waren, in den Markt gedrückt haben. Das haben wir in diesem Jahr nicht, sodass wir gegenüber dem Vorjahr noch mal einen deutlichen Rückgang verspüren werden", sagt Peter Fuß. Die Autobauer müssen zudem CO2-Vorgaben einhalten, weil sonst Strafen drohen. Deswegen treiben sie mit hohen Investitionskosten die E-Mobilität voran. Gleichzeitig materialisieren sich nun die Risiken wie der noch ungelöste Brexit. Vor allem aber der Handelskonflikt zwischen den USA und China belastet. Denn der führt in China mittlerweile zu einer spürbaren wirtschaftlichen Abkühlung – und die trifft die Deutschen Hersteller deutlich.
Zulieferer könnten Probleme bekommen
"China ist mittlerweile der wichtigste Markt für die deutsche Autoindustrie, ohne Wenn und Aber. Da entstehen mindestens mal bei Herstellern und Zulieferern ein Fünftel, bei den meisten sogar deutlich mehr der Gewinne. Wenn das längere Zeit schwach bleibt, wenn der chinesische Markt mal sogar über ein oder zwei Jahre richtig einbrechen sollte, dann ist das eine sehr starke Belastung für die deutsche Autoindustrie".
Vorzeichen für Belastungen gibt es bereits. So hat erst in der vergangenen Woche Daimler zum zweiten Mal in kurzem Abstand seine Prognosen für seine Geschäfte in diesem Jahr gesenkt. Sollte die Flaute anhalten, werden wohl auch Zulieferer Probleme bekommen. Spätestens dann stehen in der Auto- und Zulieferindustrie verstärkt auch Arbeitsplätze auf dem Spiel, meinen Beobachter. Die Flaute übrigens in der Autoindustrie übrigens hinterlässt bereits Spuren in anderen Wirtschaftsbereichen: In der chemischen Industrie und im Maschinen- und Anlagenbau rechnet man in diesem Jahr ebenfalls mit Rückgängen der Produktion – Grund: weniger Nachfrage seitens der Autoindustrie.